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EU-Politiker Bernhuber meldet beim Pflanzenschutz „gravierende Änderungen“ an

Alexander Bernhuber von der Europäischen Volkspartei sucht bei der EU-Pflanzenschutzverordnung Mehrheiten für „gravierende Änderungen“. Für die Zukunft des Green Deals hat er eine klare Forderung.

Lesezeit: 6 Minuten

Diesen Mittwoch stimmen die Abgeordneten des Europaparlamentes in Straßburg über ihre Position zur EU-Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden (SUR, Sustainable Use Regulation) ab. Vorausgegangen ist eine Abstimmung im Umweltausschuss des Parlamentes. Die Position des Umweltausschuss hat die Grünenpolitikerin Sarah Wiener federführend verhandelt. Für die konservative Europäische Volkspartei (EVP) saß der Österreicher Alexander Bernhuber mit am Tisch.

Mit dem Kompromiss aus dem Umweltausschuss ist er unzufrieden. Die EVP stimmte nicht dafür. Für die Abstimmung im Plenum des Parlamentes meldet er „gravierende Änderungen“ an.

Herr Bernhuber, der Umweltausschuss des Europaparlamentes ist in umstrittenen Punkten der SUR nicht der Linie der EVP gefolgt, sondern hat die Kompromisse von Sarah Wiener angenommen. Warum konnte die EVP keine Mehrheit erzielen?

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Bernhuber: Wir wissen schon lange, dass die Zusammensetzung des Umweltausschusses nicht immer eins zu eins wiedergibt, wie die Mehrheiten im Plenum sind. Außerdem war die Abstimmung speziell zu den sensiblen Gebieten sehr knapp.

Unser Anliegen ist es, den Text gravierend zu ändern. Sonst werden wir mit der Europäischen Volkspartei dagegen stimmen."

Für die Abstimmung im Plenum am Mittwoch liegen zahlreiche Änderungsanträge vor. Ich sehe eine realistische Chance, dass sich das Ergebnis des Umweltausschusses noch ändern wird.

Sehen Sie bei der Position aus dem Umweltausschuss auch positive Punkte?

Bernhuber: Wir haben bei einigen Punkten zustimmen können, weil sie keine riesigen Veränderungen zur derzeitigen Rechtslage wären. Da geht es zum Beispiel um die Überprüfung der Pflanzenschutzgeräte, oder Aus- und Weiterbildung von Landwirten. Das ist alles halbwegs vernünftig.

Es gibt jedoch wenig, was für die EVP zu 100 % akzeptabel ist. Deswegen haben wir ganz viele Änderungsanträge gestellt. Unser Anliegen ist es, den Text gravierend zu ändern. Sonst werden wohl viele Mitglieder der Europäischen Volkspartei dagegen stimmen.

Beim Thema der sensiblen Gebiete will die Mehrheit im Umweltausschuss den Mitgliedsstaaten viele Freiheiten zurückgeben, um sensible Gebiete oder die Regeln für ebendiese festzulegen. Ist das der richtige Weg für die SUR?

Bernhuber:Nein, überhaupt nicht. Weil die Mitgliedsstaaten benachteiligt werden, die in der Vergangenheit viele Schutzgebiete festgelegt haben. Der Schutzstatus war nie an die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln gekoppelt. Es wurde vielmehr versprochen, dass dort weiter konventionelle Landwirtschaft betrieben werden kann.

Sarah Wiener geht jedoch davon aus, dass die Mitgliedstaaten die sensiblen Gebiete deutlich einschränken und die Landwirte nicht über Gebühr belasten.

Bernhuber:Dann könnte sie doch gleich einen vernünftigen Vorschlag bringen und anerkennen, dass wir auch in sensiblen Gebieten chemischen Pflanzenschutz einsetzen können. Wissenschaftlich ist nicht überprüfbar, dass ein Pflanzenschutzverbot im Vogelschutzgebiet irgendwelche positiven Auswirkungen auf die Vielfalt der Vögel hat.

Was wollen Sie konkret ändern?

Bernhuber: Unsere Hauptforderung dreht sich um die Definition der Schutzgebiete. Wir wollen kein Verbot, nach dem auf drei Seiten alle möglichen Ausnahmen definiert werden. Das ist ein Schwachsinn.

Wir schlagen vor: Lassen wir Pflanzenschutz prinzipiell zu und schauen lieber, wo wir ihn nicht einsetzen. Unser wichtigster Punkt ist, dass wir die landwirtschaftlich genutzten Gebiete aus den sensiblen Gebieten streichen.

Dass wir in unseren Schulen, Kindergärten und Co. keinen Pflanzenschutz einsetzen sollen, ist für alle klar. Aber man muss einfach unterscheiden, wo ist landwirtschaftliche Produktion und wo sind sonstige Schutzgebiete in Städten oder Schulen.

Wer will wie viel reduzieren?

- Die EU-Kommission will eine Halbierung „von Verwendung und Risiko chemischer Pflanzenschutzmittel“ bis 2030 zur Basis 2015 bis 2017 mit separaten nationalen Zielen.

- Sarah Wieners Kompromiss im Umweltausschuss des Europaparlamentes sieht bis 2030 „mindestens“ eine Halbierung des Einsatzes des chemischen Pflanzenschutzes vor. Bei gefährlicheren („more hazardous“) Pflanzenschutzmitteln sollen Landwirte bis 2030 65 % einsparen. Als Berechnungsbasis sollen die Jahre 2013-2017 dienen.

- Der Agrarausschuss im Europaparlament fordert eine Reduktion von 50 % über alle Pflanzenschutzmittel bis 2030. Die Agrarpolitiker fordern die Jahre 2011-2013 als Berechnungsbasis.

Welche Reduktionsziele streben sie ganz generell beim Pflanzenschutz an?

Bernhuber:Wenn in der SUR unrealistische Reduktionsziele drin stehen, die dazu führen, dass wir mehr Importe brauchen und unsere Schutzgebiete ausgenutzt werden für linksgrünen Populismus, dann stimmen wir dagegen. Ganz einfach.

Wir folgen mit der EVP dem Vorschlag des Agrarausschusses im Europaparlament, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bis 2035 im Vergleich zu den Jahren 2011-2013 zu halbieren. Dafür werden wir am Mittwoch stimmen – auch fraktionsübergreifend.

Damit wären wir schon beim Thema Mehrheiten. Können Sie die für Ihre Positionen organisieren? Im Umweltausschuss ist Ihnen das nicht gelungen.

Bernhuber:Dazu befinden wir uns permanent in Gesprächen. Bei den sensiblen Gebieten oder den Reduktionszielen stehen vier Varianten zur Abstimmung. Wir müssen schauen, für welche wir Mehrheiten finden.Ich bin jedoch überzeugt: Gerade bei diesen beiden Punkten wird es Erleichterungen geben.

Auf welche politischen Gruppen kommt es aus Ihrer Sicht an, um diese Änderungen herbeizuführen?

Bernhuber:Viele Kollegen aus Süd- oder Osteuropa mehrerer Fraktionen haben mit dem derzeitigen Vorschlag ein Problem und haben bereits angedeutet mit uns zu stimmen. Genauso die Liberalen aus Deutschland und Skandinavien. Man wird sehen, dass es bei heiklen Abstimmungen oft nur plus-minus ca. zehn Stimmen ausgeht. Genau so wird es bei den sensiblen Gebieten sein.

Bei den sensiblen Gebieten muss die Mehrheit stehen"

Ist die EVP denn bei dem Thema geschlossen?

Bernhuber: Wir werden sehr geschlossen sein. Der eine oder andere stimmt vielleicht anders, aber das ist fast immer so. Bei den inhaltlichen Punkten gibt es eine große Geschlossenheit.

Wir werden sehen, ob es bei der Schlussabstimmung eine Mehrheit für die SUR-Verordnung geben wird. Als EVP sind wir klar bereit zuzustimmen, sofern unsere roten Linien nicht überschritten werden. Aber es ist viel wichtiger, dass wir die einzelnen Änderungen gewinnen. Bei den sensiblen Gebieten muss die Mehrheit stehen.

Und wenn die am Ende doch nicht steht?

Bernhuber: Wenn der Bericht des Umweltausschusses ohne Änderungen beschlossen wird, gibt es von meiner Seite die Empfehlung, dass wir gegen die gesamte SUR stimmen.

Sarah Wiener wirft Ihnen vor, in den Verhandlungen im Umweltausschuss kaum zu Kompromissen bereit gewesen zu sein.

Bernhuber:Wir sind die größte Fraktion im Haus. Da haben wir schon ein Vorschlagsrecht. Und wenn keiner von Frau Wieners Vorschlägen die Punkte der EVP so berücksichtigt, dass wir uns wiederfinden, ist das für uns nicht akzeptabel.

Wir haben immer klar gesagt, wo unsere roten Linien sind. Es ist schade, dass Frau Wiener als Berichterstatterin seit der Abstimmung im Umweltausschuss vor drei Wochen diesbezüglich nie einen Kontakt zu mir gesucht hat.

Wir haben unsere Werte, die wir vertreten und wenn hier unsere Lebensmittelsicherheit verspielt wird, nur um politische Ideologie durchzusetzen, dann machen wir da nicht mit.

Wird sich die aufgeheizte Stimmung in der Agrarpolitik im Europawahlkampf kommendes Jahr fortsetzen?

Bernhuber:Unsere Meinung ist klar: Jetzt ist nicht die Zeit, um unnötige Verschärfungen durchzusetzen. Der Green Deal kam 2019 noch vor Corona, vor dem Ukrainekrieg. Da sollten wir erstmal auf Stopp drücken. Wir müssen vielmehr darauf schauen, bestehende Gesetze in ganz Europa einheitlich durchzusetzen. Das ist besser als einen neuen Vorschlag nach dem anderen durchzuwinken, wo nur zusätzliche Belastungen geschaffen werden, die dann nicht mehr tragbar sind.

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