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Rindfleisch aus Haltungsformstufe 2 oder 3: Rechnet sich das für die Mäster?

Wegen der hohen Inflation entwickelt sich das Angebot von Rindfleisch aus höheren Haltungsformen langsamer als erwartet. Ob sich für Mäster die Umstellung lohnt, hängt von den Zuschlägen ab.

Lesezeit: 4 Minuten

Die vom Lebensmitteleinzelhandel (LEH) groß angekündigte Umstellung von Frischfleisch auf höhere Haltungsformen kommt bei Rindfleisch nur langsam in die Gänge. Und das auch nur bei der Haltungsformstufe 3, die Außenklima und 4 m2 Platz ab 400 kg Lebendgewicht vorschreibt.

Der Fleischverarbeiter Rasting in Nordrhein-Westfalen und Kaufland hatten seit 2020 bzw. 2021 als eine der ersten Rindfleisch aus Haltungsformstufe 3 im Angebot. Aldi Süd bietet seit November 2022 Rindfleischprodukte aus Haltungsform 3 an. Und Rewe verkauft in Bayern seit Kurzem Ochsenfleisch aus Haltungsform 3.

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Stillstand bei Haltungsform 2

Haltungsform 2 tritt hingegen auf der Stelle. Daran ändert auch die Initiative Tierwohl (ITW) Rind nichts. Sie ist im Frühjahr 2022 gestartet und entspricht Haltungsform 2. Bedeutend und erfolgreich ist bisher nur das Label Heimatrind von Müller Fleisch, das in ausgewählten Rewe-Märkten in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz verkauft wird.

Für den Stillstand von ITW Rind gibt es mehrere Gründe:

  • Wegen der hohen Inflation sparen viele Verbraucher beim Lebensmitteleinkauf. Das führt zu einem Rückgang der Nachfrage nach höherpreisigen Produkten. Folge: Der Handel fragt dieses Fleisch nur wenig nach.
  • Da seitens der Milchviehhalter wenig Interesse besteht, sich nach QM+ zertifizieren zu lassen, fehlen Schlachtkühe aus QM+, was dem ITW-Standard entspricht. Das wiederum führt dazu, dass der LEH nicht ganze Sortimentsbereiche, wie Hackfleisch, auf ITW umstellen kann. Eine teilweise Umstellung würde nicht funktionieren.
  • Der Zuschlag von derzeit 10,7 ct/kg SG für ITW-Rinder ist für viele Mäster ein zu geringer finanzieller Anreiz dafür, zumal sie sich auch auditieren und kontrollieren lassen müssen.

Daher haben sich bundesweit erst knapp 300 Mastbetriebe zu ITW Rind angemeldet. Viele von ihnen sind nur zertifiziert, ohne dass sie bisher Tiere für ITW-Programme vermarkten. Nur ein Teil hat Vereinbarungen mit Schlachtbetrieben abgeschlossen, die ITW-Rindfleisch verkaufen.

ITW-Zuschlag reicht nicht

Deshalb hat die Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung, die ITW trägt, die Frist für die verpflichtende Bereitstellung einer Scheuermöglicht in den Mastställen von 2023 auf den 1. April 2024 verschoben. Auch die für 2023 geplante Erhöhung des Zuschlags auf 12,83 ct pro kg soll erst im April 2024 kommen.

Doch auch dieser Aufschlag reicht nicht aus, um die Mehrkosten für die Mast in der Haltungsformstufe 2 zu decken, zumal dann auch die Kosten für die Scheuerbürsten zu berücksichtigen sind. Das zeigt eine Berechnung von Berater Matthias Lambers vom Bullenmast-Beratungsring Osnabrück.

0,73 €/kg Mehrkosten in Stufe 3

Lambers geht bei seiner Kalkulation von einer Buchtengröße von 20 m2 aus. Bei Haltungsformstufe 1 mit einem Mindestplatzangebot von 2,7 m2/Tier könnte ein Mäster sieben Tiere in einer Bucht halten, bei Stufe 2 mit mindestens 3,0 m2/Tier sechs und bei Stufe 3 mit mindestens 4,0 m2/Tier fünf Tiere. Das führt dazu, dass der Landwirt bei gleicher Stallfläche weniger Tiere pro Jahr vermarkten kann: statt sechs Tiere in Stufe 1, fünf in Stufe 2 und vier in Stufe 3.

Bei der Ermittlung der Deckungsbeiträge sind bei den Stufen 2 und 3 noch die Umbaukosten für den Stall (Scheuerbürste und Gummimatten) anzurechnen. Bei Stufe 3 sind zusätzlich noch die höheren Kosten für die GVO-freie Fütterung zu berücksichtigen.

In der Summe führt das bei den aktuellen Erlösen und Kosten dazu, dass der Deckungsbeitrag pro Bucht von Stufe 1 bis Stufe 3 von 1.906 € auf 672 € sinkt. Bezogen auf das kg Schlachtgewicht betragen die Mehrkosten bzw. der notwendige Zuschlag 0,17 €/kg SG in Stufe 2 und 0,73 €/kg SG in Stufe 3.

Beim Programm Heimatrind liegt der Zuschlag laut Beratern zwischen 20 und 27 ct/kg, je nach Alter der Tiere und ob GVO-frei gefüttert wird. „Wenn die 3,0 m2 pro Tier durch Herausnahme eines Tieres aus einer Bucht in einem vorhandenen Stall zu erfüllen sind, kann eine Teilnahme sinnvoll sein, zumal sich dann oft auch die Zunahmen und die Tiergesundheit verbessern“, rät Ulrich Kühnlein vom Beratungsdienst Bullenmast Baden-Württemberg.

Anders sieht es bei deutlich niedrigeren Zuschlägen aus. Dann sollte man genau rechnen, ob sich der Umstieg auf ITW lohnt. „Und wenn die Zuschläge vorab nicht vertraglich vereinbart wurden, sollten Mäster nicht auf ITW umsteigen“, rät Berater Lambers.

Mit Außenklimastall in Stufe 3

Programme mit Haltungsformstufe 3 könnten für Betriebe interessant sein, die ihre Rinder bereits in Außenklimaställen halten. Denn in diesen Fällen sind in der Regel kaum Investitionen notwendig. Wenn die Betriebe dann noch wie beim Programm „Bayerischer Ochse“ von Rewe und Vion einen angemessenen Zuschlag erhalten, rechnet sich die Programmteilnahme in den meisten Fällen.

Auch für Mastbetriebe in Nordrhein-Westfalen, die 2023 die Strohprämie von 130 €/Tier und Jahr erhalten, kann der Einstieg in ein Stufe 3-Programm einen zusätzlichen wirtschaftlichen Nutzen bringen. Die Berater stellen aber auch klar: Einen neuen Stall für höhere Haltungsformstufen zu bauen, lohnt sich derzeit nicht.

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