In dichten Reihen stehen viele Tausend von ihnen nebeneinander. Gerade ausgesät, frisch verschult oder kurz vor der Rodung warten Fichten, Douglasien, Buchen und Roteichen in sandigen Beeten darauf, später im Wald Wurzeln schlagen zu können.
Im Sommer sammeln die jungen Waldbäume noch ordentlich Kraft, bevor die „Abschlussklasse“ im Herbst als künftige Generation in den Wald gepflanzt wird. Jedoch treten nur die Besten von ihnen den Weg aus der Baumschule an. In Lippstadt hat uns Baumschulbetreiber Stefan Jungermann einen Blick über die Schulter erlaubt und gezeigt, worauf es bei der Pflanzenanzucht ankommt.
Breites Angebot
Zu Jungermanns Angebot zählen mehr als 60 Laub- und rund 25 Nadelholzarten. „Zu den Bestsellern gehören Buche, Eiche, Fichte, Douglasie und Kiefer“, zählt Stefan Jungermann auf. Dabei stehen für ihn Vitalität und Qualität im Vordergrund. Die Begründung dafür klingt logisch: „Wir planen Kulturen, die 100 Jahre und länger im Wald stehen.“
Der Gärtner bewirtschaftet gemeinsam mit seinem Bruder Peter den 1911 von seinem Großvater gegründeten Familienbetrieb. Für die etwa 50 ha Anzuchtflächen in Lippstadt und weitere 40 ha Weihnachtbaumkulturen ist Stefan Jungermann zuständig. Bruder Peter kümmert sich vorrangig um den Vertrieb und den Stammsitz in Kirchhundem (Kreis Olpe). Dort betreiben Jungermanns derzeit auf 10 ha Weihnachtsbaumanbau.
Mithilfe von bis zu 30 Mitarbeitern produziert und verkauft der Betrieb Jungermann Forstpflanzen an staatliche, kommunale oder private Forstbetriebe in der Region.
Der Boden macht es aus
Vor rund 30 Jahren erweiterte sich der Familienbetrieb mit den Anzuchtflächen in Lippstadt. Die Fachleute haben speziell nach einem sandigen Standort gesucht. Zwar gelingt die Produktion in Kirchhundem auch gut, doch der Sandboden erleichtert einige Arbeitsschritte und ist zudem ganzjährig befahrbar. Weiterer Vorteil des Sandbodens aus Jungermanns Erfahrung: Das Feinwurzelwerk der Pflanzen entwickelt sich üppiger als im lehmigen Sauerländer Boden.
Darüber hinaus ist die Bodenverdichtung infolge der vielen Überfahrten mit dem Schlepper geringer. „Wir bewirtschaften unsere Böden viel intensiver als landwirtschaftliche Betriebe“, sagt Jungermann. Schon vor der Saat bearbeitet der Baumschuler die meist grüngedüngten Saatbeete mit Mulcher, Grubber, Tiefengrubber, Fräse, Kreiselegge und Walze.
Insgesamt ist der Technisierungsgrad hoch, wenngleich einige Arbeiten immer noch von Hand geschehen. Die Saat der Gehölze erfolgt mit der Drillmaschine. Das herkunftsgeprüfte Saatgut legt Jungermann angepasst an die jeweilige Baumart in das Saatbeet ab – Bucheckern nur ganz leicht mit Sand bedeckt, Eicheln hingegen bis zu 4 cm tief.
Allein das Wissen um die beste Saattiefe bedurfte langjähriger Erfahrung. Ebenso das geeignete Drillverfahren, sprich welche Baumarten sich zur Breitsaat (Nadelholz) eignen oder eine Reihensaat (Laubholz) erfordern. Durch die Optimierungen der Saat sind die Keimbedingungen in der Baumschule deutlich besser als im Wald, ist sich Jungermann sicher. Gesät wird im Winter, während der Vegetationsruhe, bis ins Frühjahr hinein.
Qualität erkennen
„Die Pflanzenfrische ist der Grundstein für den Anwuchserfolg“, sagt Stefan Jungermann. Für eine gute Qualität von Forstpflanzen sind ein hoher Feinwurzelanteil und ein ausgewogenes Spross-Wurzel-Verhältnis Erkennungsmerkmale. Außerdem sollte der Waldbauer immer einen Blick auf die Transportweise des Pflanzgutes werfen. „Sind die Wurzelballen mit einem feuchten Sack abgedeckt statt schutzlos Wind und Sonne ausgesetzt, ist das ein Merkmal für gewissenhaften Umgang mit den Pflanzen“, weist Jungermann hin.
Hegen und pflegen
Die Saatbeete sandet Jungermann frisch ab. Der Sand speichert Wärme, wovon das Saatgut profitiert, außerdem reflektiert er Sonnenstrahlen. Auf diese Weise bekommen die Sämlinge mehr Wärme. Zudem bewässert der Fachmann Saat und Sämlinge.
„Mit Wasser ist in der Baumschule viel steuerbar“, erklärt der Praktiker. Einerseits sind die Pflanzen immer optimal mit Wasser versorgt, andererseits nutzt er das Wasser, um die Sämlinge im Frühjahr vor Spätfrost zu schützen. Außerdem erhalten die jungen Pflanzen entsprechende Düngegaben – bedarfsorientiert, mehrere kleine Gaben auf der Grundlage von Bodenproben.
Zur Grunddüngung nutzt der Betriebsleiter häufig Rinder- und Pferdemist. Gülle ist kein Thema, ebenso wie Putenmist – der ist zu scharf. Unkraut bekämpft Jungermann überwiegend mechanisch per Hand. „Vollkommen ohne Herbizide geht es jedoch nicht“, sagt er. Jedoch versucht der Praktiker, die Herbizidgaben auf das nötigste Maß zu beschränken.
Umpflanzen häufig nötig
Je nach Sortiment verschult der Baumschuler die Sämlinge – er pflanzt sie um. Dies gilt vor allem für Nadelhölzer. Das verbessert den Wurzelhalsdurchmesser und stabilisiert die Pflanze. Verschult wird im Frühjahr, nach der Verkaufssaison.
Nadelholz wird fast ausschließlich im Herbst verschult, da es im Gegensatz zum Laubholz noch bis zum Wintereinbruch anwächst. Die Pflanzen sind bei dem Arbeitsgang ein- bis zweijährig.
Mit einem sogenannten Rüttelpflug roden Jungermann und seine Mitarbeiter die Sämlinge und pflanzen sie anschließend mit größerem Abstand in ein Verschulbeet. Abhängig vom geplanten Sortiment beträgt die Pflanzenzahl zwischen 6 und 14 Stück/m. Nach weiteren ein bis zwei Jahren im Verschulbeet gehen die Pflanzen in den Handel.
Zuvor kontrollieren und sortieren Jungermanns Mitarbeiter allerdings jede Pflanze nach Größe und Qualität. Das ist reine Handarbeit und geschieht in einer Halle zum Feinwurzelschutz vor Wind und Sonne. Der Abfall variiert zwischen 5 und 25 % und ist von zahlreichen Einflussfaktoren abhängig, beispielsweise Hagelschlag. Jedoch sind kleinere Abfallprozente die Regel.
Trends und Preise
Die Preisschwankungen sind im Baumschulbetrieb sehr groß und von Nachfrage und Witterung abhängig. Hinzu kommt, dass die Produkte nicht lagerfähig sind. „Ich muss verkaufen oder vernichten“, sagt Jungermann. Hingegen gibt es keinen Zusammenhang zwischen Holzpreis und Pflanzenvermarktung.
Die Versorgung der Waldbesitzer mit Pflanzen nach einem Großschadereignis, wie Sturm oder Käferbefall, kann Jungermann nicht unmittelbar sicherstellen. Der Baumschuler produziert jährlich mehr oder weniger ähnliche Pflanzenmengen. „Um auf Trends oder Kalamitäten reagieren zu können, brauche ich mindestens zwei Jahre Zeit“, erzählt Jungermann.
Einen Tipp für das geeignete Pflanzverfahren seiner Produkte gibt er nicht. „Das Sortiment muss an den Standort und das Pflanzverfahren an das Sortiment angepasst sein“, sagt der Lippstädter Baumschulbetreiber.
Von Förstern und Waldbauern fordert Jungermann mehr Flexibilität bezüglich des Pflanztermins. Fixe Termine im März oder April hält er für falsch. „Gerade in tieferen Lagen ist oftmals eine Pflanzung nach dem Hauptwinter zu Februarbeginn möglich“, äußert Jungermann. Der vorverlegte Pflanztermin entspannt seiner Ansicht nach die Produktionskette und beugt außerdem Verlusten durch Frühjahrstrockenheit vor.
Den Vergleich mit Containerware scheut er übrigens nicht. „Entscheidend für eine gute Pflanzenqualität ist ein hoher Feinwurzelanteil und Pflanzenfrische“, betont Jungermann.
Gesetz regelt Saatgutanforderungen
Der Saatgutpreis variiert von 40 €/kg Bucheckern bis 1.000 €/kg Douglasiensamen. Ebenfalls unterschiedlich ist die Sämlingsausbeute. Beispielsweise lassen sich von 1 kg Fichtensaatgut rund 60.000 Sämlinge gewinnen.
Das Saatgut bezieht die Baumschule beispielsweise vom Lehr- und Versuchsforstamt Arnsberger Wald. Saatgut von schwersamigen Laubhölzern wie Eiche und Buche sammeln Jungermanns Mitarbeiter zum Teil selbst. Entscheidend ist, dass jedes Saatgut die Anforderungen des Forstvermehrungsgutgesetzes erfüllt, um die Forstpflanzen später verkaufen zu dürfen. Zusätzlich gibt er für einige Sortimente eine Herkunftsgarantie, aufgrund eines genetischen Fingerabdrucks.