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Diskussionsprozess zum Strommarktdesign: Bioenergieverbände nicht eingeladen

Das Bundeswirtschaftsministerium hat einen Dialogprozess zum Stromsystem der Zukunft gestartet. Daran beteiligt sind viele Energieexperten aus Wirtschaft und Forschung. Nur die Bioenergie fehlt.

Lesezeit: 9 Minuten

Bundesminister Robert Habeck hat heute die Plattform Klimaneutrales Stromsystem eröffnet. Gemeinsam mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft wird im Rahmen der Plattform diskutiert, wie der Strommarkt fit gemacht werden kann für das Stromsystem der Zukunft, das weitgehend auf erneuerbaren Energien beruht.

Bundesminister Robert Habeck: „Bei der Arbeit am klimaneutralen Stromsystem können wir einiges aus der Krisenerfahrung des letzten Jahres mitnehmen. Der europäische Strommarkt war einer dreifachen Krise ausgesetzt: den hohen Gaspreisen nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die gesamte Ukraine, der niedrigen Verfügbarkeit französischer Atomkraftwerke und der Dürre. Wir können jetzt sagen, dass sich der Strommarkt als außerordentlich resilient erwiesen hat.“ Europa habe einen der am besten funktionierenden Strommärkte der Welt. Die positiven Errungenschaften müssten wir erhalten, während wir den Markt fit für die Zukunft machen. „Entsprechend müssen wir das Stromsystem immer europäisch denken. Was wir an unserem Strommarktdesign ändern, hat direkte Auswirkungen für unsere Nachbarländer“, betont Habeck.

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Wind und Sonne als zentrales Element

In der Diskussion gelte die Prämisse, dass sich Deutschland klar dem 1,5 Grad-Ziel verpflichtet habe und bis 2045 klimaneutral sein soll, so Habeck. Die Stromversorgung der Zukunft werde sicher, nachhaltig und bezahlbar sein. Wind und Sonne zukünftig das Stromsystem tragen. Grundlage für alle Planungen sei, dass der Anteil der erneuerbaren Energien im Jahr 2030 auf 80% der Stromversorgung ansteige und danach weiter anwachse, dass der Kohleausstieg möglichst auf 2030 vorgezogen werde und dass im Zuge der Sektorkopplung der Stromverbrauch steige. „In der Debatte über das klimaneutrale Stromsystem werden wir uns jetzt damit beschäftigen, wie wir günstige Strompreise sicherstellen; wie wir die richtigen Investitionssignale setzen, damit in erneuerbare Energien und in Wasserstoff-Kraftwerke investiert wird, und wie das System flexibel wird. Wir brauchen ergänzend zum Netzausbau die regionale Steuerung von Erzeugung und Lasten wie Elektrolyseuren in der Nähe von Offshore-Gebieten. Außerdem sollte erneuerbarer Strom vor Ort genutzt werden können, anstatt aufgrund von Netzengpässen abgeregelt zu werden“, führte Minister Habeck fort.

Vier thematische Arbeitsgruppen

In den kommenden Jahren wird sich das Stromsystem sehr stark verändern. Ziel ist eine klimaneutrale Stromerzeugung, die fast vollständig auf erneuerbaren Energien beruht. Bereits 2030 soll der Anteil bei 80% liegen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss sich der Strommarkt grundlegend wandeln. Die Plattform Klimaneutrales Stromsystem soll in vier thematischen Arbeitsgruppen Optionen zur Weiterentwicklung des Strommarktdesigns ergebnisoffen diskutieren und fundierte Vorschläge erarbeiten. Dabei sollen die verschiedenen Sichtweisen der Akteure im Strommarkt genutzt und zusammengeführt werden. Die vier Themen sind:

  • Effiziente Investitionsanreize für erneuerbare Energien,
  • steuerbare Kapazitäten, um die Versorgungssicherheit jederzeit zu gewährleisten,
  • Flexibilisierung der Stromnachfrage,
  • Einführung netzdienlicher Marktsignale.

In einem Plenum werden die Vorschläge zusammengeführt. Der Auftakt der Plattform heute beginnt mit einer ersten Sitzung des Plenums.

Die Plattform wird die aktuellen europäischen Vorschläge zu einer kurzfristigen, zielgerichteten Reform des europäischen Strombinnenmarkts in die Diskussionen einbeziehen. Eine eventuelle grundlegendere Reform des europäischen Strombinnenmarktes benötigt eine vertiefte Analyse. Dazu kann die Plattform wichtige Beiträge liefern. Insofern ist zwischen der kurzfristigen Perspektive (aktuell laufende EU-Debatte zum Strommarktdesign) und der eher mittelfristigen Perspektive zu unterschieden. Letztere soll jetzt vertieft und mit genauen Analysen in der Plattform Klimaneutrales Stromsystem geführt werden.

Auf dem Weg zu 100 % erneuerbare Energien

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar), der Bundesverband Windenergie (BWE) und die Bioenergieverbände im Hauptstadtbüro Bioenergie (HBB) begrüßen den heutigen Start der Plattform Klimaneutrales Stromsystem. Die EE-Interessenvertretungen sprechen sich für einen zügigen Reformprozess aus, um das vollständig auf erneuerbaren Energien beruhende Energiesystem konsequent aufzubauen und abzusichern.

Mit einem Anteil von knapp 50 % am Bruttostrombedarf sichern die erneuerbaren Energien schon heute in relevantem Umfang die Stromversorgung. 2030 sollen es gemäß den Zielen der Bundesregierung 80 % sein und schon wenige Jahre später 100 %. Spätestens 2045 werden Erneuerbare den gesamten Bedarf in allen Sektoren decken.

An ihren Bedürfnissen müsse sich daher auch das Strommarktdesign der Zukunft orientieren, so die EE-Verbände. Das bestehende Strommarktdesign stamme aus einer alten Welt fossiler und atomarer Großkraftwerke. Entsprechend würden mit zunehmendem Anteil eines vornehmlich dezentralen EE-Anlagenparks die Schwächen des Systems deutlich. Sie reichten von negativen Börsenstrompreisen, über das Abschalten statt Nutzen des wertvollen Grünstroms bis hin zu fehlenden Anreizen zur Nutzung von Flexibilitätsoptionen. Dies mindere künftig zunehmend die Rentabilität von EE-Anlagen und wirke sich auch volkswirtschaftlich nachteilig aus. Das habe die Studie zum klimaneutralen Stromsystem gezeigt, die der BEE gemeinsam mit den Fraunhofer Instituten ISE und IEE im Jahr 2021 erarbeitet hat.

Heimische Ressourcen wichtig

Erklärtes Ziel der Plattform Klimaneutrales Stromsystem sei es, den Wandel des deutschen Strommarkts – eingebettet in den europäischen Binnenmarkt – hin zu einem nachhaltigen und wirtschaftlich tragfähigen System zu gestalten, in dessen Struktur die EE-Ausbauziele effizient umgesetzt werden können, die Sektorenkopplung vorangebracht und die Versorgung mit klimafreundlicher und bezahlbarer Energie zu jeder Zeit gesichert werde. Aus Gründen der Resilienz sei es geboten, dabei in einem hohen Maße heimische Ressourcen zu nutzen.

Ein starres Strommarktsystem ist nach Einschätzung der EE-Verbände dafür ungeeignet. Der BEE hatte erst jüngst im Rahmen einer EU-Konsultation die Vorzüge eines flexiblen Systems dargelegt, das Erzeuger-, Verbraucher- und Speicherseite gleichermaßen berücksichtigt. Zweiseitige Differenzverträge (Contracts for Difference, CfD), wie sie derzeit von der EU-Kommission diskutiert werden, würden sich hingegen bremsend auf die Investitionsbereitschaft und auf den notwendigen Umbau des Energiesystems auswirken.

Stimmen der Verbandsvertreter

  • Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE): „Flexibilität ist die zentrale Währung des zukünftigen Strommarkts. Das dezentrale Back-up aus flexibel steuerbarer Bioenergie, Wasserkraft, Geothermie, Speichern, grüner Kraft-Wärme-Kopplung und Sektorenkopplung ist neben Netzausbau und Lastmanagement der intelligente Partner von Wind- und Solarenergie. Um auch bei der Förderung flexibel auf die Bedürfnisse der Erneuerbaren zu reagieren und marktliches Verhalten anzureizen, ist das bestehende starre Modell der Zeit- auf eine Mengenförderung umzustellen und damit Investitionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette auszulösen.“
  • Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW): „Um die gewaltigen Potenziale der Solarenergie nutzbar zu machen, müssen Marktbarrieren bei der Errichtung von Millionen neuen Solaranlagen und Speichern schnell eingerissen werden. Ihre bedarfsgerechte Fahrweise kann durch gezielte Anreize, kluge Marktregeln und ein smartes Energiemanagement erreicht werden. Ein modernes Strommarktdesign muss planungssicher, unbürokratisch und barrierearm ausgestaltet sein. Zukunftstauglich ist es dann, wenn es für Erzeuger, Verbraucher und Prosumer gleichermaßen attraktiv ist, wenn es Großinvestoren und Bürgergenossenschaften anspricht. Sie alle werden für den Umbau des Energiesystems gebraucht. Gut, dass sich die Bundesregierung dieser Herkulesaufgabe jetzt stellt.“
  • Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands Windenergie (BWE): „Im Bereich der Energieerzeugung aus Wind gilt es, die zahlreichen Möglichkeiten der Windenergie zur Sektorenkopplung zu nutzen. Windenergie kann mittels Elektrolyseuren zur Erzeugung von grünem Wasserstoff genutzt werden und somit eine der Schlüsseltechnologien für die Transformation energieintensiver Industrien, wie der chemischen Industrie oder der glasverarbeitenden Industrie werden. Andere Lösungen zur Entlastung der Netze an besonders windreichen Tagen sind das Laden von E-Autos mittels Strom aus Wind oder die Erzeugung von Wärme. Die Schaffung möglichst umfangreicher Verknüpfungen der Sektoren ist auch eine Investition in die Flexibilisierung des Stromnetzes. Hier muss die Maßgabe klar sein: Jede erzeugte Kilowattstunde grünen Stroms muss auch genutzt werden.“

Keine Bioenergieverbände eingeladen

Biogasanlagen, Biomethan-BHKW und Holz(heiz)kraftwerke springen als Problemlöser und Backup der Energiewende ein, wenn fluktuierende erneuerbare Energien die Nachfrage nicht vollständig bedienen können. „Als Garant für gesicherte, regelbare und flexibel bereitgestellte Leistung kann die Bioenergie dezentral Netze stabilisieren und entlasten und springt dort ein, wo Energie gerade benötigt wird“, betont sie.Nicht zuletzt verknüpfe die Bioenergie wie keine andere Technologie die Energieerzeugung mit der Bereitstellung negativer Emissionen. Zusammengenommen böte die Bioenergie so eine hochwertigere und günstigere Alternative zu teuren H₂-Gaskraftwerken. „Strom- und Wärmeerzeugung aus Biogas und Holz müssen folgerichtig unbedingt ein Schlüsselthema der Plattform klimaneutrales Stromsystem sein. Daher ist es unverständlich, dass kein Verband der Bioenergie zu der neuen Plattform eingeladen ist. Wir bieten dem BMWK weiter an, über eine aktive Rolle der Bioenergie im künftigen erneuerbaren Strommarkt zu diskutieren, erwarten aber auch, dass die Potentiale der Branche ernst genommen werden“, fordert sie.Die Plattform Klimaneutrales Stromsystem war im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP ebenfalls im Jahr 2021 angekündigt und für das erste Jahr im Amt erwartet worden. Die Verbände der Erneuerbaren Energien hatten seitdem mehrfach auf die Bedeutung einer Reform des Stromsystems hingewiesen und einen zeitnahen Start der Plattform angemahnt.

Im Strommarktdesign der Zukunft müssten verschiedene Sektoren intelligent miteinander verknüpft werden. Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die mit biogenen Brennstoffen betrieben werden, könnten nicht nutzbaren erneuerbaren Strom oder die Abwärme von Elektrolyseuren hocheffizient verwerten. Ein weiterer Vorteil sei die Verbindung des Strom- und Gassektors. „Dies ist zum beispielsweise bei der Herstellung von synthetischem Biomethan der Fall, welches zuvor am Standort einer Biomethanaufbereitungsanlage aus biogenem CO2 und Elektrolysewasserstoff erzeugt wurde“, erklärt Rostek.

Zu der heutigen Auftaktveranstaltung der vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) organisierten „Plattform klimaneutrales Stromsystem“ treffen sich eine Vielzahl von Stakeholdern aus Verbänden, Unternehmen, Think Tanks und Gewerkschaften, um gemeinsam über die Weiterentwicklung des Strommarktdesigns zu diskutieren. Trotz der Bedeutung der Bioenergie für eine zügige und kostengünstige Erreichung eines klimaneutralen Stromsystems wurden keine Bioenergieverbände eingeladen. „Bereits Ende 2021 stellte die Strommarktdesign-Studie der Fraunhofer Institute für Energiewirtschaft und Netzbetrieb (IEE) sowie Solare Energiesysteme (ISE) im Auftrag des Bundesverbands Erneuerbare Energie e.V. (BEE) ein Strommarktdesign der Zukunft vor, welches einen zügigen Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter beschreibt. Darin nimmt die Bioenergie berechtigterweise eine Schlüsselrolle ein“, sagt Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie.

Die Plattform Klimaneutrales Stromsystem war im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP ebenfalls im Jahr 2021 angekündigt und für das erste Jahr im Amt erwartet worden. Die Verbände der Erneuerbaren Energien hatten seitdem mehrfach auf die Bedeutung einer Reform des Stromsystems hingewiesen und einen zeitnahen Start der Plattform angemahnt.

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