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Strukturschäden unter Grünland: Vorsorge ist besser als Nachsorge

Die Böden sind eigentlich zu nass, aber das Gras muss ab. Neue Untersuchungen zeigen, wie verbreitet Strukturschäden im Boden unter Grünland in NRW mittlerweile sind. Viel zu häufig fehlt auch Kalk.

Lesezeit: 7 Minuten

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".

Starkregen und Dürren haben es in den vergangenen Jahren deutlich gezeigt: Bodenschadverdichtungen unter Grünland wirken sich negativ auf das Ertragpotenzial aus – gerade unter diesen ungünstigen Witterungsbedingungen. Doch Bodenschäden lassen sich durch ein stabiles Bodengefüge und vorsichtiges Befahren häufig vermeiden. Sind sie doch entstanden, greifen einige Landwirte zum Tiefenlockerer. Der hilft aber nicht immer.

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Der Wert des Grünlandes wird häufig unterschätzt: Mit 28% der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Nordrhein-Westfalen ist Dauergrünland die wichtigste Kultur in unserer Region. Auf sehr unterschiedlichen Standorten bietet es die Grundlage für verschiedene Wertschöpfungsketten, die ohne das Gras als Grundfutter nicht oder kaum funktionieren würden.

Aus futterbaulichen und nicht ­zuletzt betriebswirtschaftlichen Gründen nutzen Landwirte das Grünland vermehrt sehr intensiv. Im Zuge dessen ist ein immer häufigeres Befahren mit schlagkräftigen Maschinen nötig. Diese bringen hohe Lasten auf die Grasnarbe und in den Boden. In diesem Zusammenhang tritt ein Problem in den Vordergrund: Bodenschadverdichtungen von Grünlandböden.

Während aus dem Ackerbau schadhaft verdichtete Böden ein bekanntes Problem darstellen, ­findet dieses Thema im Grünland bisher eher wenig Beachtung. Unter Druck und Scherung können sich Bodenteilchen aber auch ­unter Grünland verschieben – es entsteht ein nachhaltiger Boden­gefügeschaden. Eine Verdichtung des Bodens wird dann zur Bodenschadverdichtung, wenn das Porenvolumen so stark komprimiert ist, dass die Bodenfunktionen beeinträchtigt sind. Die Folgen dieser nachteiligen Bodenentwicklung sind eine gesunkene Ertragsfähigkeit und insbesondere in trockenen Jahren eine stark verminderte Ertragssicherheit.

Doch wie verbreitet ist dieses Problem schon und welche Möglichkeiten zur Melioration, also unter anderem zum Verbessern der Boden­struktur und Nährstoffverfügbarkeit, gibt es?

Bodenzustand in NRW

Um den Bodenzustand des Dauergrünlands in NRW vor allem im Hinblick auf Bodenschadverdichtungen zu untersuchen, bearbeitet der Fachbereich Agrarwirtschaft der Fachhochschule Südwestfalen seit 2018 das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Grünlandwirtschaft in der Mittelgebirgs­region in Nordrhein-Westfalen: Ressourceneffizienz und mögliche Wirkungen von Bodenschadverdichtungen“. Inzwischen wurden über 100 Flächen von mehr als 30 Betrieben einer Status-quo-Erhebung unterzogen.

Dabei kamen verschiedenste Messkriterien (Eindringwiderstand, Bestimmungsschlüssel zur Erkennung und Bewertung von Bodenschadverdichtungen im Feld nach Weyer und Böddinghaus 2016, Untersuchungen ungestörter Bodenproben usw.) zum Einsatz. Um auch Kenntnisse über die konkrete Bewirt­schaftung der Dauergrünlandflächen zu erhalten, haben die Bewirtschafter vorab Fragen unter anderem zum Betriebssystem, zur Beweidung und zum Maschineneinsatz auf der Fläche beantwortet.

Der flächige Eindringwiderstand wird mittels elektronischem Penetrologger gemessen. Ist der Boden schadverdichtet, weist er bei einem Skelettanteil von <10% und einer nutzbaren Feldkapazität von mehr als 80% einen Eindring­widerstand von >2,5 Megapascal (MPa) in der Untersuchungstiefe von 0 bis 80 cm auf.

Nur ein Drittel ohne Befund

Insgesamt zeigen die Ergebnisse: Annähernd 40% der untersuchten, meist intensiv genutzten, Dauer­grünlandböden weisen Bodenschadverdichtungen auf, etwa 25% der Flächen zeigen leicht ­erhöhte Bodendichtlagerungen. Auf 35% der Flächen sind keine Hinweise auf Verdichtungserschei­nungen vorzufinden.

Über alle Bewirtschaftungssysteme hinweg ist jedoch zu beobachten, dass das ausreichende Versorgen der Böden mit Kalk scheinbar ein grundsätzliches Problem der Grünland­bewirtschaftung ist: Über 60% der untersuchten Standorte weisen eine – teils deutliche – Bodenversauerung auf. Nur knapp 30% der Standorte liegen bei der pH-Wert-Versorgungsstufe in der anzustrebenden Klasse C.

Eine ausreichende Kalkversorgung ist essenziell für die Boden­gesundheit, ein an die Bodenart und den vorliegenden Humusgehalt angepasster pH-Wert ist entscheidend für ein stabiles Bodengefüge. Außerdem vermindert sich bei mangelhafter Kalkversorgung die Basensättigung. H+ und Al3+ ­ersetzen dann Ca2+ und Mg2+ am Bodenaustauscher. Dadurch bedingt zerfallen die Aggregate in ­ihre Grundbestandteile, sie gehen von Aggregatgefügeformen in ungünstige Bodengefügeformen über.

Neben der mangelnden Aggregierung des Bodengefüges sind die Konsequenzen eines zu niedrigen pH-Wertes: Verdichtung und Verschlämmung des Bodens.

Eine durch das Kalken verbesserte Belegung der Bodenaustauscher mit Ca2+ und Mg2+ (Basensättigung) erhöht die Stabilität der Boden­aggregate (Grafik unten). Die durchgeführte Untersuchung und der dazu vorliegende Betriebssystem-Fragebogen zeigen auf, dass auf vielen Betrieben Kalkungskonzepte fehlen oder Landwirte das Kalken aufgrund ökonomischer Parameter häufig vernachlässigen.

Tiefenlockerer im Gras?

Zusätzlich tauchen Tiefenlockerungsgeräte inzwischen häufiger nicht mehr nur noch auf dem Acker auf, sondern werden auch für verdichtete Grünlandböden empfohlen. Dabei ähnelt sich der Aufbau der Geräte aus Acker und Grünland insofern, dass starre Tiefenmeißel an einem Trägerrahmen angebracht sind, die eine Unter­boden­lockerung bis 60 oder sogar 80 cm Tiefe ermöglichen sollen.

Im Dauergrünland sind jedoch kein Durchmischen des Oberbodens, Zerstören der Grasnarbe oder Verunreinigen des Bestandes mit aufgeworfener Erde gewünscht. Aus diesem Grund sind Scheibenseche vor dem Meißel- bzw. Lockerungsschar angebracht, die die Narbe einschneiden und ein Aufbrechen verhindern sollen. Eine nachgelagerte Glattwalze ebnet den wellenförmig angehobenen Boden ein und verspricht eine ausreichende Rückverfestigung. Bisher sind diese Maschinen noch relativ wenig verbreitet, weshalb es an Know-how und Langzeiterfahrung über die Wirkung fehlt.

Der Literatur ist zu entnehmen, dass aufgelockerte Böden stark beeinträchtigt sind und instabile Gefügestrukturen aufweisen, bei denen erneute Gewichtsbelastungen den Meliorationserfolg aufheben und im schlimmsten Fall sogar noch stärkere Bodenschadverdichtungen hervorrufen.

Daher gilt es, das Befahren nach ­einer Maßnahme möglichst zu vermeiden. Außerdem darf das Tiefenlockern nur bei absoluter Bodentrockenheit in der gesamten Bearbeitungstiefe stattfinden. Das Problem: Trocken genug ist es in einigen Jahren (wie 2023) über das gesamte Jahr nicht, in anderen Jahren nur im Sommer. Hier ist die Zeit zwischen den Grasernten jedoch unter Umständen kurz und gleichzeitig müssen Dünge- und Pflegemaßnahmen erfolgen.

Dass diese kurze Zeit der Regeneration für Grünlandboden nicht immer ausreicht, zeigt die Grafik oben eindrucksvoll: In der gesamten Untersuchungs- und Bearbeitungstiefe des Tiefenlockerers (subsoilers) liegen die gemessenen Eindringwiderstände in den Boden teils deutlich über denen der Nullparzelle. Die Gespräche mit Betriebsleitern bestätigten dabei häufig die These, dass die Tiefenlockerung im Herbst, Winter oder dem zeitigen Frühjahr durchgeführt wurde. Diese tendenziell nasseren Monate sind aus bodenphysikalischer Sicht die ungünstigsten Zeiträume für eine Tiefenlockerung von (Grünland-)Böden.

Um den Zusammenhang zwischen Tiefenlockerer-Einsätzen und Schadverdichtungen weiter zu bekräftigen oder auch zu widerlegen, bedarf es jedoch weiterer Untersuchungen mit einem deutlich höheren Stichprobenumfang.

Auch Tiere können schaden

Schadhafte Bodenverdichtungen in nordrhein-westfälischen Grünlandböden sind alarmierende Übernutzungssymptome und mit den bekannten Ergebnissen aus dem Ackerbau vergleichbar. Flächen mit extensiverer Nutzung sind weniger von bewirtschaftungsbedingten Bodenverdichtungen betroffen und gelten häufiger als unbelastet. Neben dem häufigen Befahren mit schweren Maschinen wirkt sich aber auch die intensive Beweidung negativ auf die Bodenstruktur aus. Besonders feuchte Standorte müssen entsprechend der aktuellen Bodenfeuchte, meist aber deutlich extensiver, bewirtschaftet werden.

Vorsorgen und reparieren

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Vorsorge von Bodenschadverdichtungen immer das erste Ziel sein sollte. Der einfachste Weg ist es, Symptome wie das vermehrte Auftreten von Zeigerpflanzen (wie die jährige Rispe Poa annua), strahlenlose Kamille (Matricaria discoidea), Flechtstraußgras (Agrostis stolonifera L.), Hirtentäschelkraut (Capsella), Vogelknöterich (Polygonum aviculare) und Breitwegerich (Plantago major) rechtzeitig und ­richtig zu deuten und die Bewirtschaftungsweise dementsprechend anzupassen.

Auch können praxisnahe Bestimmungsschlüssel, wie der zur Erkennung und Bewertung von Bodenschadverdichtungen im Feld nach Weyer und Boeddinghaus auf Grundlage einer modifizierten Spatendiagnose Aufschluss über den Bodenzustand einer Fläche geben.

Eine Patentlösung für die Melioration schadverdichteter Grünlandböden gibt es hingegen nicht. Hier bietet es sich an, viele Maßnahmen zu kombinieren, um den Standort nachhaltig bodenschützend zu sanieren. Erste Maßnahmen sollten hier die standortangepasste Kalkung versauerter Standorte in Kombination mit Humusaufbau sein. Dies führt neben der Verbesserung und Stabilisierung des Bodengefüges auch zu mehr Bodenleben. Der Regenwurm wiederum sorgt durch das Anlegen seiner Gänge zu einer natürlichen Bodenlockerung. Im Optimalfall stabilisieren Pflanzenwurzeln diese Gänge direkt, sodass die Lockerung auch nachhaltig ist.

Eine umfassende Grünlanderneuerung mit integrierter Tiefenlockerung sollte nur in absoluten Ausnahmefällen und wohl überlegt stattfinden. Neben der zeit- und kostenintensiven Durchführung spielt hier besonders das Zerstören der Altnarbe und des Bodengefüges eine übergeordnete Rolle. Da­rüber hinaus führt eine Bodenlockerung zur Oxidation des Bodenkohlenstoffs, also zu Humusabbau.

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