Die Menge der in der Tiermedizin abgegebenen Antibiotika in Deutschland ist nach Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) innerhalb von zehn Jahren um 65 % gesunken. Trotz dieser erfreulichen Entwicklung mahnte der Grünen-Agrarsprecher im EU-Parlament, Martin Häusling, anlässlich des „Europäischen Antibiotikatages“ in der vergangenen Woche weiteren Handlungsbedarf wegen zunehmender Antibiotikaresistenzen an.
Häusling fordert Alternativen
„Eine bedeutende Stellschraube ist die Einschränkung der Antibiotikagaben in der Tierhaltung, insbesondere der Tiermast“, betonte Häusling. Der statistische Rückgang der Abgabemengen sage wenig über den tatsächlichen Einsatz der Antibiotika aus, denn dieser sei auch auf die rückläufigen Tierzahlen zurückzuführen. Häusling rief dazu auf, Alternativen zur Antibiotikagabe stärker in den Fokus zu nehmen. „Durch verbesserte Haltungsbedingungen, durch Zucht und Fütterung können wir sehr viel für die Gesundheit unserer Nutztiere tun“, so der Grünen-Politiker. Diese Möglichkeiten müsse dringend genutzt werden, um die lebensrettende Wirkung von Antibiotika für den Menschen zu erhalten.
Gorißen: Behandlung kranker Tiere muss weiter möglich sein
Nordrhein-Westfalens Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen hob hervor, dass die Anwendung von Antibiotika bei landwirtschaftlichen Nutztieren in den vergangenen Jahren deutlich reduziert werden konnte. Es gebe aber weiter Infektionskrankheiten bei Tieren. „Die entsprechende Behandlung kranker Tiere muss daher unter Beachtung der Rechtsvorgaben weiterhin möglich sein“, betonte die Ministerin. Für die gezielte Anwendung würden strenge tierarzneimittelrechtliche Vorgaben gelten, weshalb die Entwicklung resistenter Keime als Gefahr für die menschliche Gesundheit „maximal reduziert wird".
Ullmann:Multiresistente Erreger sind globales Problem
Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Prof. Andrew Ullmann, wies darauf hin, dass multiresistente Erreger global ein ernstes Problem seien. Schätzungen gingen davon aus, dass ab 2050 bis zu 10 Millionen Menschen jährlich daran sterben könnten. Es brauche „deshalb dringend finanzielle Anreize für die Pharmaforschung“, forderte Ullmann. Bund und Länder müssten bessere Rahmenbedingungen für die Ansiedlung von forschender und produzierender Pharmaindustrie schaffen, um Antibiotikaresistenzen zu begegnen.