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Praxis-Studie

Zwischenfruchtmischungen verbessern langfristig die Bodenfruchtbarkeit

Wie das Zusammenspiel von Pflanzen, Boden und Mikroorganismen bei Zwischenfrüchten funktioniert, zeigen Ergebnisse eines neunjährigen Forschungsprojektes.

Lesezeit: 7 Minuten

Unsere Autoren: Dr. Norman Gentsch, Universität Hannover, Dr. Diana Heuermann, IPK, Gatersleben, Prof. Dr. Barbara Reinhold-Hurek, Universität Bremen, Robin Kümmerer & Jonas Schön, HS Weihenstephan Triesdorf, Dr. Matthias Westerschulte, DSV, Lippstadt

Dass der Zwischenfruchtanbau vielfältige positive Effekte mit sich bringt, ist unstrittig. Dennoch besteht nach wie vor viel Forschungsbedarf zu dem Thema. Das neunjährige Projekt CATCHY brachte spannende und teils unerwartete Ergebnisse, die jedoch auch viele neue Fragen aufwarfen.

Das Projekt auf einen Blick

Fruchtfolge: A) Winterweizen, Zwischenfrucht, Silomais. B) Winterweizen, Zwischenfrucht, Silomais, Winterweizen, Zwischenfrucht, Ackerbohne

Versuchsvarianten: Brache, Gelbsenf, Alexandrinerklee, Phacelia, Rauhafer, Mix4 (Gelbsenf, Alexandrinerklee, Phacelia, Rauhafer), Mix12 (Felderbse, Sorghum, Phacelia, Öllein, Pannonische Wicke, Rettich, Ramtillkraut, Sonnenblume, Leindotter, Perserklee, Schwedenklee, Inkarnatklee)

Versuchsstandorte: Asendorf (Niedersachsen) und Triesdorf (Bayern)

Forschungsverbund: BonaRes (https://www.bonares.de/)

Förderdauer: 2015 bis 2024

Wir stehen am Anfang einer neuen Sichtweise auf den Zwischenfruchtanbau. Denn dieser ist mehr als nur eine Maßnahme zur Reduzierung von Bodenerosion und Nährstoffausträgen. Es handelt sich um ein multifunktionales Werkzeug, um Prozesse im Boden zielgerichtet zu beeinflussen.

Vielfältigkeit bringt Vorteile

Ökosystemstudien konnten nachweisen, dass mit steigender Zahl an Pflanzenarten in natürlichen Habitaten Stoffkreisläufe, Wasserund Energieflüsse effizienter werden. Gleichzeitig sinkt der Schädlings- und Krankheitsdruck und die C-Sequestrierung nimmt zu. Biodiversität ist also der Schlüssel zu multifunktionalen und damit resilienten Ökosystemen.

Mit Zwischenfrüchten lassen sich solche auf Biodiversität beruhenden Funktionen auch in den Ackerbau integrieren. Vor diesem Hintergrund stand zu Projektbeginn die Hypothese, dass biodiverse Zwischenfruchtmischungen möglicherweise Reinsaaten überlegen sein könnten. Durch gezielte Kombination von Pflanzenarten mit genetischer Diversität und damit Unterschieden in Morphologie, Nährstoffanforderungen und Biomassequalitäten sollten Mischungen entstehen mit dem Ziel, die positiven Funktionen des Zwischenfruchtanbaus zu maximieren.

Ergebnisse

Die Zwischenfruchtvarianten (Reinsaaten sowie Mischungen) zeigten keine statistisch signifikanten Unterschiede im Ertrag der Sprossbiomasse. Lediglich der Klee entwickelte nur etwa die Hälfte der Biomasse der anderen Varianten. Die Biomasseerträge der Mischungen waren jedoch über die Jahre stabiler als die der Reinsaaten und unterlagen weniger witterungsbedingten Schwankungen.

Überlegenheit zeigten Mischungen besonders bei der Entwicklung der Wurzeln. Zwischen 1,3 und 3,9 t/ha mehr Wurzelbiomasse wurde in Mix4 im Vergleich zu den Reinsaaten gemessen. Einen weiteren Vorteil lieferten Mischungen in ihrer Nährstoffanreicherung in Spross und Wurzel.

Typischerweise zeigen Pflanzenarten spezifische Nährstoffprofile, indem sie sich bestimmte Nährstoffe in höherem Maße aneignen, andere wiederum in geringerer Menge. Mischungen führten daher zu ausgewogeneren Nährstoffverhältnissen in Spross und Wurzel und zur Maximierung der Menge und des Spektrums der aufgenommenen Nährstoffe.

Ausbalancierte Nährstoffverhältnisse

Wichtig sind ausbalancierte Nährstoffverhältnisse besonders für die mikrobielle Zersetzergemeinschaft und damit für die Geschwindigkeit der Zersetzung und Nährstofffreisetzung.

Das C:N-Verhältnis ist hierbei besonders entscheidend. Je enger, desto schneller werden Streustoffe umgesetzt und Nährstoffe mineralisiert. Experimente zeigten, dass P, K, Ca, Fe und Al gleichfalls wichtig für mikrobielle Stoffumsätze sind. Ausgeglichene Elementverhältnisse in der Zwischenfruchtbiomasse führten bei deren Zersetzung zu einer größeren und vielfältigeren mikrobiellen Biomasse. Die effizientere Zersetzung spiegelt sich im Bodennährstoffpool und im Nährstoffübertrag an die Folgekultur wider.

Substanzen an den Wurzeln

Doch nicht nur die Streuqualität, auch die direkte Abgabe von Substanzen in den Wurzelraum wird von Zwischenfrüchten entscheidend beeinflusst. Pflanzen geben als Wurzelexsudate eine komplexe Mischung an unterschiedlichen Substanzen in die Rhizosphäre ab.

Darin enthalten sein können z. B. Kohlenhydrate, Proteine, organische Säuren, Aminosäuren, Hormone, Vitamine, Enzyme u. v. m. Diese dienen u. a. zur direkten Nährstoffmobilisierung, zur Kommunikation mit Mikroben, als deren Nahrungsquelle, können aber auch antimikrobielle Substanzen enthalten.

Am Beispiel der Reinsaaten Senf, Klee, Rauhafer und Phacelia wurden die Profile der Sekundärmetabolite (Ausscheidungen der Wurzel) in der Rhizosphäre untersucht. Bis zu 600 verschiedene Substanzen waren in der Rhizosphäre nachzuweisen, von denen jedoch nur ein Bruchteil in ihrer chemischen Gestalt und Funktion überhaupt bekannt ist.

Das Interessanteste dabei: Jede Pflanzenart wies ein ganz spezifisches Metabolitprofil auf, über das sie mit dem Boden und den Bodenlebewesen in Kontakt tritt. Das bedeutet, bei einer Kombination unterschiedlicher Pflanzenarten erhält man nicht nur eine Mischung an Nährstoffen in Spross und Wurzelmasse, sondern auch eine Mischung der Wurzelexsudate.

Photosyntheseleistungen

Wie effizient wandeln Zwischenfrüchte CO2 aus der Atmosphäre in Photosyntheseprodukte um und stellen sie für mikrobielle Prozesse im Boden zur Verfügung? Auch hier steigen die Werte mit der Zahl der Arten.

Mischungen zeigten eine höhere Photosyntheseleistung und Transport von -produkten in die Rhizosphäre. Dort nährten sie die mikrobielle Gemeinschaft.

Als Konsequenz stiegen die Menge der mikrobiellen Biomasse und deren Aktivität unter Mischungen im Vergleich zu Reinsaaten an. Hauptsächlich die Bodenpilze, die besonders für die Strukturbildung im Boden verantwortlich sind, profitieren von den Mischungen.

Mikrobielle Fingerabdrücke

Pflanzen beeinflussen die mikrobielle Gemeinschaft im Boden direkt über die Qualität ihrer Streu und durch ihre Wurzelexsudate. Indirekte Einflüsse üben Pflanzen über Veränderung von Bodenparametern wie z. B. pH-Wert, Wasserhaushalt oder Sauerstoffverfügbarkeit aus.

Die mikrobiellen Fingerabdrücke von Zwischenfrüchten wurden in Proben des wurzelfreien Bodens, im Rhizophärenboden und in den Wurzeln von Zwischenfrüchten und der Folgekulturen mittels Sequenzierung des genetischen Materials untersucht. Dabei zeigte sich deutlich, dass die Wurzeln der einzelnen Pflanzenarten von unterschiedlichen Mikroorganismen besiedelt werden.

Ein Großteil der Mikroben ließ sich an allen Zwischenfruchtarten wiederfinden. Doch es gab spezifische Organismen, die nur zusammen mit bestimmten Pflanzenarten auftraten. Jede Zwischenfrucht hinterlässt also eine bestimmte mikrobielle Gemeinschaft im Boden. Je höher die mikrobielle Diversität ist, desto vielfältiger sind die Gruppen von Mikroorganismen, aus denen die Pflanzen wählen können.

Besonders nach Mix12 wurden in Maiswurzeln Bakteriengemeinschaften mit positivem Einfluss auf den Stickstoffkreislauf gemessen. Insgesamt waren aber auch in den Reinsaaten (besonders Phacelia) Mikrobengemeinschaften mit Funktionen zur Nährstoffmobilisierung, als Biokontrollmittel gegen Schaderreger, Schadinsekten oder Nematoden zu finden, was nach der Brache nicht der Fall war.

Zwischenfrüchte aktivieren die „mikrobielle C-Pumpe”

Humusaufbau und die Erhöhung der Corg-Gehalte im Boden sind stark davon abhängig, wie effizient die mikrobielle Gemeinschaft Einträge über Spross und Wurzel der Zwischenfrüchte nutzt. Für den Humusaufbau ist nicht ein maximaler C-Gehalt in der Zwischenfrucht entscheidend, sondern das richtige Verhältnis von C zu N, P oder K.

Hier zeigte sich, dass besonders Mix12 und Klee sehr effizient die „mikrobielle C-Pumpe“ aktivierten und den Corg-Transfer in den Humuskörper erhöhten. Doch auch alle anderen Varianten führten im Vergleich zur Brache zum Humusaufbau. Die abschließende Corg-Inventur ist noch in Arbeit.

Da die Bodenstruktur stark vom Humusgehalt, der Durchwurzelungsintensität und der Bodenorganismentätigkeit abhängt, fanden sich auch hier positive Zusammenhänge. Zwischenfrüchte trugen zur Bildung größerer Bodenaggregate bei und steigerten deren Stabilität im Mittel um 13 %. Dabei waren Mischungen im Schnitt etwa 6 % effektiver als Reinsaaten. Durch die Verbesserung der Bodenstruktur und des Humusgehalts veränderte sich langfristig auch die Wasserverfügbarkeit für die Folgekulturen.

Ertragseffekte und Wirtschaftlichkeit

Letztlich sind in der Praxis die Auswirkungen der Zwischenfrüchte auf die Erträge der Hauptkulturen und die Wirtschaftlichkeit entscheidend. Über alle Versuchsjahre und Standorte erzielte Silomais nach Zwischenfrüchten einen Mehrertrag gegenüber der Brache von durchschnittlich 0,8 %. Mais, der nach Zwischenfruchtmischungen angebaut wurde, brachte im Mittel 1,1 % höhere Erträge als Mais, der nach Reinsaaten stand.

Winterweizen als zweite Hauptkultur nach der Zwischenfrucht zeigte Ertragssteigerungen zwischen 1 und 4 % gegenüber der Brache. Auch hier lagen die Mischungen etwas höher. Selbst wenn diese Ertragssteigerungen eher gering erscheinen, zeigen unsere Ergebnisse, dass die vielen Vorteile des Zwischenfruchtanbaus genutzt werden können, ohne Ertragseinbußen hinnehmen zu müssen.

Besondere Stärken spielte der Zwischenfruchtanbau in Trockenjahren aus. In den Jahren 2018, 2019 und 2020, in denen Silomais deutlich unter Wassermangel litt, stieg der Ertrag nach Zwischenfrüchten im Mittel um 11 % gegenüber der Brache.

Bei der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit unter Einbezug aller für einen Produktionsverfahrensvergleich relevanten Leistungen und Kosten stellte sich der Zwischenfruchtanbau als eine sinnvolle ökonomische Entscheidung dar. Den größten Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit hatten die Ertragssteigerung sowie die Einsparung von Düngemitteln bei der Folgefrucht. Auch der CO2-Fußabdruck des Anbausystems kann durch die Integration von Zwischenfrüchten in die Fruchtfolge gesenkt werden.

Fazit

Zwischenfruchtmischungen sind nicht zwangsläufig in jeder Funktion den entsprechend besten Einzelkomponenten in Reinsaaten überlegen. Oftmals messen wir nur geringe Unterschiede, die statistisch nicht immer absicherbar sind. In der Summe jedoch ergeben viele kleine Effekte einen großen und lassen sich als Multifunktionalität beschreiben.

Eine gezielte Kombination von Zwischenfruchtarten kann sich als ein nachhaltiges und ökonomisch sinnvolles Werkzeug zur Optimierung der Stoffkreisläufe im System Pflanze-Boden-Mikrobiom etablieren. Doch bis zu einer gezielten Beeinflussung des Bodenmikrobioms durch Zwischenfrüchte („Bioengineering“) und der damit angestrebten Verbesserung von Ertrag und Qualität ist es noch ein langer Weg. Dazu braucht es weitere umfangreiche Studien.

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