Hoher Besuch in der Mark. Mit Bundesbauministerin Klara Geywitz und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir gaben sich am vergangenen Freitag gleich zwei Spitzenvertreter der Ampel die Ehre auf dem Agrarbetrieb des AWO Reha-Guts Kemlitz im Brandenburger Landkreis Teltow-Fläming. Viel Neues hatten die beiden allerdings nicht im Gepäck.
Ja, der Tierwohlumbau sei mit der Tierhaltungskennzeichnung, den Änderungen am Baugesetzbuch und der Startfinanzierung von 1 Mrd. € auf dem Weg und bei der Weiterfinanzierung werde an einer Lösung gearbeitet, bestätigte Özdemir. Auch beim Agrarhaushalt bleibt es grundsätzlich bei den bereits bekannten Kürzungen bei der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes für den ländlichen Raum“ (GAK), wenn auch der Minister optimistisch ist, zumindest die Finanzierung des Waldumbaus auf anderem Wege erhalten zu können. Soweit, so bekannt.
Neue BVVG-Kriterien benachteiligen Bestandspächter
Aber vielleicht sind solche Termine vor Ort auch eher zum Zuhören gedacht. Heiko Terno, dem Geschäftsführer des Guts lag jedenfalls im Gespräch mit Özdemir eine Menge auf dem Herzen. Zunehmende Dürren, nicht praxisnah gesetzte Nitratmessstellen und die ausufernde Bürokratie machen dem Landwirt das Leben schwer. Er erhofft sich hier mehr Unterstützung von der Politik, ebenso wie bei dem neuen Vergabeverfahren für Flächen der Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG).
Die verpachtet Acker und Grünland nun nämlich nach einem Punktesystem, bei dem Neugründer und Ökolandwirte überproportional gewichtet werden. Bestandspächter, die gerne weitermachen würden, haben damit oft das Nachsehen. Terno appellierte auch an den Minister, sich dafür einzusetzen, dass dieses Punktesystem gemeinsam mit den Betroffenen überarbeitet wird, um Fehlentwicklungen bei der Vergabe zu beheben.
Özdemir zeigte sich hier kompromissbereit: „Das können wir uns gerne anschauen.“ Er gab aber zu bedenken, dass der Bauernverband sich gleichzeitig bessere Chancen für Junglandwirte wünscht. Das müsse dann auch zueinanderpassen.
Wendorff: Wir stehen zu Glyphosat
Für den Präsidenten des Landesbauernverbandes (LBV) Brandenburg, Henrik Wendorff, sind aber auch in der Bundespolitik Widersprüche erkennbar, etwa bei Tierobergrenzen im Tierwohlumbau, die ihn im vieharmen Brandenburg eher verwundern. Genauso aber auch im Widerstand der Bundespolitik gegen Glyphosat. Wendorff stellte klar: „Wir stehen zu Glyphosat. In der richtigen Dosis und da, wo es auch passt.“ Die Landwirtschaft brauche das Mittel. Die Anwendung sei sicher und müsse weiter möglich sein.
Das „Fass zum Überlaufen“ haben bei Wendorff allerdings die jüngsten Pläne der Bundesregierung zur Kürzung der GAK-Mittel gebracht. Er warnte die Bundesminister, dass Kürzungen der Mittel für sozialen Zusammenhalt im ländlichen Raum, für Infrastrukturentwicklung und Tierwohl- und Umweltleistungen in der Landwirtschaft kein gutes Signal für die landwirtschaftlichen Unternehmen sind. Die Einsparungen müssten zurückgenommen werden, sonst gehe der ländliche und urbane Raum noch mehr auseinander.
Funke: Landwirte nicht überfordern
Johannes Funke, Agrarsprecher der SPD-Fraktion im Landtag Brandenburg, warnte die Bundespolitiker in Dahme, dass „die Landwirtschaft derzeit mit zu vielen Unsicherheitsfaktoren konfrontiert ist“. Dazu zählt er gerade auch bundespolitische Themen wie die zukünftige Ausrichtung der Tierhaltung, den Ausbau erneuerbarer Energien, die drohenden Kürzungen bei den GAK-Förderungen oder die Verpachtungspraxis der BVVG in den neuen Bundesländern.
Ein besonderes Anliegen ist Funke auch die Renaturierung von Mooren. Die zu reaktivieren, sei richtig, betonte der SPD-Politiker. Die Umsetzung müsse aber freiwillig bleiben und dürfe die Landwirte vom Tempo her nicht überlasten. Ansonsten drohe, genauso wie durch landespolitische Vorhaben wie das geplante Agrarstrukturgesetz Überforderung. Gerade beim Moorschutz fehle es bislang an Vermarktungsmodellen für alternative Moornutzungsverfahren wie Paludikulturen, so Funke.
Geywitz denkt da als Bundesbauministerin in erster Linie an nachhaltige Dämmstoffe. Da stehe man zwar noch am Anfang. Nötig seien hier noch „Massentauglichkeit“ und zertifizierte Materialien, räumte die Bundesministerin ein. Es werde „sicherlich noch ein bisschen dauern, bis wir das auf die Baustellen bekommen“.