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topplus Unternehmereigenschaften

Mit der richtigen Einstellung starten Landwirte als Betriebsleiter voll durch

Wir zeigen, was Sie sich von den besten Betriebsleitern abgucken sollten, um Ihren eigenen Betrieb nach vorne zu bringen.

Lesezeit: 9 Minuten

Dieser Artikel erschien zuerst im Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben.

Wer hat sich diese Frage auf die eine oder andere Art nicht schon einmal gestellt: Was macht mein Kollege eigentlich anders, dass es bei ihm so hervorragend läuft? Oftmals sind es vor allem die Unternehmereigenschaften, die den Unterschied machen. Das zeigt unser fiktives und vielleicht etwas überspitztes Beispiel.

Ziel vor Augen

Landwirtin Sarah Linde hat eine klare Vorstellung, wo ihr Betrieb bei der Übergabe an ihre Tochter in 10 bis 20 Jahren stehen soll. Sie setzt voll auf Milchviehhaltung, möchte aber weitere Standbeine, die wenig Arbeitszeit binden, aufbauen. Bei Milchleistung und Kraftfuttereffizienz hat sie genaue Ziele vor Augen. Daraus ergeben sich bereits für den morgigen Arbeitstag konkrete Aufgaben hinsichtlich Tiergesundheit, Melken und Fütterung. Alle Familienmitglieder und Mitarbeiter wissen, wie die einzelnen Handgriffe aussehen sollen.

Kollege Peer Leenders ist ein ganz anderer Typ. Er führt seinen Betrieb mit Ackerbau und Schweinemast eher von Woche zu Woche. Auch wenn er eine mehrjährige Fruchtfolgeplanung hat, kümmert er sich im Tagesgeschäft vor allem um die Dinge, die am meisten brennen.

Die bauliche Substanz der Wirtschaftsgebäude wird nicht besser, aber irgendwie findet Leenders nie die Zeit sich darum zu kümmern. Diese Saison wird die Trocknung wohl noch halten. Die Reparatur des Schleppers ist erst mal wichtiger. Die Erträge auf den Flächen sind mittel, der Standort auch. Da kann man nichts machen.

Prioritäten setzen

Sarah Linde war schon immer ein „Kuh-Mensch“ und möchte sich durch Weiterbildung, Beratung und Austausch mit Berufskollegen weiter verbessern. Die Außenwirtschaft hat sie komplett an ihren Nachbarn abgegeben. Linde ist rea­listisch: So gut wie der wird sie den Pflanzenbau nie hinbekommen.

Durch die Auslagerung spart sie mehrere hundert Arbeitsstunden pro Jahr und konnte ihren Maschinenpark herunterfahren. Das spart erhebliche Festkosten, wenn auch Kosten für Lohnarbeiten anfallen. Sollte der Nachbar mal ausfallen, könnte auch der Lohnunternehmer die Arbeiten übernehmen.

Sarah Linde sieht die großen Stellschrauben in der Produktionstechnik und ihrer Kostenstruktur. Daher gehört ein laufendes Controlling zur Routine, sodass sie umgehend eingreifen kann, wenn einzelne Werte ausreißen. Die Betriebsmittel kauft sie gemeinsam mit zwei Berufskollegen ein, um bessere Preise zu bekommen. Sie hat sich feste Zeitfenster für Bürotätigkeiten geblockt, denn hier geht es jährlich um fünf- bis sechsstellige Summen. Während dieser Zeit erledigen die Mitarbeiter die täglichen Hofarbeiten.

Landwirt Leenders ist es wichtig, die Dinge selbst zu machen. Ein gut ausgestatteter Maschinenpark ist ihm wichtig, um unabhängig zu bleiben. Der Lohnunternehmer kann einfach nicht so gut fahren wie er selbst. Die Flächen und deren Besonderheiten kennt sowieso niemand so gut wie er. Dann bleibt der „Papierkram“ im Büro einfach länger liegen. Papier ist geduldig und solange das Girokonto im Plus ist, läuft es ja gut. Zusammen mit der Mast ist das tägliche Arbeitspensum hoch. Den Gedanken, dass er mal ausfallen könnte, lässt Leenders gar nicht erst aufkommen. Er ist ja gesund.

Den Gedanken, dass er mal ausfallen könnte, lässt Leenders gar nicht erst aufkommen. Er ist ja gesund."
Textauszug

Freundlich bleiben

Betriebsleiterin Linde arbeitet gerne im Team. Ihr sind ein freundlicher Umgang sowie Zuverlässigkeit und Integrität wichtig, egal wie hektisch die Situation auch sein mag. Sie bildet jedes Jahr Azubis aus, hat einen guten Ruf und erhält mehr Anfragen als Plätze. Alle Mitarbeiter sind ehemalige Azubis.

Landwirt Leenders hat am liebsten die Zügel selbst in der Hand. Jeder Mensch hat Ecken und Kanten und damit müssen die Geschäftspartner einfach klarkommen. Wenn er seine Interessen vertritt, kann es auch mal laut werden. Lässt sich ein „guter Deal“ abschließen, muss dafür nun mal ein anderer verlieren. Er möchte gewinnen.

Risiko minimieren

Sarah Linde macht sich Sorgen, was ist, wenn sie oder jemand aus der Familie kurzfristig ausfallen. Ihre Mitarbeiter und ihr „Pool“ an Aushilfen lassen sie jedoch ruhig schlafen. Beim Stallbau 2012 konnte Familie Linde durch Eigenleistung und günstigen Materialeinkauf die Baukosten deutlich reduzieren. Sie setzt auf gute Leistungen und Kostendisziplin. Sinkt der Milchpreis, hat Linde dadurch einen längeren Atem als andere Betriebe. Somit sinkt das Risiko eines dauerhaften Kapitalverlustes.

Sie möchte die Milchviehhaltung in Zukunft nicht weiter vergrößern, sondern sucht arbeitsextensive Standbeine, um die Abhängigkeit von der Tierhaltung zu reduzieren. Sie könnte sich vorstellen, zukünftig Geldüberschüsse aus der Landwirtschaft beispielsweise in vermietete Wohnimmobilien, erneuerbare Energien oder sonstige Kapitalanlagen zu investieren. Die Rendite des neuen Standbeins sollte auf jeden Fall höher sein als die des Betriebs und es darf nur wenig Arbeit binden. Daran müssen sich alle weiteren Ideen messen. Linde steht mit ihren Überlegungen noch am Anfang, widmet sich diesen strategischen Themen aber bewusst jede Woche eine Stunde lang.

Linde widmet sich diesen strategischen Themen aber bewusst jede Woche eine Stunde lang."
Textauszug

Landwirt Leenders sieht seine überhöhte Kostenstruktur nicht als Risiko, sondern als notwendiges Übel an. Er ist auf deutlich höhere Produktpreise angewiesen, um seine Kosten zu decken und Gewinne zu generieren. Eine schlechte Ernte, gleichzeitig niedrige Preise oder hohe Kosten und schon können aus den Gewinnen Verluste werden. Er zieht aber gar nicht in Erwägung, seine betriebliche Tätigkeit selbstkritisch an verschiedenen Alternativen zu messen, um langfristig besser abzuschneiden. Er weiß ja, was er will. Für ihn steht nicht zur Debatte, seine Strategie zu hinterfragen, solange er finanziell halbwegs klarkommt.

Ständiges Anpassen

Lindes Kuhstall läuft bereits gut zehn Jahre und sollte dies mindestens weitere zehn Jahre tun, bis das Fremdkapital getilgt ist. Linde sieht die Entwicklungen in der „klassischen“ Landwirtschaft mit gemischten Gefühlen. Niemand weiß, wie die Tierhaltung in 10 oder 20 Jahren aussehen könnte. Das bestärkt sie, weitere, landwirtschaftsunabhängige Einkommensquellen aufzubauen.

Sie hat alles so geregelt, dass ihre Mitarbeiter sie oder sich gegenseitig auch kurzfristig vertreten können. Dementsprechend hängen beispielsweise am Melkstand und der Fütterung laminierte Bedienungsanleitungen. Über Testament, Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Kontovollmachten sowie Notfallordner sind auch die persönlichen Angelegenheiten für den Ernstfall geregelt.

Auch Leenders sieht die globalen Entwicklungen in der Landwirtschaft. Aber Umbrüche gab es in der Vergangenheit schon oft und irgendwie ging es immer weiter. Sein Credo: „Haben wir schon immer so gemacht.“ Und wenn im Stall oder auf dem Feld etwas schief geht, fällt ihm schon was ein.

Fazit

Landwirtin Sarah Linde steht bestens da. Peer Leenders hält sich mehr schlecht als recht über Wasser. Die Unterschiede zwischen ihnen liegen vor allem in der inneren Einstellung, den Glaubenssätzen und den täglichen Handlungen begründet. Es ist kein Zufall, dass ein Betrieb heute dort steht, wo er steht.

Vielmehr ist es die Summe unzähliger kleiner und großer Entscheidungen über Jahre und Jahrzehnte. Die gute Nachricht: Diese Fähigkeiten sind erlernbar und auch „falsche“ Gewohnheiten lassen sich mit etwas Mühe wieder abgewöhnen. Bleiben Sie offen und selbstkritisch. Was einmal gut war, muss es nicht für immer bleiben.

Nutzen Sie die Hilfe externer Beratung. Kommen Sie ins Gespräch mit Kollegen, die es aus Ihrer Sicht gut machen und gucken Sie sich ruhig etwas ab. Fortbildungs- und sonstige Vortragsveranstaltungen bieten gute Gelegenheiten.

Die wichtigsten Grundsätze:

1. Zielsetzung: Je stärker Sie sich ein Ziel vor Augen führen, desto eher werden Sie die notwendigen Dinge veranlassen, um dieses Ziel zu erreichen. Daraus ergeben sich lang-, mittel- und kurzfristige Ziele für die tägliche Arbeit. Aber keine Strategie ist in Stein gemeißelt. Mithilfe von Maßstäben und Kennzahlen, also Controlling, und externer Beratung lässt sich überprüfen, ob Sie auf Kurs sind oder ihn leicht korrigieren sollten.

2. Fokussierung: Identifizieren Sie die wichtigsten Stellschrauben im Betrieb und arbeiten Sie täglich daran. Konsequentes Auslagern und Delegieren von Arbeitsschritten hilft. Die Frage lautet: Kann der Lohnunternehmer, Buchhalter oder Mitarbeiter den Arbeitsschritt schneller, günstiger und besser erledigen als Sie selbst? Meist bringt es langfristig mehr, die eigenen Talente zu stärken, als die Schwächen mühsam auszugleichen.

3. Gute Menschenführung: Das berühmte Fingerspitzengefühl fördert eine gute Zusammenarbeit mit Mitarbeitern, Familienmitgliedern und Geschäftspartnern. Über die Jahre baut sich eine Reputation auf, die vor allem in angespannten Situationen darüber entscheiden kann, ob etwa ein Erntehelfer bei Ihnen oder beim Nachbarn aushilft.

4. Risiko minimieren: Keine unternehmerische Tätigkeit ist frei von Risiken. Wichtig ist, sie zu kennen und zu minimieren. Bei einer Investition sorgen etwa ein geringer Anschaffungspreis im Verhältnis zur Ertragskraft sowie niedrige Kosten für gute Ergebnisse und lassen mehr Raum für Fehler und Ertragseinbrüche. Prüfen Sie Ihre besten Ideen immer wieder kritisch und verwerfen Sie sie notfalls. Lassen Sie dabei stets Ihre Alternativen gedanklich gegeneinander antreten und wählen Sie die beste aus. Recherchieren Sie vorher so lange, bis Sie sich eine Meinung in Form von „Ja“, „Nein“ oder „Nicht einschätzbar, also nein“ bilden können. Die Erkenntnis, welche Bereiche Sie vermeiden möchten, ist mindestens so wertvoll wie die Entscheidung für einen bestimmten Weg.

5. Anpassen: Veränderung gehört zum Unternehmertum. Stockt ein Geschäftsmodell, hat das oft wenig mit dem einzelnen Betriebsleiter, sondern vielmehr mit globalen Trends und Entwicklungen zu tun. Sie können nur auf einzelbetrieblicher Ebene entscheiden, welche Standbeine für Sie für die Zukunft passen. Die Anpassungsfähigkeit entscheidet, wer langfristig im Rennen bleibt. Überlegen Sie sich also bereits im Vorfeld, was alles schiefgehen kann, und legen Sie sich einen Plan zurecht. Was tun Sie, wenn der Weizen auf Fläche Nr. 17 Frostschäden entwickelt? Wie verhalten Sie sich, wenn Ihr wichtigster Mitarbeiter morgen ausfällt?

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