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Kritik an Bundespolitik

Mühlenverband kritisiert Özdemir: Die Ernten werden zum „staatlichen Lotteriespiel“

Die schlechten Proteingehalte sind laut Mühlenverband nicht dem Witterungsverlauf geschuldet, sondern das Ergebnis politischer Entscheidungen. Realitätsferne, starre Vorgaben seien kontraproduktiv.

Lesezeit: 6 Minuten

Die Getreideernte fällt in diesem Jahr schlechter aus als zuvor. In vielen Regionen gibt es Probleme mit Fallzahlen, Kleberwerten und Proteingehalten. Für die Mühlen sind die Ernteergebnisse wenig erfreulich. Für sie wird es aufwendig sein, die passenden Partien zu beschaffen.

Dabei ist es die Müllerei gewohnt, mit ganz unterschiedlichen Brotgetreideernten zu arbeiten. Auch die „Draußenwirtschaft“ kann mit unterschiedlichen Wetterbedingungen umgehen. Landwirte und Müller können mit Wetterkapriolen leben. Schwierig wird es, wenn die politischen Rahmenbedingungen die Ernte zur „staatlichen Lotterie“ werden lassen. So sind die schlechten Proteingehalte nicht dem Witterungsverlauf geschuldet, sondern das Ergebnis politischer Entscheidungen. "Die Düngeverordnung schlägt voll durch!", ärgert sich der Mühlenverband VDM.

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Realitätsferne, starre Vorgaben sind kontraproduktiv

Eine klima- und krisenfeste Landwirtschaft wird es nur mit innovativen Landwirten geben, die unter intelligenten Rahmenbedingungen die besten Lösungen finden, im konventionellen wie im ökologischen Landbau, sind sich die Mühlen sicher.

Die Müllerei wiederum ist nach eigener Aussage auf eine gute Auswahl an gesundem Brotgetreide „made in Germany“ angewiesen, um die Mehle herzustellen, die die Bäcker brauchen. "Landwirtschaft, Müllerei, Bäckerei – die Getreidewirtschaft braucht flexible Regelungen, um weiter nachhaltige Lösungen zu erarbeiten. Realitätsferne, starre staatliche Vorgaben sind kontraproduktiv", heißt es in einer VDM-Mitteilung.

Großteil der Ernte ins Futter

Die Qualitätsermittlung der diesjährigen Ernte ist noch nicht abgeschlossen, aber schon sei klar, dass die Ernteergebnisse für die Müllerei wenig erfreulich sind. Die Speicher sind gefüllt, wie Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir in seinem Erntebericht sagt, ein viel zu großer Teil davon tauge aber nur als Futtergetreide.

Für die Mühlen wird es in diesem Jahr sehr herausfordernd, passende Partien zu identifizieren und zu beschaffen, um ihren Kunden – den Bäckern und der Lebensmittelindustrie – passgenaue Mehle für das tägliche Brot und viele andere Lebensmittel liefern zu können, mahnt der Verband weiter.

Politik beeinflusst Qualitäten

Dabei habe nicht nur der Regen in vielen Regionen zu Qualitätsproblemen beim Brotgetreide geführt. Die politischen Rahmenbedingungen hätten einen mindestens ebenso großen Einfluss auf die Qualität der Brotgetreideernte: Maßgeblicher Grund für die deutlich gesunkenen Proteingehalte im Weizen sind die starren Vorgaben der Düngeverordnung, heißt es. „Qualitätsgetreide ‚made in Germany‘ steht auf dem Spiel und damit die regionale Versorgungs- und Ernährungssicherung“ sagt Peter Haarbeck, Geschäftsführer des Verbandes der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft VGMS in Berlin.

Özdemirs Pläne "weltfremd und kontraproduktiv"

Die Vorstellung von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, die heimische Landwirtschaft von synthetischen Düngern und Pflanzenschutzmitteln unabhängiger zu machen und so vom volatilen Weltmarkt abzukoppeln, ist weltfremd und kontraproduktiv. Im weitgehend deregulierten Getreidemarkt werden die Preise für Getreide an den Börsen weltweit gemacht, dabei spielen die Kosten im Ackerbau so gut wie keine Rolle, erklärt Haarbeck. Die Extensivierung des Getreidebaus in Deutschland führt seiner Überzeugung nach im Gegenteil zu einem größeren Importbedarf und zu mehr Abhängigkeit vom Weltmarkt.

„Deutschland kann stolz auf seine Ackerbauern sein“ sagt Peter Haarbeck, „die Landwirte haben Deutschland über die vergangenen Jahrzehnte zu einem der besten Getreidestandorte in der Welt gemacht. Jetzt gilt es den Blick auf die Sicherung der heimischen Versorgung zu legen: Eine gute Getreideernte ist der beste Weg, die Ernährungsversorgung krisenfest zu machen. Die Mühlen setzen darauf, sich auch in den nächsten Jahrzehnten aus der heimischen Landwirtschaft zu versorgen. Sie sind nicht daran interessiert, am Weltmarkt einkaufen zu müssen.“

Haarbeck weiter: „Und ja Minister Özdemir, die Lebensmittelpreise bleiben ein Inflationstreiber, besonders dann, wenn wir auf mineralische Dünger und Pflanzenschutzmittel verzichten. Ohne ausreichenden Pflanzenschutz und ohne bedarfsgerechte Düngung werden Erträge und Getreidequalitäten fehlen. Geringes Angebot bei hoher Nachfrage führt zu hohen Preisen!“

Backqualität über Sorten regeln ist nicht einfach erfüllbar

Auch die Idee der Bundesregierung, Backweizenqualität neu zu denken und mit weniger Protein zu backen, kommt in der Praxis rasch an Grenzen. Dazu erklärt Peter Haarbeck: „Die Vorstellung, Backqualität vermehrt über Sorten zu regeln, ist nicht einfach erfüllbar. Auch die Getreidesorten, die mit niedrigeren Proteingehalten dennoch gute Backeigenschaften aufweisen, müssen ausreichend gedüngt und konsequent gesund erhalten werden. Zudem ist eine sortenreine Erfassung vom Getreidehandel insbesondere bei so chaotischen Ernten wie heuer nicht leistbar.“

Das alles zeigt: Die Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit liegen in der Wertschöpfungskette selbst, liegen in Landwirtschaft, Müllerei und Bäckerei. Die Unternehmerinnen und Unternehmer brauchen flexible Vorgaben und Rahmenbedingungen, um die Getreidewertschöpfungskette krisen- und klimafest zu machen: Lösungen vorgeben ist keine Lösung! Sonst bleibt die Ernte ein „staatliches Lotteriespiel“!

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Qualitätsprobleme und Erlöseinbrüche in Sachsen – Teuerste Ernte seit Jahrzehnten

„Kann ich den Weizen noch als Qualitätsweizen verkaufen oder ist es schon Futterweizen? Was mache ich mit dem ins Lager gegangenen Raps?“: Das sind laut Sachsens Bauernpräsident Torsten Krawczyk Fragen, die sich die Landwirte oft stellen.

Am Freitag informierte der Landwirt zusammen mit Staatsminister Wolfram Günther auf der Agrarhof Gospersgrün e.G. über die vergangene Ernte. Der Getreideertrag in Sachsen liegt laut Statistischem Bundesamt bei schätzungsweise 68,0 dt/ha und damit 2,6 dt/ha über dem Vorjahreswert. In Hinblick zum sechsjährigen Mittel sind es 1,1 dt/ha mehr. Der Bundesdurchschnitt liegt mit 67,9 dt/ha auf dem für Sachsen geschätzten Niveau.

Alles was vor dem Regen geerntet wurde, weist noch die besseren Erträge und Qualitäten auf. Die ab Mitte Juli zu erntenden Getreidekulturen sowie der Raps zeigen dagegen deutliche Qualitätsdefizite. Hier haben sich der permanente Niederschlag, der oft böige Wind sowie die kühlen Temperaturen negativ ausgewirkt, berichtete Krawczyk.

Kostenexplosion

Auch 2023 sei in vieler Hinsicht ein herausforderndes Jahr für die Betriebe. Sie müssten gestiegene Kosten infolge des Ukrainekrieges durch höhere Erlöse auffangen. Gleichzeitig schwanken die Erzeugerpreise zum Beispiel für Getreide und gehen in der Tendenz zurück.

Krawczyk sprach von der teuersten Ernte im Feld seit Jahrzehnten. Die Betriebskosten spielten eine nicht unwesentliche Rolle bei der Erzeugung hochwertiger Nahrungs- und Futtermittel. So waren die Kosten für sämtliche Dünge- und Pflanzenschutzmittel, für das Saatgut, die Energie und Kraftstoffe in bisher ungeahnte Höhen gestiegen.

Neben den zum Vorjahr schon gefallenen Erlösen kommt aufgrund der schlechten Qualitäten ein weiterer Preisabschlag hinzu. Insgesamt wird das zu deutlichen Erlösverlusten von 20 – 30 % führen, vereinzelt auch noch höher.

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