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topplus Unsicher und unrentabel

Forscher: Carbon-Farming-Zertifikate sind kein sinnvolles Instrument für den Klimaschutz

Eine Studie kommt zu dem Schluss, dass eine gezielte Kohlenstoffanreicherung für Bauern viel Arbeit macht und Kosten verursacht. Dabei ist nicht klar, wie lange das anhält und ob das jemand erstattet.

Lesezeit: 4 Minuten

Einer kürzlich im Journal of Environmental Management erschienenen Studie zufolge sind CO2-Ausgleichszertifikate, die auf einer Steigerung der organischen Kohlenstoffmenge in landwirtschaftlichen Böden beruhen (Humuszertifikate), als Instrument für den Klimaschutz ungeeignet.

Vor allem die Dauerhaftigkeit der Speicherung sowie deren Überwachung seien nicht ausreichend gewährleistet, schreibt das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF). Es sei unwahrscheinlich, dass die Zertifikate den Emissionsausgleich tatsächlich langfristig erbringen, für die sie am Markt gehandelt werden.

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Die dafür eingesetzten Mittel könnten an anderer Stelle wirksamerer eingesetzt werden, etwa im Bereich der Emissionsvermeidung. Es sei daher wichtig, alternative staatliche und private Anreizsysteme zu entwickeln, die langfristig zu Erhalt oder Steigerung der in Böden gespeicherten Mengen beitragen.

An der Studie waren neben dem ZALF, das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIBL), das Thünen-Institut sowie die Technische Universität München beteiligt.

Kohlenstoffanreicherung macht Arbeit

Durch die Erhöhung der Menge an organischem Kohlenstoff in landwirtschaftlichen Böden wird der Atmosphäre Kohlendioxid (CO2) entzogen, was dem Klimawandel entgegenwirkt. Für Landwirte bringen höhere Kohlenstoffgehalte auch weitere Vorteile, darunter eine höhere Bodengesundheit und insbesondere eine bessere Wasserspeicherfähigkeit und damit Widerstandsfähigkeit gegen dürrebedingte Ertragseinbußen.

Die Erhöhung der organischen Kohlenstoffgehalte erfordert allerdings Änderungen im landwirtschaftlichen Management, welche mit Kosten verbunden sind: zum Beispiel beim Anbau von Zwischenfrüchten für Saatgut und zusätzliche Arbeitsgänge, bei einer Diversifizierung der Fruchtfolgen durch die Berücksichtigung auch weniger profitablerer Nutzpflanzen, beim Anlegen von Hecken und Gehölzstrukturen durch erforderliche Investitionen und den Verlust von Anbaufläche für Feldfrüchte.

Moderner Ablasshandel

Sogenannte Humuszertifikate könnten zum Ausgleich dieser Kosten beitragen. Hierbei wenden sich Landwirte an kommerzielle Zertifikatsanbieter, führen auf ausgewählten Flächen humusaufbauende Bewirtschaftungsmaßnahmen durch, und erhalten nach einigen Jahren ein Zertifikat über die dort gemessene oder geschätzte Kohlenstoffzunahme und die damit verbundene CO2-Bindung.

Diese Zertifikate werden dann als freiwilliger Emissionsausgleich verkauft, zum Beispiel an Unternehmen, die ihre Produkte als klimaneutral vermarkten wollen. Landwirtinnen und Landwirte erhalten im Gegenzug einen Preis pro Tonne CO2.

Humuszertifikate bleiben weit hinter den Erwartungen zurück

Wichtig ist, dass organischer Kohlenstoff im Boden nicht einfach eingelagert wird. Stattdessen führt ein komplexer mikrobieller Prozess in einem dynamischen Gleichgewicht zu Humusaufbau durch Kohlenstoffeinlagerung und Humusabbau durch Veratmung (CO2-Freisetzung), erklärt das ZALF weiter.

Intelligente ackerbauliche Maßnahmen können diesen Prozess beeinflussen und das dynamische Gleichgewicht zugunsten von Humusaufbau verschieben. Vor diesem Hintergrund untersuchten die Wissenschaftler die Eignung von Humuszertifikaten als Emissionsausgleich. Darüber hinaus wurden positive und negative Zusatzeffekte von Zertifikaten und humusaufbauender Bewirtschaftung untersucht, sowie Fragen der Haftbarkeit bei erneuter Freisetzung des gespeicherten Kohlenstoffs geprüft.

Im Ergebnis bleiben die Boden-Kohlenstoff-Zertifikate leider weit hinter den Erwartungen zurück. „Es fehlt insbesondere an einer langfristigen Überwachung. Gegenwärtig können private Zertifizierungsanbieter die Permanenz der Kohlenstoffspeicherung nicht garantieren“, erklärt Dr. Carsten Paul, Leiter der Studie am ZALF.

Kontrollen und Rentabilität fehlen

So kann der gespeicherte Kohlenstoff entweder durch Beendigung der humusaufbauenden Bewirtschaftung oder durch äußere Einflüsse wie den Klimawandel wieder freigesetzt werden. Aufgrund der Kombination aus Einmalzahlungen und fehlenden langfristigen Kontrollen ist es fraglich, ob Landwirte die humusaufbauende Bewirtschaftung über Jahrzehnte beibehalten und dabei die jährlich anfallenden Kosten tragen.

Weder Landwirte noch Zertifikatsanbieter haften dafür, wenn der gespeicherte Kohlenstoff nach dem Ende des Zertifizierungsvertrags wieder als CO2 freigesetzt wird, betonen die Forscher. „Wenn Unternehmen Ausgleichszertifikate allerdings verwenden, um Produkte als klimaneutral zu vermarkten, ist dies bei nicht dauerhafter Kohlenstoffspeicherung eine Form von irreführender Werbung, gegen die geklagt werden könnte“, erklärt Paul.

Statt Humuszertifikaten sollten alternative Systeme und Gütesiegel entwickelt werden, die langfristige Anreize für eine Steigerung der organischen Kohlenstoffgehalte in den Ackerböden setzten. Die Erforschung und Entwicklung von privaten Geschäftsmodellen und öffentlichen Steuerungsoptionen zur Förderung einer verbesserten Bodengesundheit, der Erhaltung der biologischen Vielfalt oder der Anpassung an den Klimawandel müsse verstärkt werden.

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