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600 ha Sommerungen

So anders ist die Landwirtschaft in Finnland

Was macht die Landwirtschaft in Finnland besonders? Wir haben Familie Rehnberg besucht, die uns hinter die Kulissen ihres Betriebes blicken ließ.

Lesezeit: 5 Minuten

Gustav Rehnberg bewirtschaftet südwestlich von Helsinki einen ökologischen Ackerbaubetrieb. Sein Sohn Axel studiert zurzeit noch Landwirtschaft und unterstützt in der freien Zeit seinen Vater.

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Der Betrieb bewirtschaftet 600 ha Ackerflächen unter anderem mit den Kulturen, Roggen, Bohnen, Erbsen, Hafer, Kleesaatgut und Silage. Hauptsächlich baut der Landwirt Sommerungen an. Winterungen würden in den langen und harten Wintern mit weniger als -30°C auswintern. Deshalb baut der Betrieb auch keinen Raps an.

Mais ist in Finnland ebenfalls eine Seltenheit. Die Saison geht lediglich von Mai bis August. Probleme bereiten den Finnen immer häufiger vorkommende Wetterextreme. In diesem Jahr war es ebenfalls deutlich nasser.

Wenig Maschinen

Die technische Ausstattung des Hofes ist übersichtlich. Insgesamt hat Rehnberg vier Valtra-Traktoren (T214, T194, zwei N174 mit Frontlader). Als wichtige Anbaugeräte sind ein Fünfschar-Kverneland-Pflug, eine 6,5 m Väderstad Carrier-Kurscheibenegge und eine 4 m breite Väderstad Rapid-Sämaschine zu nennen.

Striegel oder Hacke hat der Landwirt nicht. Vor der Aussaat pflügt Gustav Rehnberg den Acker und bearbeitet diesen anschließend zwei- bis fünfmal mit der Carrier. Dann folgt die Aussaat.

Unkraut macht dem Unternehmen allmählich mehr Probleme, sodass er über einen Striegel nachdenkt. Doch Sohn Axel ist nicht von der ökologischen Bewirtschaftung überzeugt. Er möchte den Betrieb gerne wieder auf eine konventionelle Form umstellen. Die Ernte erledigt Gustav Rehnberg selbst mit einem Claas Lexion 480.

Insgesamt gibt es in Finnland etwa 2,4 Mio. ha landwirtschaftliche Fläche. Davon werden ca. 10 % ökologisch bewirtschaftet. Da der Ertrag mit 3 t/ha im Norden des Landes und mit 4 t/ha im Süden etwa halb so hoch ist, wie bei den konventionellen Betrieben, sind auch nur etwa 5 % der landwirtschaftlichen Produkte Bio.

Der Bereich hat durchgehend eine Steigerung erfahren, doch im letzten Jahr war der Biomarkt rückläufig, sodass auch die Preise deutlich geringer geworden sind. Zusätzlich gibt es zur EU-Förderung für Öko-Betriebe auch eine separate, finnische Förderung.

Strukturwandel in Finnland

Nach einem Krieg mit Russland im Jahr 1939/40 musste Finnland aus verlorenen Gebieten viele Menschen evakuieren. Diese siedelte die Regierung nicht in großen Städten an, sondern in ländlichen Regionen. Große Betriebe mussten den Geflüchteten einige Hektar Land abgeben, sodass sich diese selbst versorgen konnten.

Damals waren es ca. 300.000 landwirtschaftliche Betriebe. In den 1990er Jahren waren noch etwa die Hälfte der Landwirte aktiv. Jetzt sind noch 50.000 Betriebe übrig.

Der Strukturwandel geht laut Gustav Rehnberg weiter. Die Gesetze seien einfach nur noch „Wahnsinn“. Aufgrund der vielen Paragraphen und Kontrollen hat er selbst vor 10 Jahren die Milchviehhaltung aufgegeben. Die Silage auf seinem Betrieb presst er selbst mit einer McHale-Presse und verkauft sie an seinen Nachbarn.

Grundsätzlich sind in Finnland viele Familienbetriebe aktiv. Mitarbeiter lassen sich kaum finden. So sind 2/3 der Milchviehbetriebe auch mit Melkroboter und weiteren technischen Hilfen ausgestattet.

Im Schnitt pachten die Landwirte etwa 40 % ihrer Fläche. Die Pachtpreise liegen bei etwa 350 €. In Veredlungsregionen auch bis 600 €. Die Erträge sind allerdings geringer als in Deutschland. Kaufpreise für Acker liegen bei etwa 10.000 €. Zurzeit gehen bei Rehnberg Anfragen über langjährige Verpachtungen für Photovoltaik-Anlagen ein. Dabei bieten ihm die Investoren 1.500 €/ha bei einer Fläche von 100 ha über 40 Jahre hinweg. Der Landwirt ist solchen Angeboten gegenüber jedoch skeptisch gestimmt.

Wald ist wichtig

In Finnland gibt es etwa zehnmal soviel Wald, wie landwirtschaftliche Fläche. Ein Hektar Wald kostet etwa 5.000 €. Gustav Rehnberg bewirtschaftet 1.200 ha Wald. Der Zuwachs beträgt ihm zufolge etwa 5 m³/ha im Jahr. Das wäre etwa die Hälfte wie in Deutschland. Vorwiegend finden sich Schwachgehölze wie Fichte, Kiefer und Birken. Im Jahr lässt Rehnberg etwa 5.000 m³ ernten. Da ein Harvester im Jahr eine Kapazität von etwa 80.000 m³ hat, bestellt der Landwirt für diese Arbeiten einen Lohnunternehmer. Die Holzpreise sind auch in Finnland seit dem Frühjahr für Bauholz von 80 €/m³ auf 30 bis 40 €/m³ gefallen.

Viele Landwirte setzten bei ihrer Heizung auf Hackschnitzel um Holzreste ordentlich zu verwerten. Kritisch sieht der Landwirt die grüne, politische Bewegung. In Finnland wird etwa 70 % des Waldzuwachses geerntet. Den „Grünen“ sei das aber deutlich zu viel. Die Hälfte von Rehnbergs Bäumen steht zudem auf Torf, welcher häufig drainiert ist. Die Drainagen möchten manche politische Lager jedoch zurückbauen und die Flächen wieder vernässen.

Sammelkrankheit

Eine Besonderheit auf dem Betrieb Rehnberg ist das eigene, private Museum. Gustavs Vater hat in den 1970er Jahren angefangen, alte Schlepper zu sammeln. Damals konnte er die Maschinen noch sehr günstig erwerben, da sie zu der Zeit noch als Schrott galten.

Gustav Rehnberg bezeichnet seinen Vater als sammelkrank. Heute umfasst die Sammlung etwa 120 Traktoren von 45 Herstellern und verschiedenste weitere landwirtschaftliche Gerätschaften. Der älteste Schlepper ist ein International von 1922. Die Geräte stehen in einer extra gebauten Halle sowie im alten Kuhstall. Hier steht auch ein ganz besonderer Schlepper von Valtra bzw. Valmet. Ein dreiachsiger Traktor mit 140 PS und 6,6l Hubraum. In Sachen Leistung also die historische Vorgängerserie der heutigen S-Serie von Valtra.

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