Das EU-Parlament hat die Reform der EU-Richtlinie über Industrieemissionen (IED) am Dienstag formal verabschiedet. Ende November hatten sich die Verhandler der Europäischen Kommission, des Europaparlaments und der EU-Mitgliedstaaten bereits auf neue Emissionsregeln für Industriebetriebe und „agro-industrielle“ Einrichtungen geeinigt.
Die Abgeordneten nahmen die IED mit 393 Ja-Stimmen, 173 Nein-Stimmen und 49 Enthaltungen an. Sie gilt etwa für Betriebe der Abfallindustrie, Metallherstellung und Energiewirtschaft.
Tierhalter werden "Agro-Industrie"
In den sogenannten Trilog-Verhandlungen hatten sich EU-Kommission, Parlament und Mitgliedstaaten aber auch darauf geeinigt, dass Tierhalter neue Emissionsregeln einhalten müssen.
Das Parlament bestätigte Dienstag folgende Bestandsgrenzen für die neuen Regeln:
Legehennen 300 GVE (ca. 21.500 Hennenplätze)
Mastgeflügel 280 GVE (ca. 40.000 Mastplätze)
Schweine 350 GVE (1.166 Mastschweine, 700 Sauen)
Gemischtbetriebe 380 GVE (Schwein und Geflügel)
Die EU-Kommission nutzt einen eigenen Umrechnungsschlüssel der Großvieheinheiten (GVE). Der in Deutschland gebräuchliche Umrechnungsschlüssel sieht beispielsweise 0,06 bzw. 0,16 GVE pro Mastschwein vor, der EU-Berechnungsschlüssel 0,3 GVE.
Als großer Streitpunkt hatte die Einbeziehung der Rinderhaltung gegolten. Während sich das Parlament dagegen ausgesprochen hatte, sollten nach den Vorstellungen der Mitgliedstaaten Rinderbetriebe ab 350 Großvieheinheiten (GVE) von der Richtlinie erfasst werden. Der Kompromiss sieht nun vor, dass Rinderhalter zunächst außen vor bleiben.
Bauernverband enttäuscht
Im Bayerischen Bauernverband (BBV) ist man vom Ausgang der Abstimmung in Straßburg enttäuscht: „Wir Bauern stehen zum Klima- und Umweltschutz. Aber es kann nicht immer nur zu Lasten der Landwirte neue Regelungen geben. Wenn bei Zielkonflikten zwischen Emissionsminderung und Tierwohl nicht abgewogen wird, kommen wir beim Tierwohl“, kritisiert Stefan Köhler, Vorsitzender des BBV-Landesfachausschusses für Umweltfragen.
Das EU-Parlament betonte in einer Stellungnahme am Dienstag, dass die IED Ausnahmen für extensive Tierhaltung und Bio-Betriebe vorsieht.
Diese Unklarheiten bleiben
Die Mitgliedstaaten und das EU-Parlament haben zunächst beschlossen, welche Betriebe unter die Industrieemissionrichtlinie fallen sollen. Es steht noch nicht fest, welche Anforderungen die Betriebe konkret erfüllen müssen, um ihre Emissionen zu mindern.
Was im Detail auf Landwirte zukommt, die mit ihrer Tierhaltung die Bestandsgrenzen überschreiten, wird im sogenannten „Sevilla-Prozess“ bestimmt. In Sevilla sitzt der wissenschaftliche Dienst der EU-Kommission.
Was ist der "Sevilla-Prozess"?
Gemeinsam mit Experten aus den Regierungen der Mitgliedstaaten und Verbands- und NGO-Vertretern erarbeitet der Dienst die sogenannten „besten verfügbaren Techniken“ (BVT) für die jeweiligen Branchen.
Auch für die Tierhalter in der EU wird es solche BVT-Merkblätter geben. Mit welchen Verfahren Landwirte Emissionen aus der Tierhaltung mindern sollen und ob die Regeln auch für Bestandsbauten greifen sollen, ist noch nicht klar.
Wie geht es weiter?
Das Gesetz muss nun auch vom Rat angenommen werden, bevor es im Amtsblatt der EU veröffentlicht wird und 20 Tage später in Kraft tritt. Die Mitgliedstaaten haben dann 22 Monate Zeit, um dieser Richtlinie nachzukommen.