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topplus Unkraut-Bekämpfung

Diese neuen Auflagen gelten jetzt für den Glyphosat-Einsatz

Einige Glyphosat-haltige Präparate darf man nur auf 90 % der Fläche einsetzen, andere auf der gesamten. Hier einige Hinweise, um Fallstricke zu vermeiden.

Lesezeit: 5 Minuten

Wer Sommerungen in Mulch- oder Direktsaat sät, kann in diesem Frühjahr ganzflächige Glyphosatbehandlungen durchführen, um Altunkräuter oder nicht abgestorbene Zwischenfrüchte zu beseitigen. Voraussetzung dafür ist, dass andere Maßnahmen, wie eine mechanische Unkrautkontrolle, nicht möglich oder zumutbar sind.

Diese Regelung gilt nach Aussage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zunächst befristet bis zum 30. Juni 2024. Der Hintergrund dafür ist eine Eilverordnung des BMEL.

Vorsicht – einige Präparate haben Auflagen

Im Rahmen der Wirkstoffgenehmigung hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die Zulassungen für Glyphosat-haltige Pflanzenschutzmittel für ein Jahr ver­längert. Die Liste der Zulassungsver­längerungen finden Sie unter  www.bvl.bund.de

Falls Sie Glyphosat anwenden wollen, müssen Sie unbedingt auf die sogenannten NT-Auflagen achten, die einige Präparate im Zuge der Zulassungen vom BVL erhalten haben. Ein Beispiel dafür ist die NT 307-90. Sie besagt, „dass zum Schutz der nicht zu bekämpfenden Arten der Ackerbegleitflora als Lebensraum und Nahrungsgrundlage für Arthropoden und Wirbeltiere die Anwendung des Pflanzenschutzmittels nur auf höchstens 9/10 des für die Anwendung vorgesehenen Schlages erfolgen darf“.

Das heißt im Umkehrschluss: Mittel mit dieser Auflage dürfen auf 10 % der Fläche nicht angewendet werden. Zudem muss man beim Einsatz betroffener Präparate zu angrenzenden unbehandelten Teilflächen einen mindestens 20 m breiten Streifen mit verlustmindernden Düsen (Abdriftminderungsklasse 90 %) behandeln. Generell soll man laut dieser NT-Auflage die unbehandelte Teilfläche vorzugsweise als Randstreifen mit einer Mindestbreite von 5 m anlegen. Auf diesem soll der Düngereinsatz reduziert erfolgen.

Das gilt für diese Produkte

Die neuen Anwendungsbestimmungen wurden bislang für folgende Präparate vergeben: Alekto Plus TF, Alekto TF, Dominator 480 TF, Durano, Durano TF, Glyphogan, Helosate 450 TF, Landmaster Supreme 480 TF, Landmaster TF, MON 79991, Profi 360, Profi 360 TF, Rosate 360 TF, Rosate Supreme 480 TF, Roundup Ultra, SHYFO und Taifun Forte. Schauen Sie vor der Anwendung in diesem Frühjahr daher sehr genau hin!

Berücksichtigen Sie, dass die generell geltenden Anwendungsbeschränkungen und -verbote für Glyphosat weiterhin einzuhalten sind. Grundsätzlich verboten sind:

  • Anwendungen in Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebieten sowie in Kern- und Pflegezonen von Biosphärenreservaten (egal in welcher Kultur),

  • Spätanwendungen vor der Ernte (Sikkation) in allen Kulturen und

  • Einsätze in Naturschutzgebieten, Nationalparks, nationalen Naturmonumenten, Naturdenkmälern und gesetzlich geschützten Biotopen – ebenfalls in allen Kulturen.

Wie gehts weiter?

Insgesamt hat sich Landwirtschaftsminister Cem Özdemir mit der Eilverordnung Luft verschafft. Er hält den Entscheid der EU-Kommission, Glyphosat bis 2033 zu genehmigen, zwar für falsch, dennoch hatte sich Deutschland bei der Abstimmung enthalten. Der Minister sieht die Verlängerung auch nicht vom Votum der EU-Länder gedeckt. Das BMEL wird nun wohl das deutsche Pflanzenschutzrecht sukzessive anpassen. Weitere Änderungen sind daher spätestens zum diesjährigen Sommer zu erwarten.

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Das sind die wichtigen Eckpunkte bei Glyphosat

Über die Frage, ob Glyphosat krebserregend sei, wird seit rund 10 Jahren öffentlich und wissenschaftlich verschärft debattiert. 2015 forderte eine europäische Bürgerinitiative mit fast 1,1 Mio. gültigen Unterschriften das Verbot des Wirkstoffs. Anlass dafür war die Ende 2017 anstehende Wiederzulassung in der EU sowie die Bewertung als „wahrscheinlich krebserregend“ für den Menschen von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC).

Dieser Bewertung widersprachen andere Behörden und Organisationen, u. a. die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Ebenfalls kam die Weltge­sundheitsorganisation (WHO), die United States Environmental Protection Agency (USEPA), Health Canada und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) zu dem Schluss, dass Glyphosat nicht krebserregend ist.

Im Rahmen der Neubewertung im europäischen Genehmigungsverfahren wurde im Juni 2020 das wissenschaft­liche Dossier zur Prüfung an die EFSA gegeben. Es war mit mehr als 180.000 Seiten das umfangreichste, das bisher für einen Pflanzenschutzmittelwirkstoff erstellt wurde. Es enthielt mehr als 1.500 Studien, darunter mehr als 100 neue Studien, sowie die Bewertung von mehr als 12.000 wissenschaftlichen Artikeln.

Das Ergebnis der EFSA

Die Behörde konnte „keine kritischen Problembereiche“ in Bezug auf Auswirkungen von Glyphosat auf die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt feststellen. Auf dieser Grundlage fand dann die ­politische Entscheidungsfindung statt.

In zwei Abstimmungen im sogenannten Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCOPAFF) fanden die EU-Mitgliedstaaten weder eine qualifizierte Mehrheit dafür noch dagegen, Glyphosat weiter zuzulassen. Das führte dazu, dass die EU-Kom­mission eigenständig die Wirkstoff­genehmigung verlängerte und die EU-Durchführungsverordnung 2023/2660 am 28. November 2023 veröffentlichte (trat am 16.12.2023 in Kraft).

Aufgrund der Zulassungsverlängerung auf EU-Ebene konnte das BMEL das geplante nationale Glyphosatverbot zum 1.1.2024 nicht halten und veröffentlichte eine Eilverordnung, die das Anwendungsverbot bis zum 30.6.2024 aussetzt. Spätestens in diesem Sommer muss das BMEL eine finale, EU-konforme Regelung vorlegen.

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K O M M E N T A R

Weg mit der Ideologie!

Glyphosat ist sicher – das ist das Urteil der höchsten EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA. Trotzdem scheint Landwirtschaftsminister Cem Özdemir händeringend nach Anwendungsauf­lagen zu suchen, um den Einsatz zu ­erschweren. Warum? Vertraut er dem EFSA-Urteil nicht oder gehts ihm doch nur darum, bei seinen Wählern Gesicht zu wahren, weil er ihnen den Glypho­satausstieg versprochen hatte?

Scheinbar heimlich haben jetzt einige glyphosathaltige Mittel im Rahmen der Zulassungsverlängerungen Auflagen wie die NT 307-90 erhalten, die einen Einsatz auf 10 % der zu behandelnden Fläche verbietet. Auf diesem Teilstück sollen sich dann z. B. Nichtzielorga­nismen zurückziehen können. Diese ­praxisferne „Idee“ stammt vom Umweltbundesamt – die Behörde wollte bereits 2019 und 2021 die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln an Biodiversitätsziele knüpfen. Beide Male ist sie dabei vor Gericht gescheitert. Ich dachte ­bislang, dass man aus Fehlern lernt.

Völlig starrsinnig reagieren momentan auch viele Umweltorganisationen. So hat kürzlich eine Gruppe von sechs NGOs rechtliche Schritte gegen die Wiederzulassung von Glyphosat ­er­griffen. Kennen die Kritiker überhaupt die EFSA-Ergebnisse?

Mein Appell an Herrn Özdemir: ­Überraschen Sie die Landwirte und handeln Sie beim Thema Glyphosat nach ­Faktenlage, nicht nach Ideologie!

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