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Melkroboter: Arbeit sparen statt voll auslasten

In süddeutschen Melkroboterbetrieben geht der Trend zu niedrigeren Kuhzahlen pro Einheit. Welche Vorteile bringt das und welche Folgen hat das für die erzeugte Milchmenge?

Lesezeit: 9 Minuten

Wie viele Kühe bzw. wie viel Milch pro Tag oder Jahr soll ein Melkroboter melken? Bei der Antwort macht man es sich heute nicht mehr so einfach wie vor zehn Jahren. „Wir können heute die Zielwerte für den Melkroboter differenzierter formulieren“, sagt Dr. Jan Harms, Melktechnikexperte an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft.

Schnell gelesen

Betriebe mit Melkroboter legen immer mehr Wert auf die Arbeitswirtschaft. ­Deshalb gehen nach Beobachtungen von ­Beratern die Kuhzahlen pro Box zurück.

Ist die Kuhzahl zu hoch, nimmt die Zahl der Treibekühe schnell zu. Das ­verursacht einen großen Mehraufwand.

Kurze Zwischenmelkzeiten bei nie­drigem Gemelk sollten ebenso vermieden werden wie lange bei hohem Gemelk.

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„Grundsätzlich führen die technischen und baulichen Verbesserungen der letzten Jahre bei der Ansetzsicherheit oder bei den Zutriebs- und Abtriebsvarianten zwar zu etwas mehr Melkzeit und mehr Melkungen“, so Harms. Den größten Effekt auf die Leistung des ­Roboters hätten aber nach wie vor die Tiere. „Wenn eine Herde langsam melkend ist und eine geringe Milchleistung hat, dann frisst das Melken einfach viel mehr Zeit als bei einer hochleistenden Herde mit guter Persistenz“, nennt der Wissenschaftler ein Beispiel.

Kuhzahlen pro Einheit sinken

Ein weiterer Faktor sind die persönlichen Vorgaben und Ziele der Landwirtsfamilie. „Bei vielen Betrieben steht mittlerweile die Arbeitswirtschaft und nicht mehr die maximale Auslastung des Melkroboters im Vordergrund“, berichtet Milchviehberater Otto Kirmaier vom LKV Bayern.

Nach seiner Beobachtung gehen die Kuhzahlen nach unten, weil immer mehr Betriebe ihre Roboter nicht voll auslasten, um die arbeitswirtschaftlichen Vorteile der Technik auszuschöpfen. „Bei 60 +/- 5 melkenden Kühen ist die volle Auslastung erreicht, ohne dass die Arbeitswirtschaft zu sehr leidet“, so der Berater. Natürlich gebe es auch Roboterbetriebe mit mehr melkenden Kühen, so Kirmaier. Das funktioniere aber nur bei entsprechend höherer Arbeitskräfteausstattung.

„Bei 50 Akh pro Kuh und Jahr bedeuten zehn Kühe mehr einen zusätzlichen Aufwand von 500 Akh pro Jahr bzw. von 1,4 Akh pro Tag, wenn alle Kühe gleich gut betreut werden sollen“, rechnet Kirmaier vor. Der tatsächliche Aufwand sei wahrscheinlich noch höher, weil ab 60 melkenden Kühen die Zahl der Kühe, die nachgetrieben werden müssen, deutlich steigt.

„Roboter nicht vollstopfen“

Melktechnikexperte Jan Harms hält eine ähnliche Größenordnung für sinnvoll, die jedoch je nach Grundriss des Stalls und Leistung der Herde variieren kann: „Wenn wir eine 9.000 kg-Herde in einem Top-Stall haben, dann lassen sich dort 65 Kühe melken. Realistischerweise halten die Betriebe aber 60 melkende Kühe, weil der Stall nicht überall top ist.“ Die höhere Kuhzahl und die um 150 kg bessere Tagesleistung verursache in der Regel einen so hohen Mehraufwand, dass er sich arbeitswirtschaftlich nicht mehr rechne.

„Wenn ich den Roboter bzw. den Stall zu voll stopfe, besteht die Gefahr, dass ich rangniedrigere Tiere, z. B. Kalbinnen, die eigentlich gut Milch geben könnten, durcheinanderbringe, sodass sie gar nicht auf ihre Leistung kommen“, so der Experte. Ein angemessenes Verhältnis von Kuhzahl zu Stall-layout, führe hingegen dazu, dass die Kühe rechtzeitiger und problemloser zum Melken ­gehen und am Ende mehr Milch pro Tag geben.

Zwischenmelkzeiten beachten

Ob der Melkroboter rundläuft und die Kühe ihr Leistungspotenzial ausschöpfen können, zeigt sich laut Harms vor allem daran, ob die Zwischenmelk­zeiten und die Milchleistungen pro Melkung zueinander passen.

Problematisch seien vor allem Kühe mit Zwischenmelkzeiten von weniger als sieben Stunden und gleichzeitig mit weniger als 8 kg Milch pro Melkung. Kritisch seien auch Kühe mit Zwischenmelkzeiten von mehr als 16 Stunden und mehr als 14 kg Milch. „Das sind gute Kontrollparameter, an denen man merkt, ob ein System funktioniert oder ob es kippt“, sagt Harms.

Die Herausforderung bestehe darin, dass jede Kuh passend zu ihrem Euterfüllstand zum Melken kommt. „Wenn hier möglichst wenige Kühe die genannten Grenzen für die Zwischenmelkzeiten und Leistungen unter- bzw. überschreiten, ist das nicht nur für die Gesundheit der Kühe gut, sondern es ist auch effizient“, so Harms.

10 bis 13 kg pro Melkung

Als Zielgröße sollten die Tiere bei jeder Melkung zwischen 10 und 13 Liter erreichen. Diese Vorgabe führt dazu, dass die anzustrebende Zahl der Kühe der pro Roboter vor allem von der Her­denleistung abhängt. „Wenn aufgrund der Technik ein Roboter 170 Melkungen am Tag leisten kann, dann erreiche ich das Optimum bei einer hochleistenden Herde mit deutlich ­weniger Kühen als bei einer niedrig­leistenden.“

Bei einer hohen Herdenleistung und guten Persistenz bedanke sich der Roboter doppelt, so Harms weiter: „Diese Tiere bekommen in der Regel mehr Kraftfutter und ich brauche weniger Kühe pro Einheit. Das führt dazu, dass sie pünktlicher kommen. Insgesamt senkt das meinen Aufwand für das Robotermanagement. Vor allem Kühe mit weniger als 20 kg Tagesleistung fangen an, Stress zu machen.“

Harms rät zudem, die Stimulationszeit pro Kuh nicht zu knapp zu halten. Denn in Eutern, in denen z. B. nur 7 kg Milch sind, könne das Einschießen der Milch bis zu 90 Sekunden dauern. „Wenn nicht viel Zisternenmilch da ist, führt das zu frühe Ansetzen schnell zu Blindmelken“, warnt der Experte.

Zwei Stimulationsgruppen

Er empfiehlt deshalb, bei der Stimulationszeit zwei Gruppen zu bilden, die von der Tagesmilchmenge abhängig sind: 30 bis 50 Sekunden für die Hochleistenden, 60 Sekunden für die Kühe unter 20 Liter Tagesleistung. ▶

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Reportage

„Weniger ist mehr“

Weil Peter Schmöller seinen Laufstall mit Melkroboter fast allein versorgt, steht die Arbeitswirtschaft für ihn an erster Stelle. Sein Ziel: Mit 60 melkenden Kühen dauerhaft 2.000 kg am Tag erzeugen.

Wie bei vielen Milchviehhaltern ist die Arbeitszeit bei Peter Schmöller (36) der knappste Faktor. Der Landwirt aus Vogtareuth im Landkreis Rosenheim hat 2017 auf Laufstall mit Melkroboter von DeLaval umgestellt und seine Kuhzahl auf 74 verdoppelt.

Die Stallarbeit verrichtet er weitgehend allein, weil sein Vater vor zwei Jahren verstorben ist. Seine Frau Bernadette kümmert sich um die beiden kleinen Kinder und übernimmt die ­Büroarbeiten. Seine Mutter hilft bei Reinigungsarbeiten im Stall, sein Bruder bei Reparaturarbeiten. Und einige Nachbarjungs unterstützen ihn beim Füttern und bei der Liegeboxenpflege.

Um den Kapitaldienst für den neuen Stall leisten zu können, braucht der junge Unternehmer jedoch einen entsprechenden Produktionsumfang. Der Milchviehhalter hat dies vor allen über die Steigerung seiner Herdenleistung ­erreicht. Trotz Aufstockung legte diese im neuen Stall um 3.000 kg auf knapp 10.000 kg zu. Um den Spagat zwischen Betriebs- und Arbeitswirtschaft zu meistern, hat Schmöller ein klares Ziel: „Mit 60 melkenden Kühen dauerhaft 2.000 kg am Tag erzeugen.“

„Zahl der Treibekühe steigt“

Dieses Ziel hat er zeitweise schon erreicht. Aktuell liegt das Tagesgemelk bei 1.800 kg mit 60 melkenden Kühen. Die Tierzahl erhöhen will er aber nicht. „Zurzeit muss ich pro Melkzeit drei bis vier Kühe nachtreiben. Wenn ich auf 65 Kühe erhöhe, steigt die Zahl der Treibekühe auf zehn bis fünfzehn“, sagt der Milchviehhalter. Der Mehraufwand für ihn wäre enorm, zumal in den Vor­wartebereich nur fünf bis sechs Kühe passen. „Erfahrungsgemäß läuft das System erst ab 20 % freier Zeit richtig rund“, sagt Schmöller. Deshalb will er bei weiter steigender Herdenleistung lieber die Kuhzahl zurückfahren.

Der Selektionsbereich umfasst bei ihm vier Fressliege­boxen. Ideal wären aus seiner Sicht aber sechs Plätze: vier Fangstände und zwei mit Liegeboxen, in denen sich die Kühe frei bewegen können.

Bei der Selektion der Kühe achtet der Milchviehhalter auf die Persistenz, damit er auch den Altmelkern noch Kraftfutter im Roboter vorlegen kann. Zudem könnte er dann auch die Zwischen­kalbezeit von derzeit 380 Tagen noch etwas verlängern. Dazu Schmöller: „Weniger Geburten und Kälber verringern meinen Arbeitsaufwand.“

Wichtig ist ihm auch die Euterform und das Verhalten der Kühe im Roboter. Kühe, die regelmäßig Melkbecher abschlagen, selektiert er sofort, ebenso deren Nachkommen. Bei den Jungkühen zeigt er allerdings etwas mehr Geduld. In der ersten Woche nach dem Abkalben steckt er ihnen die Melkbecher von Hand an, um sie an das Melken zu gewöhnen.

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Reportage

„Nachtreiben nicht nötig“

Familie Wäsler hält 55 Milchkühe im Roboterstall und vermietet zwei Ferienwohnungen. Im Durchschnitt kommt jede Kuh auf drei Melkungen am Tag und 10.230 kg Milch Jahresleistung.

Auf den ersten Blick scheint die Auslastung des Melkroboters im Betrieb von Georg und Maria Wäsler noch ausbaufähig zu sein. Aber das ­System läuft rund und passt perfekt in die Betriebsstrategie des Ehepaars aus Breitbrunn am Chiemsee.

Wäslers halten auf ihrem 40 ha-Betrieb 55 Fleckviehkühe mit Nachzucht. Daneben vermieten sie auf ihrem Hof zwei Ferienwohnungen. Das zweite Standbein bringt zusätzliches Einkommen, bindet aber Arbeitszeit.

Seit dem Bau des Laufstalls vor elf Jahren melkt ein Lely A4-Roboter die Kühe. „Je nach Zahl der Trockensteher haben wir zwischen 40 und 50 melkende Kühe“, berichtet Georg Wäsler.

Trotz Fütterung mit einem einfachen Silokamm mit Kraftfutterdosierer erreicht die Fleckviehherde eine Leistung von 10.230 kg. Die Grundration aus Gras- und Maissilage wertet Wäsler mit 2 kg Körnermais und Gerste pro Kuh und Tag auf. Zusätzlich gibt er am Melkroboter bis zu 6 kg pelletiertes Kraftfutter pro Kuh und Tag. Erst­laktierende und hochleistende Kühe erhalten noch einen Energiebooster aus Glycerin und Propylenglykol zur Ketosevorbeuge.

Aktive Herde

Wäslers Kühe sind sehr aktiv und laufen oft durch den Roboter, um zu schauen, ob sie ein Anrecht auf Mel-ken oder Kraftfutterzuteilung haben. „Wenn dies nicht der Fall ist und die Kraftfutterbox wegschwenkt, gehen sie aber schnell wieder raus“, berichtet der Milchviehhalter.

Im Durchschnitt kommt so jede Kuh auf durchschnittlich drei Melkungen pro Tag, ohne dass Wäslers Kühe nachtreiben müssen. Wegen der vergleichsweise niedrigen Kuhzahl gibt es vor dem Roboter auch kaum Gedränge. Die freie Zeit am Roboter beträgt zurzeit knapp 19 %.

Trotzdem stimmt die Produktionsleistung. Denn wegen der hohen Tagesleistungen der Kühe melkt der Roboter 1.500 bis 1.700 kg am Tag. Die nächsten Schritte möchte das Ehepaar Wäsler zusammen mit seinem Sohn Johannes gehen, der gerade seine landwirtschaftliche Lehre abgeschlossen hat.

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