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topplus Geschlechtsumwandlung bei Küken?

Nach Beschallung schlüpfen mehr weibliche Küken

Es klingt bizarr: Werden Bruteier mit einer bestimmten Abfolge von Tönen beschallt, schlüpfen daraus mehr Hennen als Hähne. Diese Methode aus Israel wird im Frühjahr auch in Deutschland getestet.

Lesezeit: 4 Minuten

Dieser Artikel erschien zuerst im Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben.

Wie genau der Ablauf während der 21-tägigen Brutphase ist, will uns Alon Gozlan vom israelischen Unternehmen „Soos“ nicht verraten. Der entscheidende Unterschied dieser ungewöhnlichen Methode ist jedenfalls, dass die Eier in den ersten 16 Tagen mit einer bestimmten Abfolge von Tönen beschallt werden. Aber auch bezüglich der Tempe­ratur und Feuchtigkeit im Brutschrank soll sich die Behandlung der Eier vom Normalprozess unterscheiden. Die Einzelheiten sind Betriebsgeheimnis, sagt Gozlan.

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Ziel: Mehr als 85 % Hennen

Nach inzwischen knapp 90 durchgeführten Versuchen mit weit mehr als 100.000 Bruteiern kann Gozlan sagen, dass im Schnitt zwischen 60 und 70 % Hennen schlüpfen. Sein Ziel ist ambitionierter: Langfristig will Soos in der Lage sein, bis zu über 85 % Hennen schlüpfen zu lassen.

Die Möglichkeit der Geschlechtsumkehr ist aus dem Tierreich bekannt, beispielsweise bei Amphibien. Mit der Beschallung will man der Natur auf die Sprünge helfen. Normalerweise ist das Geschlechtsverhältnis schlüpfender Küken etwa 50:50. Die ausge­sendeten Töne führen dazu, dass ein bestimmter Teil der eigentlich männlichen Küken weibliche Geschlechtsorgane ausbildet. Auch das Aussehen ist das einer typischen Henne. Genetisch bleiben diese Tiere jedoch Hähne. Die Schlupffähigkeit soll nicht leiden.

Das dies bei Hühnern überhaupt möglich ist, entdeckte der Erfinder des Verfahrens, Nashat-Nazih Haj Mohammad, durch die Be­obachtungen seiner Großmutter. Wenn diese nämlich Eier unter ­einem Strommast ausbrüten ließ, schlüpften mehr Hähne. Diesen Prozess drehte der Techniker da­raufhin um.

Gleicher Schall für alle Eier

Alon Gozlan erzählt, worauf es beim Brutprozess ankommt: Wichtig sei es zunächst, die Hintergrundgeräusche im Brutschrank, die beispielsweise durch Lüfter immer vorhanden sind, zu entfernen. Soos entwickelte dafür ein paten­tiertes Ventilationsverfahren.

Auf den Eierhorden sind Soundmaschinen installiert, die die Töne in ausgeklügelten Frequenzen aussenden. Noch sind die Mitarbeiter dabei herauszufinden, wie die optimale Anordnung dieser Soundboxen aussehen muss, damit auch auf alle Eier das gleiche Signal trifft. Zahlreiche Sensoren auf den Bruthorden kontrollieren die Ausbreitung der Schallwellen. So wurde beobachtet, dass je nach Position der Eier auf der Horde unterschiedlich viele Hennen schlüpfen.

Bevor der Prozess in einer indus­triellen Brüterei wirklich zur Anwendung kommen kann, hat Alon Gozlan noch einiges zu tun. „Wir müssen die Technik auf den Bruthorden robuster machen, denn die Reinigung und Desinfektion ist wichtig in einer Brüterei“, macht er deutlich. Doch das Unternehmen hat die Markteinführung fest im Blick. Pilotprojekte laufen gerade in den USA, Italien, Belgien und ab April auch in einer Bio­brüterei in Baden-Württemberg.

Gibt es Leistungsunterschiede?

Eine wichtige Frage gilt es vor ­einem möglichen Großeinsatz und der Akzeptanz der Praktiker noch zu klären: Legen die geschlechtsumgewandelten "Transhennen" genauso viele Eier in der gleichen Qualität wie die genetisch weiblichen Tiere? Alon Gozlan sagt, dass dies­bezüglich keine Unterschiede zu beobachten seien. In zwei Prüfperioden über sechs bzw. acht Legemonate entsprach die Legeleistung der geschlechtsumgewandelten Tiere der ihrer Schwestern. Gozlan zufolge soll sich auch die Morta­lität sowie die Eischalenqualität auf gleichem Niveau befinden. Die Anzahl der bei diesen Tests untersuchten geschlechtsumgewandelten Tiere war allerdings deutlich geringer als die der genetisch weiblichen Tiere.

Hintergrund – Kükentötenverbot



Seit Anfang 2022 ist das Küken­töten in Deutschland verboten. Alle geschlüpften Hähne müssen seitdem aufgezogen werden. Für einen Übergangszeitraum bis Ende 2023 ist die Geschlechtsbestimmung im Ei noch über den sechten Bruttag hinaus erlaubt. Ab 2024 muss mit Stand heute die Geschlechtsbestimmung im Ei dann bis zum sechsten Bruttag erfolgen. Das kann aktuell keine Methode leisten. In der Praxis angewendete Ver­fahren finden aktuell frühestens am neunten Bruttag statt. Im März ­werden die Ergebnisse einer von der Bundesregierung in Auftrag gegebe­nen Studie zum Schmerzempfinden von Hühnerembryonen erwartet. Dann soll auch die aktuelle Gesetzgebung noch mal evaluiert werden.

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