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Fürstenhaus zu Bentheim und Steinfurt setzt bei Aufforstung auf Naturverjüngung

Nach großen Schäden muss das Fürstenhaus zu Bentheim und Steinfurt riesige Flächen aufforsten. Wie dabei die Natur hilft und welche Strategie dem Ganzen zugrunde liegt, lesen Sie hier.

Lesezeit: 8 Minuten

Wir haben lange versucht, die Fichte zu halten. Mit einem Unternehmer konnten wir das Sturmholz nach Friederike schnell aufarbeiten. Aber dann kam es auch in unseren Revieren zu einer Massenvermehrung des Buchdruckers und wir haben bis zum Sommer 2022 alle großen Flächen verloren.“

Olaf Hoffmann ist Oberförster beim Fürsten zu Bentheim und Steinfurt. Und man merkt ihm natürlich an, dass dieser Verlust heftig an ihm zerrt. Wir treffen ihn im Juni und sehen uns an, wie es auf den Kalamitätsflächen jetzt weitergeht.

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Olaf Hoffmann hat in dem Betrieb Ende der 80er-Jahre seine Ausbildung zum Forstwirt absolviert und kehrte nach Studium und einer Zwischenstation 1997 in die Forstverwaltung zurück. Der Fürst zu Bentheim und Steinfurt gehört zu den größten Waldbesitzern in der Region. Die komplette Fläche umfasst rund 4.500 ha in NRW und Niedersachsen. Es gibt zwei Förster, Olaf Hoffmann verantwortet eine Gesamtfläche von gut 2.500 ha vor allem um Steinfurt herum bis nach Niedersachsen. Die Bodenverhältnisse sind wie im Münsterland und der Grafschaft Bentheim üblich stark wechselnd, vom Ton bis zu Dünenstandorten.

Fichte fast verschwunden

Im Revier von Olaf Hoffmann machen Buche/Eiche etwa 50 % der Bestände aus, ein sehr großer Anteil entfällt auch auf die Kiefer. Vor dem Fichtensterben hielten sich Kiefer und Fichte mit jeweils gut 25 % Anteil die Waage. Heute ist die Fichte bis auf wenige Reste verschwunden.

Die Restbestände sind angerissen und bei unserer Rundfahrt zeigten die Randbäume bereits wieder die bekannte Braunfärbung. Die Schäden haben den Forstbetrieb vor gewaltige Herausforderungen gestellt: „Allein im Jahr 2020 mussten wir 25.000 fm Holz machen – und das zu schlechten Preisen.“ Insgesamt beläuft sich die Schadfläche in Hoffmanns Revier auf gut 1.000 ha im Nadelholz.

Punktuell gibt es auch Schäden in den Laubholzbeständen. Hier sind vor allem die Altbäume betroffen, deren Wurzeln dem gesunkenen Grundwasserstand nicht hinterherwachsen können. Und im Bereich der Grafschaft Bentheim hat der Betrieb Eichenschäden beobachtet, die Förster Hoffmann auf das durch die Trockenheit bedingte starke Schrumpfen der Tonböden zurückführt: Die Feinwurzeln scheinen regelrecht abzureißen und manche Bäume fallen einfach um.

Aktives Wassermanagement

Auf einigen Flächen überlegen Oberförster Hoffmann und sein Kollege, ein aktives Wassermanagement einzuführen. „Wir wollen künftig versuchen, das Wasser vom Winter länger auf den Flächen zu halten.“ Dazu sollen die Gräben gezielt angestaut werden.

Bei unserem Besuch machte sich gerade die Eichenfraßgesellschaft, also Frostspanner, Eichenwickler und Co., über das junge Laub her. Weil die Bestände im FFH-Gebiet liegen, ist der Einsatz eines Biozids tabu. Olaf Hoffmann sagt, dass der Betrieb gerne dagegen angehen würde, vor allem, weil die Eichen schon aus den letzten Jahren geschwächt sind. Von den zuständigen Behörden fühlt sich der Förster aber eher alleingelassen.

Räumen ohne Mulcher

Wie hat der Betrieb reagiert und wie geht es jetzt weiter? Bei der Räumung der Flächen hat sich die Strategie in den letzten Jahren geändert. Zu Beginn der Kalamitäten war der Flächeneinsatz des Mulchers üblich.

„Wir haben aber beobachtet, dass sich die Mulchflächen durch die intensive Sonneneinstrahlung stark erwärmten, und das war ein großer Nachteil für den Anwuchserfolg. Wir haben teils gewartet, bis sich auf diesen Flächen die Naturverjüngung, vor allem Kiefer, einen Schirm bildet und füllten dann die Lücken mit Douglasie und Lärche in Verbänden von 2 x 2 bzw. 3 x 3 m auf.“

Mittlerweile haben sich die Steinfurter komplett vom Einsatz des Mulchers verabschiedet. Neben der Erwärmung waren auch die Kosten von bis zu 2.500 €/ ha ein wichtiger Grund umzudenken. Die anderen Kalamitätsflächen wurden vor allem mit dem Bagger geräumt, der den Schlagabraum recht grob auf den alten Rückegassen zusammenzieht und den Boden gezielt aufreißt, um Naturverjüngung zu fördern und das Pfeifengras zu bremsen. Diese Maßnahme, die den Bestand nicht besenrein zurücklässt, veranschlagt der Förster mit 600 bis 800 € pro Hektar.

Eine weitere Variante ist das Bearbeiten der befahrbaren (sandigen) Flächen mit dem „Maulwurf“, einem hydraulisch angetriebenen Scheibenpflug. Die Kosten für den Einsatz des Unternehmers belaufen sich ebenfalls auf 600 bis 800 €/ha. Ziel der Maßnahme ist die Vorbereitung der Pflanzreihen und das Fördern der Naturverjüngung. Kronenmaterial wird so weit möglich vorher von der Fläche geholt und zu Hackschnitzeln verarbeitet.

Die Naturverjüngung spielt die zentrale Rolle in der Strategie des Betriebes. Sie wird gezielt gefördert: „Wir nehmen erstmal alles mit, was die Natur uns schenkt.“ Probleme bereitet allerdings die spätblühende Traubenkirsche, die früher in die Nadelholzbestände eingebracht worden war. Durch ihr sehr starkes Wurzelwerk ist sie schwer in Schach zu halten.

Stabile Bestände als Ziel

Olaf Hoffmann ist davon überzeugt, dass durch den hohen Anteil naturverjüngter Bäume stabile, standortgerechte Bestände entstehen. Außerdem stellen sich die jetzt jungen Bäume deutlich besser auf die geänderten Klimabedingungen ein, als es die Altbestände konnten. Jeder Förster muss eben auch Optimist sein.

Außerdem steht für ihn fest, dass auf den Nadelholzflächen wieder Nadelholz folgen soll: „Wir rechnen damit, dass es auch künftig eine große Nachfrage danach geben wird und die wollen wir gerne bedienen, und das traditionell nachhaltig.“

Neben der Kiefer, die oft aus Naturverjüngung stammt, spielen Douglasie und Lärche eine wichtige Rolle dabei. Bei den Lärchen setzt Olaf Hoffmann auf die Euro-Lärche, sein Kollege in trockenen Bereichen auch auf die Japan-Lärche. Auch Fichte in Naturverjüngung ist willkommen, und wo es passt, wird die Fichte auch gezielt in die Mischung eingebracht. Weißtanne ist nur mit Schutz möglich und deshalb sehr selten im Einsatz.

Ziel sind 20 bis 30 % Laubgehölze in den Nadelholzbeständen. Aus Naturverjüngung kommen besonders Eiche, Birke und Eberesche. Die Birken dürfen (kontrolliert) mitwachsen, ihr Brennholz ist eine gute Einnahmequelle. Auf trockenen Standorten kommt die Robinie dazu. Teils hat der Betrieb auch Esskastanie gepflanzt. Wo der Wilddruck zu groß ist, werden auch kleinere Flächen mit Gattern geschützt.

Gerne etwas größer

Bei der Pflanzung nutzt der Betrieb meist den Hohlspaten. Das passt gut z. B. bei der Douglasie, die gerne etwas größer gepflanzt wird (40/70; 2 + 1). Sie ist so schneller aus dem Äser heraus und weniger anfällig gegen den Rüsselkäfer. Gute Erfahrungen hat der Förster hier mit dem Verbissschutzmittel Trico gemacht.

Intensiv geförderte Naturverjüngung und Reste von Schlagabraum machen die spätere Kulturpflege anspruchsvoll. Der Einsatz von Maschinen ist nur schwer möglich, denn die Verjüngung hält sich nicht an die Reihen. Das ist Olaf Hoffmann voll bewusst: „Was wir vielleicht bei der Räumung der Flächen eingespart haben, investieren wir in die Pflege der Kulturen. Das ist bei uns vor allem Arbeit für Experten. Sie müssen beurteilen können, was wegmuss und was weiterwachsen darf. Der Betrieb arbeitet dabei mit Freischneidern und Spacern, also kompakten Kettensägen, die von einer Art Motorrucksack angetrieben werden.

Der Praktiker weiß natürlich, dass es künftig eine hohe Nachfrage nach Arbeitskräften für die Kulturpflege geben wird. Bisher gab es neben den beiden Förstern nur einen Angestellten, der vor allem Baggerarbeiten, also Graben- und Wegepflege, übernimmt. Zum August 2023 kommen ein Forstwirt und ein Azubi dazu. Und der Mitarbeiterstamm soll noch etwas wachsen – wenn auch die Bewerberzahl überschaubar ist. Das Münsterland ist eben keine klassische Forstregion und Fachkräfte sind hier noch knapper als üblich.

Jagd mit digitalem Nachweis

Ein wichtiges Element bei der Neubegründung der Bestände ist die Jagd. „Wir achten vor allem auf langjährige Verpachtungen und nicht auf den letzten Euro“, sagt Olaf Hoffmann. Etwa 50 % der Flächen sind verpachtet, auf den anderen 50 % organisiert der Betrieb die Bejagung selbst.

Dabei unterstützen Jagdhelfer. Es gibt eine größere Bewegungsjagd. Ansonsten setzt der Förster auf das Prinzip der Intervalljagden. Zwischen kleineren Drückjagden kehrt wieder Ruhe ein. Aktuell ist der Rehbestand auf einem niedrigeren Niveau und auch die Zahl der Wildunfälle ist deutlich zurückgegangen. Das zeigt dem Förster, dass seine Strategie aufgeht.

Dem Forstprofi ist es wichtig, einen guten Überblick über die Bestände und auch die Abschüsse zu behalten. Deshalb gibt es Überlegungen, im Betrieb ein System mit digitalen Kopfnachweis einzuführen.

Dem Oberförster ist klar: Nur wenn auch der Wildbestand passt, geht auch seine Strategie zur Naturverjüngung auf.

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