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topplus Biogas als Kraftstoff

Künftiger Antrieb: Biogas, Strom – oder beides?

Bei einer Diskussionsrunde des Fachverbandes Biogas zur Zukunft der Mobilität zeigten Experten auf, welche Chancen und Hemmnisse es für Biogas als Kraftstoff gibt.

Lesezeit: 5 Minuten

Bis zum Jahr 2030 könnte es in Deutschland 14 Mio. Elektrofahrzeuge geben. Mit vielen Förderprogrammen und wohlwollenden Rahmenbedingungen puscht die Bundesregierung den Umbau der Mobilität in Richtung Elektromobilität. Aber ist das der richtige Weg mit Blick auf den Klimaschutz? Welche Alternativen gibt es? Und könnte die Biomethanproduktion zu Kraftstoffen bestehenden Biogasanlagen eine Perspektive bieten, die demnächst keine Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) mehr erhalten? Dieser Frage gingen vergangene Woche vier Experten bei der digitalen Diskussionsrunde „Klimafreundlicher Kraftstoff Biogas: Warum steht die Politik auf der Bremse?“ nach, die der Fachverband Biogas im Rahmen der Aktionswoche „Biogas to Drive“ durchgeführt hatte. Dazu gab es unterschiedliche Statements:

Kritik an Flottenregulierung

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Prof. Dr. Thomas Willner, Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW): „Die Politik spielt Elektromobilität gegen alternative Kraftstoffe aus. Das ist in mehrfacher Hinsicht ein Fehler: Zum einen erhöht die Elektromobilität die CO₂-Emissionen allein wegen der Batterieproduktion. Auch dauert es zu lange, bis weltweit genügend Fahrzeuge auf dem Markt sind, die ausschließlich mit erneuerbarem Strom fahren. Ein weiteres Problem: Deutschland begibt sich bei der Batterieproduktion in eine starke Rohstoffabhängigkeit von China. Zudem werden die Preise für Rohstoffe stark steigen. Alternative Kraftstoffe dagegen sind heute schon verfügbar und könnten sofort dazu beitragen, die CO₂-Emissionen im Verkehr zu reduzieren. Ein politisch falsches Signal sendet die Flottenregulierung aus. Danach müssen Automobilhersteller einen durchschnittlichen Grenzwert von 95 g CO₂/km bei allen Fahrzeugen einhalten, die sie verkaufen. Da Elektrofahrzeuge mit 0 g angerechnet werden können, lassen sich damit weiterhin auch SUV verkaufen, die 190 g CO₂/km ausstoßen, denn im Mittel erfüllen die Hersteller dann den Grenzwert. Beide Fahrzeuge, SUV und Elektroautos, helfen dem Klima aber nicht.“

Elektroantrieb kommt zu spät

Jens Pawlowski, Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL): „Wir müssen uns darauf einstellen, dass der Güterverkehr stark zunehmen wird. Die diskutierten Lösungen wie Elektroantrieb, Brennstoffzellen oder Oberleitungs-Lkw werden aber erst Ende der 20er Jahre marktreif sein. Für die Zeit bis dahin brauchen wir praktikable Lösungen, um die Klimaziele zu erfüllen. Zudem legen immer mehr Kunden Wert auf klimaschonenden Verkehr. Wir sehen daher den Gasantrieb mit Bio-LNG oder Bio-CNG als wichtige Alternative, die wir sofort einsetzen können. Politische Unterstützung könnte eine europäische CO₂-Maut bieten. Die Mautbefreiung für Gasfahrzeuge bis Ende 2023 ist positiv, die Streichung der Kraufprämie ist dagegen falsch. Denn die Fahrzeuge kosten rund 40.000 € mehr. Auch sehen Speditionen das Tankstellennetz für Bio-LNG als noch zu lückenhaft an, zeigen Umfragen.

Biogas deckt den Bedarf nicht allein

Hendrik Haßheider, Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVi), Ref. 22 „Alternative Kraftstoffe“: „Es ist nicht so, dass die Politik bestimmte Kraftstoffe nicht haben will. Wir fördern ja auch Biogas oder Biomethan über eine Unterquote. Biogas muss möglichst viel fossiles Erdgas ersetzen. Allerdings müssen wir sehen, dass Biogas allein den Bedarf im Verkehrssektor nicht decken kann. Darum brauchen wir auch die Elektromobilität und strombasierte Kraftstoffe (E-Fuels). Biomethan bzw. Bio- LNG sehen wir insbesondere im Schwerlastverkehr wie Lkw oder Busse. Mit der Flottenregulierung reizen wir ganz gezielt die Elektromobilität an, mit der nationalen Umsetzung der RED II dagegen regenerative Kraftstoffe wie Biomethan. Beides zusammen ist wichtig. Wir können nicht erst anfangen, auf Elektromobilität zu setzen, wenn wir 100 % erneuerbare Energien im Strommix haben. Wenn wir 2030 14 Mio. Elektrofahrzeuge im Markt haben, fahren immer noch rund 30 Mio. Verbrenner in Deutschland, sodass der Absatzmarkt auch für regenerative Kraftstoffe sehr groß ist. Dies gilt noch mehr für den Luft-und Seeverkehr, da bei diesen Verkehrsträgern eine Elektrifizierung nur schwer möglich sein wird.“

Klimaschutzwirkung von Biogas wird unterschätzt

Horst Seide, Präsident Fachverband Biogas: „Wenn wir Gülle, Mist, Stroh oder Blühmischungen vergären, vermeiden wir Emissionen. Bei Gülle und Mist entstehen bei der Lagerung Methan, das wir in der Biogasanlage nutzen und das bei der Vergärung nicht in die Atmosphäre gelangt. Bei Stroh oder dem Aufwuchs von Naturschutzflächen dagegen entstehen CO₂ und Lachgas beim Verrotten auf dem Feld. Auch das ließe sich bei der Vergärung vermeiden, wird aber bei der Klimaschutzleistung nicht berücksichtigt. Darum könnte die Klimaschutzwirkung von Biomethan als Kraftstoff wesentlich höher sein. Biogas ist eines der preiswertesten Möglichkeiten, CO₂ im Verkehr zu vermeiden. Zur Frage, ob Biogas nicht besser im Strombereich aufgehoben ist, lässt sich sagen: Beides wird gebraucht.

Aber Biogasanlagenbetreiber werden künftig in die Märkte liefern, die den höchsten Erlös bieten. Im Strombereich ist das der Verkauf zu Zeiten, an denen Strom stark gefragt und teuer ist, z.B. in der Dunkelflaute. Im Verkehrssektor ist es der Schwerlastverkehr, weil hier Alternativen fehlen. Was uns in der Branche seit Jahren fehlt, ist die Verlässlichkeit der Politik. Es grenzt z.B. an Schikane, dass wir fünf Jahre über die Umsetzung der RED II diskutieren, diese dann am 1.7. in Kraft tritt und die Politik danach erst anfängt, sich über Berechnungsgrundlagen Gedanken zu machen. Wir haben viele Vorschläge dazu gemacht, die nicht umgesetzt wurden.“

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