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Thünen Institut

Landwirte zu Kiebitzschutz bereit, wenn Förderung stimmt und Sanktionen wegbleiben

Um die negative Bestandsentwicklung des Kiebitzes aufzuhalten, müssen schnell wirkungsvolle Maßnahmen realisiert werden, mahnt das Thünen-Institut und schlägt Brutinseln vor.

Lesezeit: 4 Minuten

Als Art des Indikators Agrarlandschaft ist der Kiebitz ein Symbol für den Zustand der biologischen Vielfalt in landwirtschaftlich genutzten Gebieten. Als sogenannte Flaggschiff-Art vertritt er viele weitere Tier- und Pflanzenarten.

Die Anzahl der Kiebitze in Deutschland ist in den letzten Jahrzehnten aber um fast 90 % zurückgegangen, stellt das Thünen-Institut fest. Die Hauptursachen hierfür liegen in einem zu geringen Bruterfolg wegen Habitatverschlechterung und -verlusten im Feuchtgrünland, der Umstellung von Sommer- auf Wintergetreide, dem Rückgang von Brachen und der Zunahme des Maisanbaus.

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In einem Projekt hat das Thünen-Institut nun die Kiebitzinsel als einzige Maßnahme identifiziert, mit der prinzipiell ein bestandserhaltender Bruterfolg erzielt werden kann.

Die Kiebitzinsel ist ein nicht genutzter Bereich innerhalb eines Ackerschlages. Sie sollte eine Größe von 0,5–1 ha haben. Sie bietet den Kiebitzen eine störungsarme, nur spärlich bewachsene Fläche zur Brut und Aufzucht der Küken. Das Markieren von Kiebitzgelegen auf angrenzenden Ackerschlägen kann den Bruterfolg weiter erhöhen, indem auch diese Gelege vor Schäden durch die Bewirtschaftung geschützt werden.

Was denken die Landwirte?

Das Thünen-Institut wollte daher die Erfahrungen von Landwirten erfassen, die bereits Kiebitzinsel umgesetzt haben. Dabei war interessant zu erfahren, wie die Akzeptanz einer entsprechenden Fördermaßnahme wäre. Ebenso abzuklären war der notwendige Flächen- und Finanzbedarf.

Nach einer Erstbefragung führten die Forscher ein Discrete Choice Experiment mit 252 Landwirten zur Akzeptanz möglicher Eigenschaften einer Agrarumweltmaßnahme „Kiebitzinsel“ durch.

Bauern offen, lange Vertragslaufzeit und Strafandrohung aber unerwünscht

Die im Projekt beteiligten Landwirte äußerten eine große Offenheit gegenüber Maßnahmen wie der Kiebitzinsel, stellt das Thünen Institut fest. Für sie seien bei der Umsetzungsentscheidung die Beratung und Begleitung durch kiebitz- und landwirtschaftskundige Gebietsbetreuer besonders wichtig gewesen.

So zeigte sich, dass für eine ELER-Kofinanzierung notwendige Maßnahmeneigenschaften, d. h. eine fünfjährige Vertragslaufzeit und die Art der Sanktionierung bei Regelverstößen, hohe Akzeptanzhemmnisse darstellen. Diese Akzeptanzhemmnisse führten zu einer höheren Zahlungserwartung im Vergleich zu einer Fördermaßnahme ohne ELER-konformes Auflagendesign, lautet eine der Erkenntnisse.

Die aktualisierten Ergebnisse der Modellierung zeigen, dass für eine Stabilisierung der Kiebitzpopulation unter konservativen Annahmen 40 % der Population in der Normallandschaft durch eine Maßnahme wie die Kiebitzinsel ab 2023 geschützt werden müssen. Um eine Populationssteigerung von 30 % zu erreichen, wie es die EU-Kommission vorschlägt, müssten sogar 65 % geschützt sein.

Hoher Flächenbedarf

Je nach Zielsetzung und Intensität der Gebietsbetreuung ergibt sich ein jährlicher Flächenbedarf für Kiebitzinseln von 900 ha bis zu 5.600 ha.

Die Gebietsbetreuung gewährleistet, dass ein Großteil der Kiebitzinseln tatsächlich von Kiebitzen zur Brut genutzt werden kann. Sie steigert somit die Effizienz der Maßnahme. Für die Stabilisierung der Population mit einer flächendeckenden Gebietsbetreuung gehen die Wissenschaftler unter konservativen Annahmen von Kosten in Höhe von ca. 1,2 Mio. €/Jahr aus, ohne Gebietsbetreuung erhöhen sich die Kosten auf etwa 2,6 Mio. €/Jahr.

Da viele Kiebitzpaare in Regionen mit einer hohen Wertschöpfung je Hektar brüten (z. B. Münsterland), verursacht der größere Flächenbedarf solche Mehrkosten. Die Kosten lassen sich jedoch senken, wenn die Maßnahme schwerpunktmäßig auf günstigen, z. B. ertragsschwächeren, Standorten umgesetzt wird.

Den Schutz von 65 % aller auf landwirtschaftlichen Flächen brütenden Kiebitzen durch freiwillige Fördermaßnahmen zu erreichen, halten die Experten jedenfalls für sehr ambitioniert. Um dieses Ziel erreichen zu können, müssten neben produktionsintegrierten Maßnahmen wie der Kiebitzinsel auch der Erhalt und die Neuanlage von Habitaten mit besonders günstigen Brutbedingungen und einem angepassten Management (z. B. in Schutzgebieten) eine wichtige Rolle spielen.

Das empfiehlt das Thünen Institut jetzt

  • Bundesweit eignet sich prinzipiell die Ökoregelung 1a, bei einer entsprechenden Ausgestaltung, zur Umsetzung von Kiebitzinseln.
  • In Bundesländern mit großen Kiebitzvorkommen (z. B. Niedersachsen, Schleswig-Holstein) empfehlen die Fachleute zudem die Umsetzung als Maßnahme mit ELER-Kofinanzierung.
  • In Bundesländern mit mittleren Kiebitzvorkommen (z. B. Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg) empfehlen sie die Umsetzung als ELER-kofinanzierte Fördermaßnahme nur, wenn im Land bereits ähnliche Maßnahmen auf diese Weise gefördert werden, sodass bestehende Verwaltungs-/ Kontrollsysteme übernommen werden können.
  • In Bundesländern mit geringeren Populationsgrößen wäre die Umsetzung der Kiebitzinsel durch regional begrenzte, bspw. kommunale oder private Träger ideal.
  • Gebietsbetreuung senkt Akzeptanzhemmnisse und erhöht die Effizienz der Maßnahmen. Sie sollte möglichst flächendeckend angeboten werden.
  • Als alleinige Maßnahme wird eine Fördermaßnahme wie die Kiebitzinsel den Populationsrückgang nicht aufhalten können. Die Bereitstellung dezidierter Bruthabitate z. B. in Schutzgebieten stellt deshalb einen wichtigen Baustein in den Bemühungen gegen den Populationsrückgang der Symbolart Kiebitz dar.

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