In den Prozess zur Ratifizierung des Freihandelsabkommens der EU mit den südamerikanischen Mecosur-Staaten kommt Tempo. Die EU nimmt sich eine Unterzeichnung des Handelsabkommens mit der lateinamerikanischen Mercosur-Freihandelszone bis Juli vor. Dieses Ziel nannte EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans laut der Nachrichtenagentur AFP am Rande eines Besuchs in Mexiko. Er nannte dafür ein für den 17. und 18. Juli geplantes Gipfeltreffen.
Timmermans verwies auch auf entsprechende Äußerungen des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD), die dieser während seiner Reise nach Südamerika zu Beginn der Woche gemacht hatte. Scholz hatte sich mit den Präsidenten von Argentinien und Brasilien, Fernandez und Lula da Silva, über einen zügigen Abschluss der Verhandlungen für das EU-Mercosur-Abkommens verständigt.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) drängt dafür nun auf Neuverhandlungen zumindest für den Agrarteil des Abkommens. „Der Agrarteil des Mercosur-Abkommens muss grundlegend neu verhandelt und an die Umwelt-, Klima- und Tierwohlstandards der EU sowie den Green Deal angepasst werden“, sagte der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken gegenüber top agrar.
Bauernverband und Umweltgruppen auf einer Linie
Zudem fordert der DBV, dass noch ein Verbot für die Einfuhr von Lebensmitteln und Agrargütern, die mit in der EU verbotenen Substanzen oder Verfahren hergestellt wurden, in das Abkommen aufgenommen wird.
Der Bauernverband liegt mit seiner Kritik in diesem Falle auf einer Linie mit den Umweltverbänden. Auch die Deutsche Umwelthilfe und Greenpeace verurteilen das Abkommen in seiner jetzigen Form und fordern Neuverhandlungen.
Keine pauschale Absage an Freihandel
Der Bauernverband will seine Kritik nicht als komplette Ablehnung gegenüber dem Freihandel verstanden wissen. „Grundsätzlich ist ein regelbasierter internationaler Handel auch für die Landwirtschaft sinnvoll. In dem geplanten EU-Mercosur-Abkommen sehen wir aber unverändert ein Paradebeispiel für eine Handelspolitik, mit der EU-Standards im Verbraucher-, Umwelt-, Klima- und Tierschutz unterlaufen werden“, sagte Krüsken.
Es könne nicht sein, dass die heimische Landwirtschaft immer höheren Standards umsetze und dann in den unfairen Wettbewerb mit „Standard-Dumping“ und solchen Agrarimporten gesetzt werde, so Krüsken weiter. Das Mercosur-Abkommen bedeute in seiner jetzigen Form für die europäische Landwirtschaft massiven wirtschaftlichen Druck. Die europäischen Standards würden durch den Export der Erzeugung ausgehöhlt.
Krüsken: Schutz von EU-Standards unzureichend
„Nach wie vor steht eine konkrete Antwort aus, wie die Einfuhr von Billigprodukten verhindert werden soll, die unter deutlich geringeren Standards produziert wurden, als sie in der EU gelten“, sagte Krüsken.
Bisher sieht das 2019 verhandelte Abkommen unter anderem eine Freihandelsquote für Geflügelfleisch von 180 000 t und ein zollfreies Lieferkontingent von 180 000 t Zucker jährlich für den südamerikanischen Staatenbund vor. Zudem soll der Import von 99 000 t Rindfleisch zu einem Zollsatz von 7,5 % erlaubt werden. Für Ethanol aus dem Mercosur-Block war ein Jahreszollkontingent von 650 000 t vorgesehen.
Zur Mercosur-Freihandelszone gehören Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay. Die EU und die südamerikanischen Mercosur-Staaten hatten 2019 eine Grundsatzeinigung für einen Handelsvertrag erzielt, das Abkommen aber nie ratifiziert. Zuvor war 20 Jahre lang verhandelt worden.