Tierschützern ist die Geflügelwirtschaft schon lange ein Dorn im Auge. Mit der Vogelgrippe haben sie nun neue Argumente, um der Branche Seitenhiebe zu verpassen. Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn man die Diskussionen um die Verbreitungswege des H5N8-Virus betrachtet. Jetzt kommen russische Berichte zum Einsatz.
Tierschützern ist die deutsche Geflügelwirtschaft schon lange ein Dorn im Auge. Mit der Vogelgrippe haben sie nun augenscheinlich neue Argumente, um der Branche Seitenhiebe zu verpassen. Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn man die Diskussionen um die möglichen Verbreitungswege des H5N8-Virus betrachtet.
So sind den Tierschützern jetzt offenbar auch russische Quellen recht. U.a. behauptet der Zoologe Dr. Sievert Lorenzen, emeritierter Professor der Kieler Universität und Vorsitzender von ProVieh, dass das Virus nur durch globale Tiertransporte verbreitet worden sein kann, berichten die Kieler Nachrichten.
Als Beleg führt er zusammen mit dem NABU und dem Wissenschaftsforum Aviäre Influenza (WAI) russische Veröffentlichungen an, wonach man in Sibirien infizierte Wildvögel tot aufgefunden habe. Diese könnten demnach nicht so weit geflogen sein, um das Virus nach Deutschland zu tragen. Auch träfen in Deutschland sibirische Wasservögel ab August ein, so dass Erkrankungen schon ab diesem Zeitpunkt aufgetreten sein müssten.
Das deutsche Friedrich-Loeffler-Insitut (FLI) ist dagegen nach wie vor davon überzeugt, dass das Virus aus asiatischen Geflügelhaltungen über Rast-Orte ziehender Wildvögel nach Deutschland gelangt sei. Globale Handelswege der Geflügelindustrie seien zum jetzigen Zeitpunkt noch keine bewiesene Erklärung für das Einschleppen von H5N8 nach Deutschland, heißt es.
Das Wissenschaftsforum der Umweltschützer will laut den Kieler Nachrichten dagegen wissen, dass sich das deutsche und das sibirische Virus von einem gemeinsamen Vorläufer aus China abgespalten haben. Somit sei das deutsche hochpathogene Virus nicht aus dem sibirischen hervorgegangen und könne auch nicht von sibirischen Wildvögeln eingeschleppt sein. Neben der Zugvogelhypothese müssten also andere Eintrittswege von H5N8 nach Deutschland untersucht werden, fordert Tierschützer Lorenzen und spricht in diesem Zusammenhang von "Denkverboten" hierzulande.
In der Zeitung erklärt er allerdings auch, wieso er an die Tiertransporttheorie glaubt: „Wir wissen, dass ungarische Geflügelexporte zu 99 Prozent in nur drei Länder gehen: nach Polen, Österreich und Deutschland. Genau dort wurden dann fast zeitgleich die ersten an H5N8 gestorbenen Wildvögel gefunden“, sagt Lorenzen. Auffällig sei, wo diese Ausbruchherde liegen: „Bei einem polnischen Hausgeflügelbestand östlich von Frankfurt/Oder und bei Reiherenten am Stettiner Haff in der Nähe eines Schlachthofes. Zwei Tage später wurden dann die Reiherenten am Plöner und am Bodensee entdeckt“, sagt Lars Lachmann vom Nabu. Diese Fundstellen lägen an Routen, die Lkw-Fahrer nutzen könnten, um Autobahngebühren zu sparen.
Überträger wären z. B. Kot, Federn und Staub. Belegen ließe sich diese Theorie der Handelswege über GPS-Daten der Geflügeltransporter. Zugang zu diesen Daten hätte das FLI, so der Wissenschaftler, der damit indirekt auf eine Vertuschung durch die deutschen Behörden zum Schutz der Agrarwirtschaft anspielt. Würde sich seine Theorie bestätigen, müsse durch die Politik die Geflügelpestverordnung geändert werden. Bei einem geringen Infektionsrisiko von Wildvögeln sei die Stallpflicht „reine Schikane“, kommentierte Lorenzen.
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Tierschützern ist die deutsche Geflügelwirtschaft schon lange ein Dorn im Auge. Mit der Vogelgrippe haben sie nun augenscheinlich neue Argumente, um der Branche Seitenhiebe zu verpassen. Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn man die Diskussionen um die möglichen Verbreitungswege des H5N8-Virus betrachtet.
So sind den Tierschützern jetzt offenbar auch russische Quellen recht. U.a. behauptet der Zoologe Dr. Sievert Lorenzen, emeritierter Professor der Kieler Universität und Vorsitzender von ProVieh, dass das Virus nur durch globale Tiertransporte verbreitet worden sein kann, berichten die Kieler Nachrichten.
Als Beleg führt er zusammen mit dem NABU und dem Wissenschaftsforum Aviäre Influenza (WAI) russische Veröffentlichungen an, wonach man in Sibirien infizierte Wildvögel tot aufgefunden habe. Diese könnten demnach nicht so weit geflogen sein, um das Virus nach Deutschland zu tragen. Auch träfen in Deutschland sibirische Wasservögel ab August ein, so dass Erkrankungen schon ab diesem Zeitpunkt aufgetreten sein müssten.
Das deutsche Friedrich-Loeffler-Insitut (FLI) ist dagegen nach wie vor davon überzeugt, dass das Virus aus asiatischen Geflügelhaltungen über Rast-Orte ziehender Wildvögel nach Deutschland gelangt sei. Globale Handelswege der Geflügelindustrie seien zum jetzigen Zeitpunkt noch keine bewiesene Erklärung für das Einschleppen von H5N8 nach Deutschland, heißt es.
Das Wissenschaftsforum der Umweltschützer will laut den Kieler Nachrichten dagegen wissen, dass sich das deutsche und das sibirische Virus von einem gemeinsamen Vorläufer aus China abgespalten haben. Somit sei das deutsche hochpathogene Virus nicht aus dem sibirischen hervorgegangen und könne auch nicht von sibirischen Wildvögeln eingeschleppt sein. Neben der Zugvogelhypothese müssten also andere Eintrittswege von H5N8 nach Deutschland untersucht werden, fordert Tierschützer Lorenzen und spricht in diesem Zusammenhang von "Denkverboten" hierzulande.
In der Zeitung erklärt er allerdings auch, wieso er an die Tiertransporttheorie glaubt: „Wir wissen, dass ungarische Geflügelexporte zu 99 Prozent in nur drei Länder gehen: nach Polen, Österreich und Deutschland. Genau dort wurden dann fast zeitgleich die ersten an H5N8 gestorbenen Wildvögel gefunden“, sagt Lorenzen. Auffällig sei, wo diese Ausbruchherde liegen: „Bei einem polnischen Hausgeflügelbestand östlich von Frankfurt/Oder und bei Reiherenten am Stettiner Haff in der Nähe eines Schlachthofes. Zwei Tage später wurden dann die Reiherenten am Plöner und am Bodensee entdeckt“, sagt Lars Lachmann vom Nabu. Diese Fundstellen lägen an Routen, die Lkw-Fahrer nutzen könnten, um Autobahngebühren zu sparen.
Überträger wären z. B. Kot, Federn und Staub. Belegen ließe sich diese Theorie der Handelswege über GPS-Daten der Geflügeltransporter. Zugang zu diesen Daten hätte das FLI, so der Wissenschaftler, der damit indirekt auf eine Vertuschung durch die deutschen Behörden zum Schutz der Agrarwirtschaft anspielt. Würde sich seine Theorie bestätigen, müsse durch die Politik die Geflügelpestverordnung geändert werden. Bei einem geringen Infektionsrisiko von Wildvögeln sei die Stallpflicht „reine Schikane“, kommentierte Lorenzen.