Wiebke Heider (64) wuchs auf einem Hof mit Rinder- und Schafzucht sowie Ferienwohnungen in Nordfriesland auf. Sie studierte Tourismus in München, engagierte sich in der Agenda-21-Bewegung und später in der Regionalentwicklung in Dachau. 2007 begann sie die Ausbildung zur Mediatorin. 2017 qualifizierte sie sich für das Kompetenzzentrum für Naturschutz und Energiewende. Zudem arbeitete Heider acht Jahre lang im Vorstand des Bundesverbandes MEDIATION e.V. Sie hat zwei Kinder und lebt in Apolda, Thüringen.
Frau Heider, soll ein Windpark gebaut werden, bewegt das die Gemüter. Wo entstehen die Konflikte und wie können Sie helfen und vermitteln?
Heider: Befürworter und Gegner der Windkraftanlagen stehen sich oft unversöhnlich gegenüber. Zugezogene, Alteingesessene, Flächenbesitzer, Politiker und Betreiber: Sie alle haben eine Meinung, Ängste und Wünsche. Ich muss versuchen, wieder gemeinsamen Boden zu finden, sozusagen Friedensarbeit leisten. Mein Ziel ist es, für alle eine gute Lösung zu finden.
Wie gehen Sie vor?
Heider: Zunächst stehe ich natürlich vielen verschränkten Armen gegenüber. In Einzelgesprächen ermutige ich dann jeden, richtig Dampf abzulassen. So wissen auch alle, dass ich ihren Standpunkt verstanden habe. In der großen Runde will ich in den Lagern wieder Verständnis füreinander erzeugen und einen gemeinsamen Weg finden.
Wer zieht Sie im Konflikt hinzu?
Heider: Die Anlagenbetreiber rufen mich oft erst, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Dabei kann eine Mediation auch schon im frühen Stadium der Bürgerbeteiligung positiv wirken. Prinzipiell kann jeder unsere Hilfe anfordern. Bürgermeister haben den Vorteil, dass sie oft eine Förderung bekommen. Eine Moderation unter den Flächenbesitzern, sobald ihre Region als Vorranggebiet ausgezeichnet wird, kann dem Dorffrieden zuträglich sein. Das Geld können sie sich ja später vom Betreiber zurückholen. Mein Credo: Krieg kostet, Frieden auch.
Welche Meinung haben Sie selbst zum Thema Windkraft: Ja oder nein?
Heider: Meine Einstellung behalte ich für mich, andernfalls wäre ich in der Mediation nicht mehr glaubwürdig. Wenn ich vermitteln will, brauche ich das Vertrauen aller Seiten. Habe ich das Gefühl, in einem Konflikt nicht neutral bleiben zu können, nehme ich den Mediationsauftrag nicht an.
Sie sind selbst auf einem Hof aufgewachsen. Hilft das jetzt?
Heider: In meiner Kindheit war jeden Tag viel Spontaneität gefragt. Das kommt mir jetzt in der Mediation zugute. Beispielsweise wenn ich mich flexibel auf einen anderen Gedanken oder eine andere Sichtweise einstellen muss.
Vielen Dank für das Gespräch.