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topplus Holz und Klimaschutz

Neuer Streit um Klimaschutzeffekte von Waldholz: Ist ein CO2-Preis auf Holz gerechtfertigt?

Das Deutsche Biomasseforschungszentrum (DBFZ) hält eine pauschale Förderung von Holzheizungen für unangemessen, da die Nachhaltigkeit nicht immer gegeben sei. Forstexperten halten massiv dagegen.

Lesezeit: 7 Minuten

Zwei Drittel der Wärme aus erneuerbaren Energien in Deutschland stammen derzeit aus Holz. Etwa die Hälfte des Holzes hierzulande wird dafür und auch zur Stromerzeugung genutzt. Neben Waldholz kommen dabei u.a. auch Reste aus der Holzverarbeitung zum Einsatz. Ob dies dem Klima mehr schadet als nützt, gilt seit Langem als umstritten. Hintergrund sind die komplexen Treibhausgaseffekte der Holzenergie. Diese umfassen nicht nur Verbrennungsemissionen, sondern auch vorgelagerte Emissionen etwa aus Transport und Verarbeitung von Holzbrennstoffen sowie Auswirkungen auf die Kohlenstoffspeicherung in Wäldern und die Nutzung fossiler Alternativen.

Ein von Wissenschaftlern des Deutschen Biomasseforschungszentrums (DBFZ) veröffentlichtes Diskussionspapier weist darauf hin, dass die Klimaeffekte von Holzenergie stark von Herkunft, Verarbeitung und Nutzung von Holzbrennstoffen abhängen, und pauschale Aussagen daher problematisch sind. Damit energetische Holznutzungen nachhaltig sind, müssen zudem auch weitere ökologische sowie ökonomische und soziale Faktoren beachtet werden, so eine wesentliche Aussage des Diskussionspapiers. Selbst der regionale Bezug von Holzbrennstoffen aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern sei nicht immer ein Garant für nachhaltige Holzenergie, so die Leipziger Wissenschaftler:innen. Angesichts der unübersichtlichen Gemengelage ist es für Verbraucher:innen derzeit kaum möglich, eine eigene fundierte Entscheidung etwa für oder gegen eine Holzheizung zu treffen.

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Neue Förderung von Holz gefordert

Das DBFZ empfiehlt im Diskussionspapier daher eine Anpassung des politischen Rahmens für Holznutzungen. Hierdurch müsse sichergestellt werden, dass nur nachhaltige Holzenergie wettbewerbsfähig ist. Dafür ist erstens der Abbau klimaschädlicher Subventionen für Holzenergie, etwa in Form der pauschalen Förderung von Holzheizungen, notwendig. Sinnvoll für das Klima ist laut DBFZ stattdessen eine gezielte Unterstützung innovativer Technologien wie etwa hybride Wärmesysteme, in denen Holzenergie beispielsweise Wärmepumpen in Zeiten hoher Strompreise ergänzt. Zweitens sollte der Ausschluss der Holzenergie aus den Emissionshandelssystemen korrigiert werden, der ebenfalls eine pauschale Förderung darstellt. Drittens müssen die Klimaschutzbeiträge von Wäldern und langlebigen Holzprodukten finanziell honoriert werden, so das DBFZ. Die Wissenschaftler empfehlen einen klimapolitischen Ansatz. Dieser umfasst einen CO₂-Preis auch auf biogene Emissionen aus Holz sowie die finanzielle Honorierung von Kohlenstoffspeichern. Hiermit lässt sich klimafreundliche Holzenergie sicherstellen, ohne die komplexen Treibhausgaseffekte individueller Holzbrennstoffe ermitteln zu müssen.

„Holz ist kein Erdöl“

Der Fachverband Holzenergie (FVH) kritisiert die Vorschläge scharf. „Ein CO₂-Preis auf Holz ist absurd und völlig unbrauchbar. Die Holzenergie in Deutschland fügt der Atmosphäre unterm Strich kein CO₂ hinzu, denn es ist Bestandteil eines biogenen Kreislaufs, welcher auf strikt nachhaltiger Waldbewirtschaftung basiert“, argumentiert FVH-Vorstand Bernd Heinrich. Ein CO₂-Preis für erneuerbare Energie aus Holz würde effektiven Klimaschutz und einen schnellen Ausstieg aus fossilen Energien konterkarieren und für die bisherige Energiegesetzgebung einen Scherbenhaufen bereiten. „Der CO₂-Preis auf fossile Energieträger stellt eines der wichtigsten Lenkungsinstrumente der Klima- und Energiepolitik dar und würde bei Anwendung auf erneuerbare Energien ad absurdum geführt. Holz ist schließlich kein Erdöl, sondern die wichtigste erneuerbare Energieform Deutschlands.“

Heinrich erinnert daran, dass fast 30 % der gesamten erneuerbaren Energien Deutschlands aus nachhaltig erwirtschaftetem Holz stammen und bei der erneuerbaren Wärme der Anteil bei zwei Dritteln liege. Insgesamt basierte die Wärmeversorgung Deutschlands 2022 noch zu rund 83 % auf klimaschädlichen, fossilen Energien.

Starke Belastung der Verbraucher

Der FVH-Vorstand kritisiert, dass die Kosten- und Akzeptanzfrage außen vorgelassen werde und Millionen Verbraucher und Unternehmen, die sich für Klimaschutz mit Holz entschieden hätten, von dem Vorschlag unnötig belastet würden: „Komplett außer Acht lässt der Vorschlag auch die Akzeptanz für die Wärmewende, die bereits durch die monatelange Diskussion zum so genannten Heizungsgesetz deutlich gelitten hat. Anstatt nicht nachvollziehbarer Querschüsse auf die Wärmewende brauchen Bevölkerung und Wirtschaft eine klare Zielsetzung und verlässliche Rahmenbedingungen.“

In Deutschland werden zur Energienutzung rund 27 % Derbholz aus Wald und Garten genutzt, gefolgt von Altholz (22,5 %), Sägeresten (15,4 %), Waldrestholz (10,9 %), Material aus der Landschaftspflege (8,5 %) und restliche Holzsortimente wie Rinden oder Schwarzlauge.

Verzicht auf Brennholznutzung gefährdet Waldumbau

Der wegen des Klimawandels erforderliche Umbau von drei Millionen Hektar Wald erfordert Durchforstungen, um eine rasche natürliche Verjüngung der Wälder zu ermöglichen und der neuen Baumgeneration rechtzeitig genügend Licht und Wasser zu verschaffen. Dadurch wird ein erhöhter Anfall an Waldrestholz weit über die Mitte des Jahrhunderts hinaus anfallen. „Dessen energetische Nutzung muss auch deshalb integraler Bestandteil der Waldbewirtschaftung sein, weil sommerliche Dürre im Verein mit noch mehr Totholz ein zerstörerisches Waldbrand-Potenzial entwickelt“, erklärt der Forstwissenschaftler Prof. a.D. Roland Irslinger aus Tübingen in einer Stellungnahme zum DBFZ-Papier. Denn schwere Waldbrände profitieren vom Totholz, das Feuerrisiko in unbewirtschafteten Waldlandschaften mit einer großen Brennstofflast ist besonders hoch. Im dicht besiedelten Mitteleuropa wäre das viel zu gefährlich. Naturnahe Waldwirtschaft sorgt dagegen für eine Reduktion der Brandlasten.

Holzpelletheizungen sauberer als Wärmepumpen

Wärme aus Wärmepumpen emittiert zehnmal mehr fossiles CO₂, zehnmal mehr Methan und viermal mehr Lachgas als Wärme aus dem Pelletofen, analysiert Irslinger. Der aktuelle Strommix sorge dafür, dass die Holzheizung weit klimafreundlicher als die Wärmepumpe seien. „Selbst wenn Mitte des Jahrhunderts der Strom hundertprozentig CO₂-neutral sein sollte, wird die Wärmepumpe nicht besser sein können als die Pelletheizung“, sagt der Wissenschaftler. Insofern sei die Darstellung des DBFZ irreführend, auch was die Vorkettenemissionen beträfe, denn diese entstünden auch bei fossilen Energieträgern, insbesondere bei Erdgas. In sämtlichen Substitutionsberechnungen seien die Vorkettenemissionen enthalten.

„CO₂-Preis auf Holz ist klimapolitisch kontraproduktiv“

Irslingers Schlussfolgerungen:

  • Die Anreicherung von noch mehr Biomasse in unseren Wäldern, um schwer 
vermeidbare Restemissionen auszugleichen, ist ein Irrweg und nicht nachhaltig, denn biogene Senken werden bei dieser Sichtweise fälschlicherweise wie vermiedene Emissionen behandelt. Die Formulierung des DBFZ auf S. 11, „die Entwicklung der Kohlenstoffsenke des Waldes sei ein maßgeblicher Indikator für den Klimaschutzbeitrag von Waldflächen und Holzenergie“, ist nicht richtig; und die Forderung S. 17 „Solange das Klimaziel des LULUCF-Sektors verfehlt wird, sollte das Ausmaß der Holzenergie hinterfragt werden“ für die deutsche Waldpolitik nicht zielführend, denn der Klimaschutzbeitrag der Wälder in Deutschland liegt bereits jetzt auf Höhe des geforderten „klimaeffizienten Niveaus“ (S. 18). Der Satz auf S. 27/28 DBFZ „Erst die Förderung von Kohlenstoffspeichern führt zu einem nachhaltigen Umfang von Wäldern und Holzprodukten, der dann wiederum die Basis für nachhaltige Holzenergie bildet“ ist kontraproduktiv im Sinne der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes. 

  • Da der Klimawandel zu einer Reduktion der C-Tragfähigkeit unserer Waldlandschaften führen wird, muss hinsichtlich der bei der Waldbewirtschaftung anzustrebenden Holzvorräte ein Risikopuffer einkalkuliert werden. Unter diesem Aspekt sind unsere Wälder bereits jetzt eher über- als unterbevorratet. 

  • Aufgrund der geschilderten waldökologischen Zusammenhänge wird der gemeinsame Klimaschutzbeitrag von Holz im LULUCF-Sektor und im Energiesektor durch eine CO2-Besteuerung gemindert anstatt erhöht, da sowohl die Waldsenke als auch die Holzproduktsenke mit steigenden Holzvorräten abnehmen und die Aufrecherhaltung der aktuellen Substitutionsleistungen des Waldes gefährdet ist. 

  • Eine Förderung der Holzenergie führt aus den genannten Gründen entgegen der Darstellung nicht zur Übernutzung der Holzressourcen, sie steht einer nachhaltigen Holznutzung nicht entgegen, sondern gewährleistet die Aufrechterhaltung der Waldsenke. 

  • Der Beitrag der energetischen Holznutzung ist unter den Waldverhältnissen in Deutschland eindeutig klimapositiv. 

  • Die in Deutschland größtenteils praktizierte naturnahe Waldwirtschaft gefährdet die Biodiversität nicht. Unsere Wälder sind Teil der Kulturlandschaft, ihre Biodiversität ist eng mit der Nutzung verknüpft. Die meisten der im Wald 
vorkommenden Organismen sind an die Waldbewirtschaftung gebunden. Eine Ausweitung von Schutzzonen im Wald kann den Artenrückgang nicht aufhalten, Waldbewirtschaftung ist essenziell für den Artenschutz, Nadelbäume in unseren Wäldern sind essenziell für die Artenvielfalt.
  • Die Kriterien einer „qualifizierten Klimaschutzeffizienz“ sind aktuell in Deutschland erfüllt. Unter einer CO2-Bepreisung können diese nicht mehr gewährleistet werden. Die Nutzung unserer Wälder unter PEFC bzw. FSC-Zertifizierung ist bereits jetzt hocheffizient im Sinne des Klimaschutzes. 

  • Eine Bepreisung biogener CO2-Emissionen aus Holz und die finanzielle Honorierung der Kohlenstoffspeicherung im Wald gefährdet die Nachhaltigkeit unserer Wälder und schmälert deren Bedeutung für den Klimaschutz.

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