Der Ukrainekrieg hat vieles in der Diskussion um Energie in Deutschland verändert. Wie nehmen Sie gerade die Nachfrage nach Biomethan wahr?
Schneider: Die Nachfrage war schon vor dem Ukrainekrieg hoch. Denn in der Industrie gibt es seit längerem den Wunsch nachhaltiger zu werden, auch im Transport. Dabei fragen die Unternehmen vor allem Gas nach, das aus Abfällen und Reststoffen produziert wurde. Eher unerwünscht ist dagegen speziell Mais. Aber auch Biomethan aus nachwachsenden Rohstoffen ist im EEG-Markt weiterhin ein attraktives Produkt.
Derzeit interessieren sich viele Landwirte für eine Umrüstung der Biogasanlage von Vorort-Verstromung auf Biomethan für den Kraftstoffmarkt mit dem Fokus auf Gülle und Mist als Rohstoffe. Inwieweit ist der Markt nachhaltig genug für eine Investitionsentscheidung?
Schneider: Wir halten den Markt auf jeden Fall für nachhaltig. Denn gerade im Verkehr ist Biomethan heute schon eine Lösung, weil es im Schwerlastverkehr wenig Alternativen zu LNG gibt. Hier wird sich unserer Meinung nach die biogene Variante durchsetzen. Eine entsprechend langfristige Vermarktung des Biomethans für den Kraftstoffmarkt ist möglich und schafft die für Investitionen nötige Sicherheit. Das grüne Gas wird nach der Erzeugung in das Netz eingespeist und entweder zu einer Bio-CNG-Tankstelle oder zu einer Biomethanverflüssigungsanlage transportiert, wo es dann zu Bio-LNG weiterverarbeitet und an Tankstellen verbracht wird. Gerade im Schwerlastverkehr sowie bei kommunalen Fahrzeugen wie im ÖPNV oder auf dem Bauhof ist das Biomethan als nahezu CO2-freier Kraftstoff stark nachgefragt. Mit dem richtigen Substrateinsatz wie Gülle und Mist in den Anlagen verbessert sich die Wirtschaftlichkeit, weil eine höhere Treibhausgasminderungsquote anfällt.
Wird der Verkauf von THG-Quoten eine nachhaltige Erlösquelle bleiben oder ist das nur ein kurzfristiger Markt?
Schneider: Die THG-Quote wird aus Klimaschutzgründen auch längerfristig erhalten bleiben, um somit eine Reduzierung des CO2- Ausstoßes im Verkehrssektor zu steuern und gezielt Technologien wie fortschrittliches Biomethan zu fördern. Daher bietet der Markt auch langfristig Perspektiven.
Die Bundesregierung hat Bio-LNG kaum auf der Agenda. Ist das mittelfristig ein Problem beim Absatz bzw. könnten Vorgaben wie Steuern usw. den Markt beeinflussen?
Schneider: Wir erwarten, dass die Bundesregierung den Vorteil des Kraftstoffs erkennt und bessere Rahmenbedingungen für Bio-LNG schaffen muss. Andere Varianten wie der Elektroantrieb oder Wasserstoff sind im Schwerlastverkehr aus heutiger Sicht schwieriger machbar.
Aktuell wird diskutiert, alte Denkverbote aufzuheben, wie z.B. beim LNG aus Katar oder Fracking in Deutschland. Könnte das auch für Biomethan aus Energiepflanzen zutreffen?
Schneider: Natürlich wäre es wünschenswert, dass es auch bei Energiepflanzen keine Denkverbote gibt. Wir sollten alle Möglichkeiten der Gasproduktion in Betracht ziehen. Aber bei der Biogasproduktion sind wir auch nicht allein auf Mais angewiesen, es gibt eine Vielzahl an Substraten, die noch auf ihren Einsatz in einer Biogasanlage warten. Wir haben beispielsweise die Silphie für eine interessante Option. Sie ist nicht nur eine blühende Dauerkultur, sondern bietet z.B. mit der Faserproduktion weitere Optionen.
Wenn Sie heute ein Biogasanlagenbetreiber fragt, dessen Anlage demnächst aus dem EEG ausläuft, was raten Sie ihm bezüglich Investition?
Schneider: Ein pauschaler Rat ist sehr schwierig, man muss jede Anlage für sich anschauen. Ob eine Anlage z.B. auf die Biomethanproduktion umstellen kann, hängt von den Rahmenbedingungen ab: Wie weit ist das Gasnetz zur Einspeisung entfernt oder welche Substrate sind möglich? Es wird für jede Anlage ein eigenes Betriebskonzept geben. Als Biomethanhändler würden wir immer eine Prüfung für zur Gaseinspeisung anraten. Aber es gibt auch gute Argumente für die Strom- und Wärmeproduktion vor Ort. Eine Zusammenfassung von Anlagen zur gemeinsamen Gasaufbereitung ist im Einzelfall auch möglich. Allerdings hängt das davon ab, wie weit die Anlagen entfernt sind und durch welches Gelände eine Mikrogasleitung gelegt werden muss. Diese Projekte können in Biogashochburgen sicher eine sehr gute Lösung für einen gemeinsamen Weg sein. Betreiber gewinnen nach dem Wegfall der EEG-Förderung durch die Biomethanvermarktung wieder an Planungssicherheit, denn sie schließen planbare Abnahmeverträge mit individuell benötigten Laufzeiten ab. Und: Wer seine Bestandsanlagen mit einem Substrat-Mix betreibt, also z. B. sowohl mit Nawaros, alternativen Substraten wie Stroh oder der durchwachsenen Silphie als auch mit Wirtschaftsdünger, bekommt von Vermarktern wie bmp greengas die Möglichkeit, sein Biomethan aus verschiedenen Substraten an einen Abnehmer zu verkaufen. Großer Vorteil dabei ist, dass wir für die unterschiedlichen Substrate die jeweils besten Märkte und Absatzpfade kennen und bei Änderungen der Rahmenbedingungen die Vermarktung auf neue Märkte ausrichten können. Dies gilt auch bei einer weiteren Entwicklung der Anlagen, wenn diese zukünftig durch biologische Methanisierung aus Wasserstoff Methan erzeugen können.