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„Tierwohlställe müssen gut durchdacht sein“

Familie Berberich mästet seit einem Jahr im Tierwohlstall mit Stroheinstreu und Auslauf. Die ersten Erfahrungen zeigen: Der Stall macht viel Arbeit, der nächste wird daher anders aussehen.

Lesezeit: 8 Minuten

Unser Autor: Dr. Manfred Weber, LLG Iden, Sachsen-Anhalt

Mathias Berberich (56 Jahre) sowie seine Söhne Lukas (27) und David (23) aus Hardheim-Rütschdorf im Odenwald sehen in der konventionellen Veredelung nur noch wenig Perspektive. „Die jetzige Schweinehaltung verliert in Deutschland weiter an Akzeptanz und steigende Auflagen führen dazu, dass wir nicht mehr mit Ländern konkurrieren können, in denen der Staat laschere Vorgaben macht. In unseren konventionellen Maststall, mit dem wir bislang den Massenmarkt bedient haben, investieren wir keinen Cent mehr“, betont Juniorchef Lukas Berberich.

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Damit es für den jungen Betriebsleiter trotzdem eine Zukunft auf dem Hof gibt, hat die Familie im Jahr 2020 gut 300 m von der Hofstelle entfernt einen neuen Tierwohlstall mit 944 Mastplätzen auf die grüne Wiese gebaut. Das Ziel ist, möglichst viele Strohschweine über Metzger zu vermarkten. „Wir haben diesen Schritt aber auch gewagt, weil mein zweiter Sohn David ebenfalls im Betrieb bleiben möchte. Er kümmert sich vorwiegend um die Außenwirtschaft“, beschreibt Seniorchef Mathias Berberich die Hintergründe.

Stroh und Auslauf gesetzt

Von vornherein stand für Familie Berberich fest, wie der neue Maststall aussehen soll: Bei der Planung gesetzt waren ein Außenauslauf, Verzicht auf Spaltenboden, Stroheinstreu sowie mehr Platz pro Tier. Insgesamt stehen jedem Schwein 1,5 m² zur Verfügung.

Die Außenwände des Stalles bestehen aus 2 m hohen Betonfertigteilen. Auf die Betonwände ist ein Holzrahmen geschraubt, in dem 1 m hohe Vogelschutznetze mit 10 mm Maschenweite fest eingespannt sind. Hierüber strömt die Zuluft in den Stall und ein Teil der Abluft aus dem Gebäude. Bei sinkenden Temperaturen wird die Öffnung per Elektroseilzug mit Windschutznetzen und einer Folie verschlossen.

Über dem Holzrahmen beginnt die Dachkonstruktion aus Leimbindern und isolierten Sandwichpaneelen. Das Dach überragt dabei den planbefestigten, rund 9 m² großen eingestreuten Außenauslauf komplett. Die Konstruktion schützt die Schweine sehr gut vor Sonneneinstrahlung und hält Regen ab. Der Auslauf ist in der Mitte mit einer Rinne versehen, sodass Kot und Harn zum Teil getrennt werden. Das soll helfen, die Emissionen zu senken.

Rechts und links des 1,80 m breiten Kontrollgangs befinden sich im Stallinneren 16 Vormastbuchten für jeweils 32 Schweine und 27 Endmastbuchten für je 16 Mastschweine. Jede Bucht ist 16,5 m² groß (siehe Übersicht). Die Tränkebecken sitzen im Auslauf. Dadurch soll der Innenbereich trockener bleiben. Das Wasser wird im Winter vorgewärmt. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Wasser- und Futteraufnahme im Winter steigt, wenn das Tränkewasser ca. 13°C warm ist. Sackt die Temperatur auf unter 8 bis 10 °C ab, sinkt die Futteraufnahme sofort“, beschreibt Lukas Berberich seine Beobachtungen.

Im Innenbereich stehen Trockenfutterautomaten mit jeweils acht Fressplätzen. Bei ad libitum-Fütterung dürfen somit 32 Tiere pro Automat versorgt werden. Den Futtertransport zu den Automaten übernimmt ein Rohrkettenförderer. Mithilfe von automatischen Pneumatikventilen können Mathias und Lukas Berberich über eine Rohrleitung vier verschiedene Futterrationen anbieten.

Viel Handarbeit und Staub

Nach rund einem Jahr Einsatzerfahrung ist Familie Berberich mit ihrem neuen Tierwohlstall zufrieden. Positiv bewerten die Mäster die Tiergesundheit und das Stallklima. Die Temperatur im Stall fällt auch im Winter nicht unter 13 °C. Die Fußbodenheizung, die unter der Hälfte der Buchtengrundfläche eingebaut ist, lief bislang nur an ganz wenigen Tagen. Beim nächsten Stall will Lukas Berberich daher auf die Installation verzichten.

Bei hohen Temperaturen öffnet der Landwirt den Lichtfirst aus Doppelstegplatten, sodass deutlich mehr Frischluft über die seitlichen Öffnungen in den Stall strömt. „Der Luftaustausch über den großen Lichtfirst klappt sehr gut. Die Luftqualität ist auch im Hochsommer top. Allerdings fällt über den First sehr viel Tageslicht in den Stall. Das mögen die Schweine nicht, sie wollen es lieber etwas dämmriger“, berichtet Mathias Berberich von seinen Erfahrungen.

Klarer Knackpunkt des Maststalles ist die hohe Arbeitsbelastung. Das liegt u.a. daran, dass die Landwirte das Einstreuen und Ausmisten per Hand erledigen müssen. „Im Stall können wir nicht mit Fahrzeugen rangieren, wir müssen das Stroh deshalb per Hand verteilen. Morgens muss ich zudem immer zwischen sechs und zehn Mastbuchten per Hand säubern und den Mist durch die Türen in den Auslauf werfen “, berichtet Lukas Berberich.

Allein mit dem Ausmisten und der Tierkontrolle ist der junge Unternehmer täglich ein bis eineinhalb Stunden beschäftigt. Hinzu kommen pro Woche etwa vier Stunden für das zweimalige Abschieben und Einstreuen des Auslaufs. Alles in allem liegt der Arbeitsaufwand bei satten 1,2 Stunden pro Mastschwein und Jahr. Das sind bei rund 2,8 Umtrieben 28 Minuten je erzeugtem Tier.

Die Mehrarbeit hat Familie Berberich von vornherein fest eingeplant. „Wenn Stroh auf planbefestigten Flächen eingesetzt wird, steigt der Arbeitsaufwand natürlich. Das kann man sich auch nicht schönrechnen“, betont Lukas Berberich.

Die Ursache für das Verkoten hat Lukas Berberich inzwischen gefunden. Das Problem ist die Zugluft im Türbereich. Zudem beobachten Vater und Sohn bei den männlichen Mastschweinen, dass diese während der Futteraufnahme häufig urinieren. „Wir stallen deshalb jetzt 75% der Kastraten im alten konventionellen Stall auf. Seitdem sind die Buchten sauberer“, erklären die Unternehmer.

Neuer Stall wird geändert

Angesichts des hohen Zeitaufwandes tüfteln Mathias und Lukas Berberich derzeit an einer eigenen, vollautomatischen, mechanischen Einstreulösung. Wie diese am Ende aussehen wird, wollen die Landwirte nicht verraten. Fest steht aber, dass die Einstreutechnik möglichst wenig Staub produzieren soll. Denn Staub ist bei einem Strohstall ein großes Problem. „Durch die Einstreu und das trockene Futter ist die Staubentwicklung schon sehr hoch“, gibt Lukas Berberich unumwunden zu.

Aufgrund der Erfahrungen wollen Vater und Sohn beim zweiten Tierwohlstall, der bereits genehmigt ist, bauliche Änderungen vornehmen. „So soll z.B. an der Außenwand ein hochgelegter, rund 1,25 m breiter Spaltenboden mit Schieberentmistung eingebaut werden. Dann kann ich den Mist direkt in der Bucht unter die Spalten schieben und der Schieber transportiert ihn dann nach draußen“, erklärt Lukas Berberich seine Pläne.

Auch die Türen zwischen dem Innen- und Außenbereich wollen die Mäster im nächsten Stall optimieren. Die Öffnungen sollen deutlich größer werden. Denn ein Problem ist, die Schweine vor dem Ausmisten durch die schmalen Türen in den Stall zu treiben. „Wenn ich allein im Stall bin, dauert das echt lange“, sagt Mathias Berberich. Im Winter besteht zudem das Problem, dass sich Eisklumpen an den Türprofilen bilden und die Türen sich deshalb nicht schließen lassen. Das Entfernen des Eises treibt den Zeitaufwand zusätzlich in die Höhe.

Mehrere Absatzkanäle

Nicht von Pappe sind auch die Baukosten. Über 1300 € hat der Tierwohlstall pro Platz gekostet. Zu Buche schlagen vor allem die hohen Kosten für das Baumaterial, die Kosten der Stroherntetechnik und -lagerung sowie der Aufwand für die Mistverwertung. „Gegenüber einem konventionellen Stall kostet die Produktion im Tierwohlstall deutlich mehr Geld. Wenn daraus dauerhaft ein Geschäftsmodell werden soll, müssen die Erlöse für die Schweine steigen“, betont Lukas Berberich.

Der junge Unternehmer setzt auf eine mehrgleisige Vermarktungsstrategie mit dem Ziel, möglichst viele Schweine in Direktbeziehung bei einem Metzger abzusetzen. Derzeit verkauft er rund 40% der Strohschweine an einen Metzger, der die Tiere selbst schlachtet und die Ware im eigenen Laden verkauft. Dort kostet das Fleisch im Vergleich zur Standardware rund 1 € pro kg mehr. Der Absatz brummt trotz des Preisaufschlags auch Dank intensiver Produktwerbung.

60% der Schweine vermarkten Mathias und Lukas Berberich über andere Metzger, die allerdings nicht selbst schlachten. Diese Aufgabe erledigt der Schlachthof in Aschaffenburg. „Weil auch der Schlachthof seine Kosten gedeckt haben muss, ist das Geschäft für uns etwas unattraktiver. Garantiert ist aber immer ein Mindestpreis von 1,75 € je kg Schlachtgewicht. Dazu zahlen die Abnehmer einen Bonus von 30 Cent je kg SG“, erklärt Mathias Berberich die Abrechnungsmodalitäten.

Um den Bekanntheitsgrad des „Berberich’schen Tierwohlfleisches“ weiter zu erhöhen, ist die Familie inzwischen in die Selbstvermarktung eingestiegen. In einem kleinen Holzhaus in Hofnähe stehen zwei Kühlschränke mit allerlei Fleisch- und Wurstartikeln aus der eigenen Produktion.

Abgerechnet wird auf Vertrauensbasis. Die Kunden nehmen sich die Ware und legen das Geld in die Kasse. „Die Kunden sind ehrlich. Dennoch ist die Direktvermarktung für uns noch ein Minusgeschäft, da die Verarbeitung von zwei Schweinen beim Metzger teuer ist. Der Metzger muss diese Tiere separat schlachten und zerlegen“, erklärt Lukas Berberich die Gründe. Er hofft aber, dass sich dieser Absatzkanal in Zukunft noch entwickelt. Er will allein aus Marketinggründen daran festhalten.

Herausforderung GVO-frei

Etwas Sorge bereiten Lukas Berberich die vielen Vorgaben seitens der Abnehmer. Manche Dinge lassen sich nicht so einfach umsetzen, wie gewünscht. Dazu zählt auch das Thema gentechnikfreie Fütterung (GVO-frei). „Unsere Metzger wünschen sich das zwar, wir können es aber noch nicht umsetzen, da wir nicht garantieren können, dass es in unserer Mahl- und Mischanlage zu Verschleppungen kommt“, beschreibt der Mäster die Problematik.

Berberich denkt derzeit darüber nach, im neuen Tierwohlstall eine eigene Mahl- und Mischanlage einzubauen. Dann wäre die GVO-freie Fütterung realistisch, zumal der Landwirt selbst Erbsen anbaut. Der Mischungsanteil reicht von 3% in der Vormast bis hin zu 5% in der Endmast. „Klar ist aber auch, dass ich für die GVO-frei gefütterten Schweine einen zusätzlichen Boni brauche“, betont der Landwirt.

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