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Sauen mit großen Würfen: Reicht die Zahl der Zitzen?

Sauen gebären heute deutlich mehr Ferkel als vor zehn Jahren. Um alle Ferkel erfolgreich aufzuziehen, sollten Eigenremontierer die Zitzenzahl als Selektionskriterium berücksichtigen.

Lesezeit: 8 Minuten

In den letzten Jahren ist die Wurfgröße der Sauen jährlich um knapp 0,2 Ferkel gestiegen, wie Auswertungen des VzF Uelzen, Norddeutschlands größter Erzeugergemeinschaft, belegen. 2021 brachte eine Sau in den Mitgliedsbetrieben pro Wurf durchschnittlich 15,5 Ferkel zur Welt. Fünf Jahre zuvor lag dieser Wert noch bei 14,5 Ferkeln.

Doch große Würfe verlangen den Sauen viel ab. Ziel muss sein, möglichst viele Ferkel aufzuziehen und Verluste zu vermeiden. Voraussetzung dafür sind genügend funktionstüchtige Zitzen auf dem Gesäuge. Außerdem muss die Sau eine hohe Milchleistung haben.

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Lange galt in der Zucht die Faustregel, dass Jungsauen mindestens sieben gut entwickelte Zitzen auf jeder Gesäugeleiste haben sollten. Durch die gestiegenen Wurfgrößen stellt sich nun die Frage, ob die Zitzenzahl moderner Sauenherkünfte dazu noch ausreicht. Und ob darüber hinaus ein Zusammenhang zwischen der Zitzenzahl und der Zahl der abgesetzten Ferkel je Wurf besteht.

Zitzenzahl erfasst

Um diese Fragen zu beantworten, führte die Universität Gießen auf der Lehr- und Forschungsstation Oberer Hardthof im Zeitraum von 2016 bis 2021 Erhebungen durch. Die Sauenzuchtanlage wird im 3-Wochen-Rhythmus betrieben. Die Jungsauen der Herde remontiert der Betrieb selbst. Bei den Sauen handelt es sich überwiegend um reinrassige Landrasse- oder Edelschweintiere. Darüber hinaus gibt es Kreuzungstiere dieser beiden Rassen. In geringer Anzahl sind auch reinrassige Pietrain-, Duroc- und Hampshire-Sauen vorhanden.

Die Mitarbeiter des Oberen Hardthofs notieren routinemäßig die Anzahl der Zitzen auf beiden Gesäugeleisten bei der Geburt der Ferkel. Später erfassen sie bei einem Teil der Jungsauen am 180. Lebenstag erneut die Zitzenzahl, zum Zeitpunkt der Jungsauenselektion. Zusätzlich dokumentieren sie das Jahr der ersten Belegung.

Zur Beurteilung der Aufzuchtleistung erfassten sie die Wurfgröße und die Anzahl lebend geborener sowie aufgezogener Ferkel pro Wurf. Bei den Jungsauen registrierten sie darüber hinaus die Ferkelzahl nach dem Wurfausgleich und die Höhe der Ferkelverluste.

Zusätzlich zu den Erhebungen aus der Lehr- und Forschungsstation der Universität Gießen werteten die Forscher weitere Daten aus einem Praxisbetrieb mit 1145 Sauen aus. Der Betrieb hält Kreuzungstiere aus Edelschwein und Landrasse. Hier erfassten die Mitarbeiter ebenfalls die Zitzenzahl zum Zeitpunkt der Jungsauenselektion im Zeitraum von 2016 bis 2021.

Im Mittel 16 Zitzen pro Sau

In die Auswertungen ging die Zitzenzahl im Ferkelalter von insgesamt 443 Sauen ein, die zwischen 2016 und 2021 auf dem Oberen Hardthof geboren wurden. Sie reichte von 12 bis 21 Zitzen. Im Mittel hatten die Tiere kurz nach der Geburt 16 Zitzen. Knapp drei Viertel der zukünftigen Zuchtsauen wiesen 16 und mehr Zitzen auf. Bei 45 Sauen wurden sogar 18 bis 21 Zitzen am ersten Lebenstag gezählt. Zusätzlich stellten die Forscher fest, dass diese 45 keinen längeren Körperbau hatten und im Rücken nicht instabiler waren als die anderen Sauen.

Von 301 Sauen lag auch die Zitzenzahl zum Zeitpunkt der Jungsauen-Einstufung vor. Die Werte waren nahezu identisch. Zur Geburt besaßen diese Sauen im Mittel 16,1 Zitzen, zur Einstufung um den 180. Lebenstag waren es noch 15,9. Für die Differenz können u.a. Probleme bei der Dokumentation der Zitzenanzahl verantwortlich sein, wenn z.B. Afterzitzen nicht korrekt erfasst wurden. Darüber hinaus traten bei einigen Tieren Zitzenläsionen auf.

Da die Universität Gießen auf dem Oberen Hardthof verschiedene Rassen hält, konnten die Forscher auch Unterschiede zwischen den Sauenherkünften untersuchen. Die höchste Zitzenzahl besaßen mit 16,8 die Landrasse-Sauen. Reinrassige Edelschwein-Sauen wiesen im Mittel 16,2 Zitzen auf. Die Kreuzungssauen (Landrasse x Edelschwein) ordneten sich mit im Mittel 16,3 Zitzen zwischen den reinrassigen Tieren ein.

Deutlich weniger Zitzen wiesen dagegen die Sauen der „bunten Rassen“ auf. Im Vergleich zu den Landrasse-Sauen besaßen die Tiere der Rassen Pietrain, Duroc und Hampshire im Schnitt zwischen 2,6 und 3,4 Zitzen weniger.

Bei den 1145 Hybrid-Sauen des Praxisbetriebes war die Zitzenzahl etwas geringer. Sie betrug im Durchschnitt 14,8; mit einem Minimum von 13 und einem Maximum von 18 Zitzen.

Anzahl Zitzen gestiegen

In einer früheren Auswertung aus dem Zeitraum 2004 bis 2011 hatten die Wissenschaftler auf verschiedenen Praxisbetrieben im Durchschnitt noch insgesamt 13,8 Zitzen pro Sau gezählt. Somit ist die Zitzenzahl je Sau bis heute insgesamt angestiegen.

Anschließend untersuchten die Forscher die Entwicklung der Zitzenzahl im Zeitraum von 2016 bis 2021. In der aktuellen Auswertung auf dem Oberen Hardthof hatten Sauen, die 2016 zum ersten Mal belegt wurden, zum Zeitpunkt der Geburt im Schnitt 15,6 Zitzen. Bis zum Jahr 2021 erhöhte sich die mittlere Zitzenzahl dann auf 16,6 (vgl. Übersicht 2). In den zurückliegenden sechs Jahren stieg die Anzahl der Zitzen folglich um durchschnittlich 0,17 pro Sau und Jahr.

Auch im Praxisbetrieb ist ein Anstieg der mittleren Zitzenzahl zu erkennen – allerdings auf einem etwas niedrigeren Niveau. Hier stieg die Anzahl zum Zeitpunkt der Jungsauenselektion von durchschnittlich 14,6 Zitzen in 2016 auf 15,1 in 2021.

Gleiche Aufzuchtleistung

Anschließend prüften die Forscher anhand der Daten von 248 Landrasse-, Edelschwein- und Kreuzungssauen, ob es einen möglichen Zusammenhang zwischen Zitzenzahl und Aufzuchtleistung gibt. Dabei unterschieden sie zwischen Sauen mit 12 bis 15 Zitzen, 16 und 17 bis 21 Zitzen.

Die durchschnittliche Wurfgröße aller Sauen lag bei 13,8 lebend geborenen Ferkeln pro Sau und Wurf. Zum Zeitpunkt des Absetzens konnten die Forscher kaum Unterschiede zwischen den drei Sauengruppen bei den abgesetzten Ferkeln je Wurf feststellen. Die tendenziell höchste Aufzuchtleistung (11,9 abgesetzte Ferkel im Mittel aller Würfe ihres Lebens) wiesen die Sauen mit 16 Zitzen auf. Sauen mit mehr als 16 Zitzen zogen durchschnittlich 11,6 Ferkel auf, Sauen mit weniger Zitzen jedoch auch 11,7 Ferkel.

Für die Aufzuchtleistung spielt die Wurfgröße nach dem Wurfausgleich eine wichtige Rolle. Diesen Wert erfassten die Wissenschaftler zusätzlich bei 310 Erstlingssauen. An Tiere mit mehr als 16 Zitzen setzten die Tierbetreuer auf dem Oberen Hardthof im Mittel 0,5 Ferkel mehr zu. Denn sie erwarteten, dass Sauen mit mehr Zitzen auch mehr Ferkel aufziehen können. Diese Erwartung wurde jedoch nicht bestätigt. Mit 10,9% waren die Ferkelverluste etwas höher als bei den anderen beiden Sauengruppen (vgl. Übers. 3). Die durchschnittliche Wurfgröße beim Absetzen war mit 11,8 Ferkeln in allen drei Jungsauengruppen identisch.

Sauen haben genug Zitzen

Bei der Beurteilung der Ergebnisse zur Aufzuchtleistung ist zu beachten, dass die Anzahl lebend geborener Ferkel je Wurf im Schnitt kleiner war als die Zahl vorhandener Zitzen. Dadurch hatten alle Ferkel in den Untersuchungen gute Aufzuchtchancen.

Es kann allerdings vorkommen, dass nicht alle erfassten Zitzen einer Sau auch voll funktionstüchtig sind. Bei Sauen mit mehr als 16 Zitzen war die Aufzuchtleistung nicht höher als bei den Artgenossinnen mit einer geringeren Zitzenzahl. Das könnte darauf hindeuten, dass die Ferkel möglicherweise nicht alle Zitzen angesaugt und einige Zitzen keine Milch gegeben haben.

Für die bei den Sauen des Oberen Hardthofs erreichte Wurfgröße von durchschnittlich 13,8 lebend geborenen Ferkeln sind die durchschnittlich 16 Zitzen je Sau ausreichend, um bei geringen Ferkelverlusten fast 12 Ferkel pro Wurf aufzuziehen. Unabhängig davon wird ein Teil der Ferkel häufig von Ammensauen aufgezogen.

Unter dem Strich belegen die Ergebnisse der Auswertung einen erheblichen Zuchtfortschritt bei den Sauen. Indirekt wurde bereits in der Vergangenheit über die Aufzuchtleistung auf Sauen mit mehr Zitzen selektiert. Denn es blieben vorwiegend Sauen im Betrieb, die eine große Zahl an gut entwickelten Ferkeln durch eine hohe Milchleistung abgesetzt haben.

Die Zitzenzahl besitzt mit 0,3 eine recht hohe Heritabilität (Erblichkeit). Es lohnt sich also, bei der Auswahl von künftigen Zuchtsauen auf eine hohe Zitzenzahl zu achten. Zusätzlich sollten Eigenremontierer auf ein drüsiges Gesäuge mit gleichmäßiger Zitzenverteilung sowie weit nach vorn gezogenen Gesäugeleisten achten. Denn 16 oder mehr Zitzen benötigen viel Platz.

Jungsauenvermehrer sollten bei der Anpaarung zudem darauf achten, dass sie Mutterrasse-Zuchteber auswählen, die laut Eber-Datenbank bei den Nachkommen eine hohe Zitzenzahl (z.B. 7/8) aufweisen. Über die Selektion der Eber können sie auch erfolgreich gegen Erbfehler, z.B. Stülpzitzen, vorgehen.

Zitzen gesund erhalten

Die Zitzen am hinteren Ende des Gesäuges sind häufig stärker verletzungsgefährdet als die vorderen. Die Wunden entstehen meist unmittelbar nach der Geburt der Ferkel, wenn die Zitzen durch scharfkantigen Boden abscheren oder auf der Liegefläche abreiben. Zudem werden die hinteren Zitzen beim Hinlegen aus dem Sitzen stärker gequetscht als die vorderen Zitzen. Die Zahl der verletzten Zitzen nimmt daher mit fortschreitender Säugezeit der Sau zu.

Beim Hinlegen kann es außerdem vorkommen, dass sich die Sauen selbst auf die Zitzen treten. Daher sollten Ferkelerzeuger überlange Klauen kürzen. Das geht am besten im Abferkelstall, wenn die Sauen liegen.

Auch die Beschaffenheit des Fußbodens kann die Gesäugegesundheit beeinflussen. Zu Verletzungen führende Fußbodenelemente (z.B. Kunststoffelemente mit gebrochenen Stegen) sollten Landwirte zeitnah austauschen. Bei der diagonalen Aufstallung können die Zitzen beim Aufstehen in den schräg angeordneten Schlitzen „hängenbleiben“ und verletzt werden. Daher gilt die gerade Aufstallung auf kunststoffummanteltem Streckmetall oder auf Gussrosten als tierfreundlichere Haltungsvariante. Landwirte sollten das bei der Stallbauplanung berücksichtigen.

Auch eine MMA-Erkrankung kann zu einer verminderten Milchleistung in den betroffenen Zitzen oder im gesamten Gesäuge führen. Dem gilt es vorzubeugen. Haben Landwirte die Krankheit erkannt, sollten sie diese zügig behandeln.

Unser Autor: Prof. i.R. Dr. Steffen Hoy, Universität Gießen

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