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Wirtschaftsverband: Strompreisbremse bedroht Investitionen in Erneuerbare Energien

Der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V. (BNW) und Verbände der Energiebranche betrachten den vom Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzesentwurf zur Strompreisbremse als "Ausbaubremse".

Lesezeit: 8 Minuten

Sollte der jetzt vorgelegte Entwurf zur Strompreisbremse so von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden, würde er massiv den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland gefährden. Das befürchtet der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V. (BNW). Die Abgeordneten des Bundestages seien nun gefragt, den Gesetzesentwurf an entscheidenden Stellen nachzubessern.

Am Donnerstag hat der Deutsche Bundestag in der ersten Lesung über den vom Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzesentwurf zur Strompreisbremse beraten.

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Der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft begrüßt grundsätzlich eine temporäre Strompreisbremse, macht aber auf schwerwiegende Konsequenzen bei einer Verabschiedung des Gesetzesentwurfs in seiner jetzigen Form aufmerksam. „Eine temporäre Strompreisbremse ist ein wichtiges Instrument zur Entlastung der Bürger:innen und der Wirtschaft. Sie darf aber nicht dazu führen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien blockiert wird und damit die Klimaziele gefährdet werden. Daher braucht es dringend Nachbesserungen beim Gesetzesentwurf durch die Abgeordneten des Deutschen Bundestages“, fordert BNW-Geschäftsführerin Dr. Katharina Reuter.

Problem ist Abschöpfung der Erlöse

Das zentrale Problem ist laut dem Verband die Abschöpfung der Erlöse. Zwar sei es positiv, dass entgegen des ursprünglichen Referentenentwurfs die Abschöpfung nun nicht wie ursprünglich geplant rückwirkend zum 1. September, sondern nun ab dem 1. Dezember beginnen soll. Dennoch würde auch die jetzige Regelung Investitionen in erneuerbare Energien verhindern.

Besonders problematisch sei die geplante Abschöpfung fiktiver Erlöse und nicht tatsächlicher Erträge. Dies führe dazu, dass sich einige Erneuerbare-Energien-Anlagen nicht mehr rentieren. „Mit der Erlösabschöpfung verhindert die Bundesregierung für viele Erneuerbaren-Anlagen den Abschluss langfristiger Stromverkaufsverträge. Das könnte nicht nur den dringend notwendigen Ausbau neuer Wind- und Solarparks torpedieren, sondern führt auch dazu, dass die günstigen Erzeugungskosten neuer Öko-Kraftwerke nicht direkt Haushalten und Unternehmen zugutekommen können“, sagt Oliver Hummel, Vorstandsvorsitzender der naturstrom AG.

Besonders unverständlich sei, dass Belieferungsketten innerhalb eines Unternehmens nicht anerkannt werden – damit werde für Unternehmen wie naturstrom eine Nutzung des eigens aufgebauten Anlagenparks zur Kundenbelieferung unmöglich gemacht und die nötigen Ökostrommengen müssen teuer am Markt nachbeschafft werden.

Verlängerung bis 2024 möglich

Die Abschöpfung der sogenannten „Übererlöse“ ist zunächst bis zum 30. Juni 2023 befristet. Problematisch ist aber, dass diese mittels einer Rechtsverordnung bis zum 30. April 2024 verlängert werden kann. Laut dem Gesetzesentwurf soll darüber bis zum 31. Mai 2023 entschieden werden.

Dazu erklärt BNW-Geschäftsführerin Dr. Katharina Reuter: „Das Akquirieren privaten Kapitals zum Ausbau der Erneuerbaren Energien ist das A und O in der Energiewende. Mit dem jetzigen Gesetzesentwurf werden massive Unsicherheiten auf dem Markt geschaffen, die letztlich dazu führen, dass die dringend benötigten Investitionen in erneuerbare Energien ausbleiben werden. Daher fordern wir ein klares Enddatum für die Abschöpfung der Erlöse.“

Wieder einmal hoher Zeitdruck

Erneut beklagen die Verbände den künstlichen Zeitdruck für das Gesetzgebungsverfahren: „Die Verbände hatten rund 24 Stunden Zeit, einen derart komplexen Gesetzesentwurf zu kommentieren. Nur wenige Tage später verabschiedete das Bundeskabinett schon den Entwurf. Ein so umfangreiches Gesetz benötigt auch in der Gestaltung Zeit, damit es die gewünschte Wirkung erzielt und keine Fehlwirkungen entfaltet, so wie im Fall der Erneuerbaren Energien zu befürchten ist“, sagt Reuter.

„Gerade deswegen appelliere ich an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages den Gesetzesentwurf an den zentralen Stellen zu korrigieren.“

Auch BEE befürchtet Ausbaubremse

„Die Bundesregierung hat sich entgegen den Empfehlungen der Branche für eine Abschöpfung von fiktiven Erlösen bei der Strompreisbremse entschieden und damit gegen ihre eigene Strategie, Erneuerbare zu entfesseln. Jetzt muss der Entwurf im parlamentarischen Verfahren so nachgebessert werden, dass ein beschleunigter Ausbau und Investitionen in neue Anlagen möglich sind. Sonst droht durch Liquiditätsentzug eine weitere Ausbaubremse“, betont die Präsidentin des Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), Dr. Simone Peter.

Nach wie vor bestünden erhebliche Zweifel, ob der Gesetzentwurf mit der EU-Notfallverordnung und dem deutschen Verfassungsrecht in Einklang zu bringen ist. „Wir plädieren vor diesem Hintergrund weiterhin für eine einfache und weniger fehleranfällige steuerliche Lösung“, so Peter. „Sollte die Bundesregierung an dem vorliegenden Ansatz festhalten, sind unbedingt Änderungen nötig, damit der negative Effekt auf den Ausbau und das Investitionsklima gemindert werden kann.“

Änderungsvorschläge des BEE

Folgende fünf Punkte seien dafür unumgänglich:

  1. Klare Befristung
: Der BEE begrüßt, dass die Bundesregierung einen neuen Stichtag für die Erlösabschöpfung gewählt hat und somit die verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung entfällt. „Ebenso wichtig ist allerdings eine klare Befristung bis Juni 2023. Einen Abschöpfungsautomatismus darf es nicht geben. Das muss gesetzlich verankert werden“, so Peter.
  2. Erlösobergrenze anheben: 
„Die Unternehmen waren im letzten Jahr massiven Kostensteigerungen von 30 bis zum Teil sogar 65 % ausgesetzt. Schöpft man nun fiktive Erlöse statt echter Gewinne ab, setzt man deren Investitionsfähigkeit in einer zentralen Phase der Energiewende aufs Spiel“, so Peter. Der BEE fordert daher, wie in der EU-Verordnung zugrunde gelegt, eine einheitliche Erlösobergrenze von 180 €/MWh, mindestens aber eine angemessene Erhöhung des Sicherheitszuschlags.
  3. Verwerfungen auf dem Strommarkt vermeiden
: In seiner aktuellen Form trocknet der Entwurf des StromPBG die Langfristmärkte für Erneuerbare Energien-Anlagen aus. Schon jetzt ist dort ein deutlicher Rückgang zu beobachten. „Damit EE-Anlagen auch weiterhin auf Langfristmärkten angeboten werden können, sollten Eigenveranlagungen auf Basis eines PPA-Vertrags, ähnlich einer Steuererklärung ermöglicht werden“, so Peter. Mindestens seien aber zusätzliche Sicherheitspuffer für Erneuerbare Energien auf dem Terminmarkt zu schaffen. Damit würden höhere Risiken und Kosten abgefedert.
  4. Bioenergie von der Abschöpfung ausnehmen: 
Der Sicherheitszuschlag von 7,5 Cent pro Kilowattstunde reicht nicht aus, um Anlagen wirtschaftlich zu betreiben. Daher sollte die Bioenergie ganz aus der Erlösabschöpfung ausgenommen werden, oder zumindest die Erlöse aus der flexiblen Stromproduktion. Auch die Bagatellgrenze muss angepasst werden: „Ausgerechnet Betreiber, die ihre Leistung zur flexiblen Stromproduktion erhöht haben, trifft zusätzlich noch die Bagatellgrenze von 1 Megawatt installierter Leistung“, so Peter. Besser sei eine Grenze von 1 Megawatt Höchstbemessungsleistung.
  5. Gesetz an neue Marktrealität anpassen: 
„Weshalb die Anhebung der Höchstwerte bei Photovoltaik und Wind aus dem Entwurf gefallen ist, ist angesichts massiver Kostensteigerungen und weiterhin unterzeichneten Ausschreibungen sowie zurückgehender Genehmigungen unverständlich. Dadurch werden die deutlichen Verbesserungen des Osterpakets ausgehebelt und wirkungslos. Das kann nicht Ziel der Koalition sein“, so Peter. Neben der dringenden Anpassung der Höchstpreise müsse auch die Duldungspflicht für Anschlussleitungen und die Befugnis der Bundesnetzagentur zur Änderung der Höchstpreise dringend überarbeitet werden.

„Die Bundesregierung will im kommenden Jahr eine Antwort auf die Investitionsoffensiven anderer Länder für Klimatechnologien geben, die – wie die USA mit ihrem ‚Inflation Reduction Act‘ – den internationalen Wettbewerb um Klimaneutralität für sich entscheiden wollen. Hierauf muss man mit mutiger Investitionspolitik reagieren. Der Entwurf des Strompreisbremsengesetzes steht dem noch diametral entgegen“, so Peter.

Bioenergie sorgt für Preisdämpfung

„Die Bioenergie eignet sich schlicht nicht für eine Abschöpfung. Die Kosten für Wartung, Reparatur, Betriebsmittel sowie Brennstoffe und Substrate sind in den letzten Monaten stark gestiegen“, sagt Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie. Auch würden Bioenergieträger flexibel fossile Brennstoffe im Strom- und Wärmemarkt ersetzen. Sie stünden folglich in direkter Konkurrenz zu Erdgas und Kohle, welche die Preistreiber in der aktuellen Energiekrise seien.

Zwar versuche der vorliegende Gesetzentwurf mit einer unzureichenden Anhebung des Sicherheitspuffers eine Antwort auf die Kostensteigerungen bei Biogas zu geben. „Doch die massiven Kostensteigerungen bei allen weiteren Biomasseanlagen, die z.B. Altholz oder Stroh einsetzen, werden weiter völlig ignoriert. So haben sich beispielsweise die Preise für Altholz seit Juli 2021 von ca. 10 €/t auf ca. 90 € im Juli 2022 nahezu verzehnfacht“, macht Rostek aufmerksam. Doch nicht nur Betriebs- und Einsatzstoffe seien teurer geworden, auch der Preis für Ersatzteile und Reparaturen steige. Komme die Abschöpfung für Bioenergieanlagen, könnten die wachsenden Kosten nicht mehr gedeckt werden.

Energiewirtschaftlich nicht sinnvoll

Daneben mache es aus energiewirtschaftlicher Sicht absolut keinen Sinn, Erlöse aus der flexiblen Stromproduktion nahezu vollständig abzuschöpfen. Hierdurch ginge unweigerlich der Anreiz verloren, die Stromerzeugung auf die Zeiten mit den höchsten Börsenpreisen, also die Stunden mit dem höchsten Erdgasverbrauch zu verlagern und so den Strompreis über das Marktgeschehen zu senken.

Die vorgeschlagene Bagatellgrenze für erneuerbare Energien Anlagen von einem Megawatt seien zwar grundsätzlich zu begrüßen, diskriminierten aber insbesondere jene Biogasanlagen, die ihre Leistung zur flexiblen Stromproduktion erhöht und sich frühzeitig für eine teurere, aber netzdienlichere Stromproduktion entschieden haben. Auch sei zu befürchten, dass bei einer Abschöpfung von Anlagen über einem Megawatt wesentliche flexible Leistungen kurzfristig außer Betrieb genommen werden.

„Folgerichtig ist nach wie vor die vollständige Ausnahme der Bioenergie aus dem Abschöpfungssystem notwendig. Wir appellieren daher an die Abgeordneten des Bundestags die heute parteiübergreifend angekündigte Nachbesserung bei der Bioenergie umzusetzen, damit diese, ihren größtmöglichen Beitrag zur Versorgungssicherheit im kommenden Winter leisten können.“

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