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So bleiben Landwirte trotz Multikrise und Dauerstress mental gesund

Landwirte und ihre Familien sind mitunter schwer belastet. Stress bereiten Generationen- und Paarkonflikte sowie Hofübergaben. Was helfen kann, erklärt eine Expertin der Ländlichen Familienberatung.

Lesezeit: 5 Minuten

Viele Schweinehalter und ihre Familien sind schwer belastet. Was kann helfen? Antworten gibt Irmgard Hüppe, Geschäftsführerin der Ländlichen Familienberatung Münster.

Frau Hüppe, mit welchen Themen melden sich die Landwirte derzeit bei Ihnen?

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Hüppe: Große wiederkehrende Themen sind Generationenkonflikte, Paarkonflikte sowie die Hofübergabe. In den vergangenen Jahren haben zudem die Anfragen zum Thema Hofaufgabe und außerfamiliäre Hofübergabe zugenommen.

Wann rufen die Landwirte bei Ihnen an?

Hüppe: Wenn die Krise am schlimmsten ist, rufen die Landwirte selten an, weil sie so beschäftigt damit sind, alles am Laufen zu halten. Viele melden sich erst, wenn die Krise nachlässt oder sie gezwungen sind, den Betrieb aufzugeben. Das ist ganz typisch.

Dann kann es schon zu spät sein…

Hüppe: Ganz genau. Ich würde mir wünschen, dass sich die Landwirte früher bei uns melden. Nicht erst, wenn der Leidensdruck sehr hoch oder familiär das Tischtuch bereits zerschnitten ist. Aber genau das ist die Krux auf den Höfen: Seit Generationen sind die Bauern darauf getrimmt, nicht zu sprechen, besonders nicht über ihre Gefühle. Stattdessen gilt: „Das stehen wir durch. Wir haben alle Krisen überstanden.“

Was bringt es, sich früher an die LFB zu wenden?

Hüppe: Wir könnten den Landwirtsfamilien helfen, mehr Klarheit zu bekommen. Gefühle und Gedanken werden erst dann transparent, wenn man am Tisch mit allen Familienmitgliedern darüber spricht. Das schafft Offenheit und Vertrauen. Uns als LFB geht es immer um die Menschen. Was braucht jedes Familienmitglied? Was ist jetzt für jeden einzelnen wichtig? Darüber wird in den Familien selten gesprochen.

Warum hilft es darüber zu sprechen?

Hüppe: Es macht einen riesigen Unterschied, ob ich etwas „nur“ denke oder laut ausspreche. Erst dann findet Eigenreflexion statt und (Selbst-)Verständnis entsteht. Ich selbst verstehe mich besser und mein Umfeld mich sowieso. Auch Gespräche mit Menschen, die nichts von der Schweinehaltung verstehen, sind hilfreich. Sie haben einen ganz anderen Blick auf die Dinge.

Das fällt vielen Landwirten schwer.

Hüppe: Ich höre oft, dass es eine Schwäche ist, über seine Gefühle zu sprechen. Ich sage dann, dass genau das eine große Stärke ist. Ich kann daher nur an alle appelieren: Sprechen Sie mit Ihrem Partner und Ihren Kindern über das, was Sie bewegt. Und holen Sie die LFB oder andere Profis dazu, um das Miteinander-Sprechen ­wieder in Gang zu bringen. Manchmal braucht es einen „Übersetzer“.

Was kann man noch tun, um aus dem Sorgenkarussell auszusteigen?

Hüppe: Ablenkung ist wichtig, im positiven Sinn. Anderen Menschen außerhalb der Landwirtschaft begegnen, sich mit anderen Themen beschäftigen. Den Mut finden, einem alten oder neuen Hobby nachzugehen. Ich kenne Landwirte, die Rad fahren oder viel an der frischen Luft spazieren gehen oder schweißen oder einen Lenkdrachen bauen. Alles, was den Kopf frei macht, ist gut. Fragen Sie sich: Was gibt mir Kraft? Was hat mich bislang in Krisen gestärkt?

Geht es nicht darum, die Akkus wieder aufzuladen?

Hüppe: Genau. Sehr wichtig dafür sind auch termingebundene Urlaubsfahrten, zumindest einmal im Jahr. Nach dem Motto: „Ich buche das, also mache ich das.“ Ein Schweinehalter erzählte mir, dass er und seine Frau einmal im Jahr mit den erwachsenen Kindern und deren Familien ein paar Tage vom Hof wegfahren. Außerhalb des ganzen Arbeitsdrucks erleben sie sich als Familie ganz anders und kehren freier zurück zum Hof. Um den Betrieb kümmern sich währenddessen die Auszubildenden – ein großer Vertrauensbeweis. Ein anderer Landwirt geht seit vielen Jahren einmal jährlich eine Woche mit einem Kumpel, der kein Landwirt ist, wandern.

Auszeiten sind folglich wichtig?

Hüppe: Absolut. Und darauf sollten Sie auch in schwierigen Zeiten nicht verzichten! Ebenso wichtig ist die Beziehungspflege. Nehmen Sie sich Zeit für Ihren Partner. Und wenn Sie nach einem anstrengenden Arbeitstag nicht mehr sprechen können oder wollen, spielen Sie zusammen Karten oder ein Gesellschaftsspiel. Das verbindet und entspannt.

Gibt es Empfehlungen oder Kurse, aktiv Stress abzubauen?

Hüppe: Auch wenn es banal klingt, es hilft, die Arme zu schwingen, sich zu strecken und zu dehnen, mit den Füßen zu stampfen, zu lachen und so weiter. Denn unser Körperzustand beeinflusst unseren Gemütszustand, und umgekehrt. Gerne empfehle ich auch die Angebote der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), zum Beispiel die Online-Gesundheitstrainings. Sechs bis acht Wochen lang führt man diese zu einem bestimmten Thema, beispielsweise Stress oder depressive Beschwerden, anonym unter Begleitung eines persönlichen Trainers in einer geschützten Online-Plattform durch.

Und wenn Ängste mit ins Spiel kommen?

Hüppe: Zur Eigenverantwortung gehört, sich Unterstützung und Hilfe zu holen, wenn Ängste, Niedergeschlagenheit, das Gefühl „Ich kann nicht mehr” sehr präsent sind.

Wo findet man Hilfe?

Hüppe: Wer erstmal jemand zum Zuhören braucht, kann sich an die Sorgen- oder Landfrauentelefone der verschiedenen Bundesländer wenden. Eine Übersicht über die ländlichen bzw. landwirtschaftlichen Familienberatungen in den einzelnen Regionen gibt es unter landwirtschaftliche-familienberatung.de Auch die Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen (EFL) der Kirchen können Ansprechpartner sein.

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