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topplus EU-Pflanzenschutzpläne

Wiener weist Vergleich von Bauern mit Drogensüchtigen zurück

Sarah Wiener kritisiert bestimmte Fachmedien: Dass Bauern süchtig nach Pflanzenschutzmitteln seien, habe sie nie gesagt. Gefährliche Pflanzenschutzmittel will sie bis 2030 um 80 Prozent reduzieren.

Lesezeit: 14 Minuten

Der Vorwurf an die grüne Europaabgeordnete Sarah Wiener, sie habe Bauern mit Drogensüchtigen gleichgestellt, wird von ihr entschieden zurückgewiesen. „Ich habe nie gesagt, dass Bauern drogensüchtig nach Pflanzenschutzmitteln seien“, betont Wiener im Interview mit dem Nachrichtendienst Agra-Europe. Die ehemalige Fernsehköchin und EU-Parlamentarierin ist Berichterstatterin im federführenden Umweltausschuss des Europaparlaments für den Kommissionsvorschlag zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR).

Wiener kritisiert Fachmedien

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Dass sich ihr Drogen-Vergleich fälschlicherweise verbreitet habe, sage viel über die Sorgfaltspflicht von „bestimmten Fachmedien“ aus. Auf ihr Zitat „das wäre ja so, als wenn man einem Süchtigen sagt, er solle die Dosis selbst bestimmen und reduzieren“ aus einem vorherigen Interview angesprochen, erklärt sie: „Mein Vergleich war vielmehr eine Parabel auf die Agrarlobbyisten, die die Bauern in wirtschaftlicher Abhängigkeit halten und sich selbst keine Transformation des momentanen Agrarsystems vorstellen können“. Mit Blick auf ihren Berichtsentwurf zum SUR-Vorschlag verteidigt die grüne Agrarpolitikerin ihre Forderung, den Einsatz besonders gefährlicher Pflanzenschutzmittelwirkstoffe bis zum Jahr 2030 um 80 % zu reduzieren.

Backpulver als Alternative

Konkret geht es laut Wiener hier um 55 Wirkstoffe, die nachweislich krebserregend sind, auf das Hormonsystem wirken oder neurotoxisch sind. Als Beispiel nennt die Österreicherin die Fungizidgruppe der Conazole, „die als hochgefährlich gelten“. Diese könne man sehr einfach durch Backpulver ersetzen. Im Weiteren will sie für den Pflanzenschutzmitteleinsatz insgesamt gemäß dem Kommissionsvorschlag an einer Halbierung bis 2030 festhalten.

Der seit 2019 im Europaparlament sitzenden Abgeordneten zufolge würden einige Wissenschaftler in manchen Punkten noch viel weiter gehen. Sie selbst befürworte allerdings eine praktikable Lösung, so Wiener. „Ich möchte nicht das Bauerntum abschaffen, sondern es unterstützen.“ Eine stärkere Beschränkung des chemischen Pflanzenschutzes komme schließlich vielen zugute. Gerade Bauern würden oft wegen des Einsatzes von Pestiziden krank.

Gegen Totalverbot in nitratsensitiven Gebieten

Für zu weitgehend hält die ehemalige Fernsehköchin aber das Ansinnen der Kommission, den Pflanzenschutzmitteleinsatz in allen sensiblen Gebieten zu untersagen. So fordert Wiener, die nitratsensitiven Gebiete von der Liste der Totalverbote zu streichen. Eine solche Maßnahme ergebe keinen Sinn und bringe die Bauern nur unnötig gegen die Pläne in Stellung. Im Übrigen sollten nach Ansicht der Österreicherin, die auch Mitglied im Landwirtschaftsausschuss ist, alle Pflanzenschutzmittel erlaubt werden, die im Ökolandbau zugelassen sind.

„Schließlich wollen wir die Landwirtschaft nicht abschaffen, sondern wir wollen sie stärken und zukunftsfähig machen“, betont Wiener. Hart geht sie indes mit einer Reihe ihrer Kollegen im Landwirtschaftsausschuss ins Gericht. Sie wirf diesen Verzögerungstaktiken vor. „Ablehnender Aktivismus habe seine Berechtigung auf der Straße, im EU-Parlament sollten wir uns anderer Mittel bedienen.“

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Das Interview des Nachrichtendienstes AgE mit Sarah Wiener im Wortlaut:

Frau Wiener - das vorherige Interview von Ihnen mit AGRA-EUROPE hat in der Landwirtschaft für reichlich Aufregung gesorgt. Ihnen wurde von mehreren Seiten vorgehalten, Sie hätten Landwirte als Süchtige nach Pflanzenschutzmitteln dargestellt. Was sagen Sie dazu?

Dem kann ich nur widersprechen. Ich habe nie gesagt, dass Bauern drogensüchtig nach Pflanzenschutzmitteln seien. Dass sich diese Aussage fälschlicherweise verbreitet hat, sagt viel über die Sorgfaltspflicht von bestimmten Fachmedien aus. Mein Vergleich war vielmehr eine Parabel auf die Agrarlobbyisten, die die Bauern in wirtschaftlicher Abhängigkeit halten und sich selbst keine Transformation des momentanen Agrarsystems vorstellen können.

Auf das vom Landwirtschaftsausschuss geforderte gleichberechtigte Mitsprachrecht im Gesetzgebungsprozess angesprochen, haben Sie erklärt: „Man kann nicht einer Sparteninteressengruppe die Gesetzgebung überlassen, wenn es um unser aller Gesundheit, die Gesundheit von Umwelt und Natur und den Schutz unserer Lebensgrundlagen Erde, Wasser, Luft geht. Das wäre ja so, als wenn man einem Süchtigen sagt, er solle die Dosis selbst bestimmen und reduzieren.“

Mir ging es darum, klarzustellen, dass die Agrarindustrie und die Konzerne am chemischen Pflanzenschutz verdienen und deshalb an etwas Schädlichem festhalten. Eben deshalb wird den Bäuerinnen und Bauern auch nicht bei der Transformation geholfen. Weder von der Industrie noch von konservativen Politikern. Konkret habe ich Teile des Landwirtschaftsausschusses entsprechend betitelt.

Sind Sie damit gegenüber Ihren Kollegen im Landwirtschaftsausschuss nicht doch etwas über das Ziel hinausgeschossen? Immerhin sitzen Sie ja jeweils als Vollmitglied in beiden Gremien.

Eine Parabel ist ein Gleichnis, das Fragen über moralische und ethische Fragen aufwirft. Schade, dass nicht über die Inhalte unseres langen Interviews geredet und diskutiert wurde, sondern lediglich über einen von anderen falsch zitierten Satz. Im Landwirtschaftsausschuss kann man beim Stimmverhalten eine deutliche Teilung der Mitglieder sehen. Einerseits sind alle für kleinbäuerliche Betriebe, wenn man sie fragt - andererseits unterstützen viele von ihnen die pure Flächensubventionierung. Rund 80 % der GAP-Gelder gehen an 20 % der Flächenbesitzer.

Sie können nicht für den Welthandel sein und gleichzeitig für regionale, nachbarschaftliche Bauernhöfe."

Sie können nicht für den Welthandel sein und gleichzeitig für regionale, nachbarschaftliche Bauernhöfe. Zugleich können sie nicht den Nachbarn schützen wollen und gleichzeitig die mächtigere billigere Konkurrenz aus dem Ausland gutheißen. Den Besitz von Landwirtschaftsfläche zu subventionieren, ist sicher nicht im Sinne der Bäuerinnen und Bauern. Da geht vieles nicht zusammen. Die SUR könnte ein Befreiungsschlag der Bäuerinnen und Bauern sein und sie unabhängiger von industriellen Strukturen und wenigen Anbietern machen.

Sind Sie also gegen den Weltagrarhandel? Aber wären nicht viele Staaten aus dem Norden Afrikas sowie Teilen des Nahen und Mittleren Ostens bei weiteren Einschränkungen der Handelsströme von Hunger betroffen?

Ich bin sehr dafür, dass jedes Land, das die Möglichkeit hat, zumindest seine Grundnahrungsmittel selber herstellt und möglichst unabhängig ist. Das wäre auch gut für das Klima und das Vertrauen. Kein Land möchte fremdernährt werden, Afrika als Kontinent schon gar nicht. Im Gegenteil: Gerade auf dem afrikanischen Kontinent bleiben mehr als 60 % der fruchtbaren Böden ungenutzt. Afrika könnte die Welt ernähren, zumindest sich selbst, wenn dies politisch gewollt wird. Mit unserer Entwicklungspolitik und den vielen billigen Exporten dorthin haben wir der afrikanischen Landwirtschaft tendenziell geschadet. Viele traditionelle Anbaumethoden und Lebensmittel sind aufgegeben worden.

Trotzdem ließe sich dort eine ausreichende Eigenversorgung wohl kaum mittel- und schon gar nicht kurzfristig auf die Beine stellen. Muss die EU deshalb nicht zumindest noch in den kommenden Jahren einen Beitrag zur Versorgung der Menschen in Ländern Afrikas leisten? Viele Mitglieder des Landwirtschaftsausschusses fordern genau das.

Wir haben die Pflicht zu helfen, das denke ich schon. Die EU ist mit Blick auf die meisten ihrer Agrarexporte jedoch eher der Feinkostladen der Welt. Insofern ist das Argument, dass wir die Welt ernähren müssen, gerade im Hinblick auf ärmere Länder, vorgeschoben. Das sieht man auch gerade angesichts des Ukraine-Krieges. Wir hätten ja auf einen Teil des Nutztierfutters verzichten können, und so mehr Getreide für die Ärmsten der Armen bereitstellen können. Das wollten und wollen wir aber nicht. Wir haben weiterhin billiges Getreide aus der Ukraine in den Futtertrog geschüttet und nicht an die Armen weitergereicht. Wir dürfen nicht unehrlich sein und uns da etwas vormachen. Fakt ist, dass es keine Hungersnot in der EU gibt und wir eine solche auch nicht zu befürchten haben. Die Abhängigkeit von teurem Input aus dem Ausland treibt aber auch bei uns die Inflation. Ökologische Lebensmittel sind im Vergleich stressresilienter. Auch das gehört zur Wahrheit.

Kommen wir zum SUR-Vorschlag. Sie haben in Ihren Berichtsentwurf für den federführenden Umweltausschuss gefordert, dass der Einsatz besonders gefährlicher Pflanzenschutzmittelwirkstoffe bis 2030 um 80 % reduziert wird. Was verstehen Sie unter besonders gefährlichen Pflanzenschutzmitteln?

Hochgefährliche Pestizide sind die sogenannten Substitutionskandidaten. Konkret sind das 55 Wirkstoffe, die nachweislich krebserregend sind, auf das Hormonsystem wirken oder neurotoxisch sind. Ich will betonen, dass ich mir diese Liste nicht selbst ausgedacht habe. Es gibt eine rechtlich festlegte Liste von Substitutionskandidaten, die eben hochgefährlich sind und für die man dringend Ersatz braucht. Genau diesen gibt es zum Teil auch schon.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Zum Beispiel gibt es die Fungizidgruppe der Conazole, die als hochgefährlich gelten. Diese könnte man sehr einfach durch Backpulver ersetzen.

Die EU-Kommission hat für die besonders gefährlichen Wirkstoffe eine Halbierung des Einsatzes vorgeschlagen. Glauben Sie, dass Sie sich mit Ihrem schärferen Vorschlag durchsetzen können?

Es geht darum, etwas zu machen, was eigentlich schon lange gesetzlich vorgeschrieben ist, nämlich hochgefährliche Pestizide aus der Nutzung rauszunehmen. Einige Wissenschaftler würden in manchen Punkten noch viel weiter gehen, aber ich wollte eine praktikable Lösung. Ich möchte nicht das Bauerntum abschaffen, sondern es unterstützen. Deswegen bin ich diesen Weg gegangen, von dem ich denke, dass er machbar und gangbar ist. Eine stärkere Beschränkung des Pestizideinsatzes kommt doch der menschlichen, der bäuerlichen Gesundheit, unseren Nachkommen und unserer Umwelt zugute. Im Übrigen ließe sich in der landwirtschaftlichen Praxis bereits viel reduzieren, ohne dass Erträge sinken würden. Es gibt auch Studien, die zeigen, dass das Einkommen in der Landwirtschaft dann steigt, weil man am teuren Input viel Geld spart. Stattdessen erklären viele Politiker, dass die Bauern in der EU genau wüssten, was sie machten und es daher keine Reduktion brauche. Gerade Bauern werden auch oft wegen des Einsatzes von Pestiziden krank.

In Deutschland muss doch aber jeder Landwirt, der eine Feldspritze bedienen will, einen Sachkundenachweis vorlegen.

Die Anforderungen sind in jedem Mitgliedstaat anders. Aber in der EU gibt es allein über 1,6 Millionen Pestizidvergiftungen jedes Jahr. Wenn mir dann jemand erzählt, dass ausnahmslos alle Bäuerinnen und Bauern in Europa ganz genau wissen, was sie tun, habe ich meine Zweifel. Hinzu kommt, dass auch in der Lehre und in den Landwirtschaftsschulen kaum ökologische und agrarökologische Lösungen gelehrt und vorgestellt werden. Die Realität ist doch, dass der Berater oft von der Industrie kommt und dem jeweiligen Bauern einen Spritzplan ausarbeitet. Wenn es Pflanzenerkrankungen gibt, dann bekommt man gesagt, was gespritzt werden soll. Was auch in Ländern wie Deutschland nur sehr selten geschieht, ist, das System als Ganzes anzuschauen, um zu erkennen, wie Probleme im Vorfeld vermieden werden könnten und wie Bäuerinnen und Bauern dadurch nicht nur viel Geld einsparen, sondern auch unabhängiger werden. Das sollte unser Ziel sein.

Die Kommission will den Pflanzenschutzmitteleinsatz insgesamt bis 2030 bekanntlich halbieren. Ihrem Berichtsentwurf zufolge sind Sie damit einverstanden. Der Berufstand übt an dieser pauschalen Vorgabe deutliche Kritik. Was sagen Sie der Landwirtschaft?

Das ist keine Forderung von mir, sondern wissenschaftlicher Konsens. Für mich ist eine erhebliche Pestizidreduktion das Gebot der Zukunft. Gleichzeitig muss man anerkennen, dass die Situation in vielen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ist. Dem sollten wir fairerweise Rechnung tragen.

Was heißt das konkret?

Beispielsweise gibt es Gegenden, wo besonders viele Sonderkulturen angebaut werden. Dort ist der Bedarf an chemischen Pflanzenschutz entsprechend höher. Zudem haben manche Länder die Einsatzmengen von Pestiziden bereits sehr viel stärker reduziert als andere. All dies muss in den Reduktionsplänen für die Mitgliedstaaten berücksichtigt werden. Je nach Ausgangsposition sollte der Aufwand an Pflanzenschutzmitteln bis 2030 im Vergleich zur mittleren Einsatzmenge in den Jahren 2018 bis 2020 um 35 % bis 65 % je Mitgliedstaat reduziert werden. Wenn Mitgliedsländer mit dem für sie festgelegten Ziel nicht einverstanden sind, können sie begründen, warum sie finden, dass dieses unfair oder nicht angemessen ist.

Insofern sehe ich das zunächst als eine grobe Vorgabe, die dann im Detail noch genauer erörtert werden muss, um den Ungleichheiten zwischen den Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen. Es ist eine hochkomplexe Thematik, und nicht jede Sondersituation kann direkt beachtet werden. Darum geht es im ersten Schritt auch nicht. Es geht zunächst grundsätzlich um den gesellschaftlichen und politischen Willen zu einer nachhaltigeren und zukunftsfähigen Landwirtschaft.

Bis wann sollten die nationalen Reduktionsvorgaben Ihrer Auffassung nach festgelegt werden?

Das ist noch offen. Die Verhandlungen dazu haben ja noch nicht angefangen.

Im Unterschied zur Reduzierung der Einsatzmenge sind Sie in puncto sensible Gebiete den Kritikern entgegengekommen. Auch Sie drängen hier auf eine Abschwächung. So sprechen Sie sich dafür aus, nitratsensitive Gebiete von der Liste der Totalverbote zu streichen.

Ein solches Totalverbot hat keinen Sinn und bringt die Bauern nur unnötig gegen die Pläne in Stellung. Im Übrigen sollten alle Pflanzenschutzmittel erlaubt werden, die im Ökolandbau zugelassen sind. Schließlich wollen wir die Landwirtschaft nicht abschaffen, sondern wir wollen sie stärken und zukunftsfähig machen. Der große Unterschied zur Haltung der rechten politischen Seite ist, dass ich die Landschaft nicht nur heute stärken will, sondern auf viele Jahrzehnte und Jahrhunderte hinaus. Ich glaube nicht, dass die komplette Ausbeutung von Ressourcen, von Böden, der Einsatz von Hochleistungsorten oder die Zerstörung von Wasserressourcen hilfreich sind für die Zukunftsfähigkeit des Sektors. Man braucht doch nur auf das dramatische Höfesterben blicken und weiß, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann.

Ein weiteres Thema in Ihrem Bericht sind die Risikoindikatoren. Sie haben auch dazu Änderungen gefordert. Können Sie ausführen, was Ihnen hier genau vorschwebt?

Es muss mehrere Pestizidkategorien geben, und zwar nach Giftigkeit und Schädlichkeit der Wirkstoffe und nicht nur nach der Einsatzmenge. Deswegen gehört das geändert. Auch die Einteilung der Kategorien muss angepasst werden. Dies ist ein richtiger und wichtiger Schritt.

Sie bringen außerdem eine „Pestizidsteuer“ ins Spiel…

Ja - eine solche Steuer wäre nur gerecht. Schließlich gilt das Verursacherprinzip. Auch die Zigarettenindustrie oder die Petrochemie zahlen Sondersteuern. Ich finde, dass der Verursacher für seine Schäden zahlen sollte. Was soll daran ungewöhnlich sein? Auch kranke Bauern sollten entschädigt werden. In Frankreich und Italien werden bestimmte Krebsarten sowie Parkinson als Berufskrankheiten der Landwirte anerkannt. Das sollten die anderen EU-Länder auch dringend tun. Wir müssen die Bäuerinnen und Bauern genauso schützen wie die Kindergartenkinder in der Stadt.

Damit spielen Sie auf die geplanten Pufferzonen beziehungsweise Randstreifen zu Schutzgebieten oder Einrichtungen wie Kindergärten an. Sie haben hier eine deutliche Ausweitung gefordert?

Ja! Zumindest für die hochgefährlichen Pflanzenschutzmittel sollte es eine Schutzzone von 50 m geben. Für alle weiteren wären 10 m das Mindeste. Allerdings gibt es zahlreiche Studien, die besagen, dass 10 m nicht ausreichen. Wir sollten realistisch bleiben. Sie sind aber weit besser als die von der Kommission vorgeschlagenen 3 m.

Wie schon eingangs angesprochen, stehen sich Agrar- und Umweltpolitiker im Europaparlament mit Blick auf den SUR-Vorschlag recht unversöhnlich gegenüber. Nun streiten der Vorsitzende des Umwelt- und der des Landwirtschaftsausschusses, Pascal Canfin und Norbert Lins, auch über den Zeitplan. Wie ist hier Ihre Meinung?

Meine Meinung ist, dass ich als Politikerin eine Volksvertreterin bin, die das Beste für alle Bürger und Bürgerinnen in der EU will. Dafür suche ich Mehrheiten. Ablehnender Aktivismus hat seine Berechtigung auf der Straße, im EU-Parlament sollten wir uns anderer Mittel bedienen. Das heißt aber auch: Ich werde immer proaktiv an jedem Gesetzesvorschlag mitarbeiten, selbst wenn er mir nicht gefällt oder ich keine Mehrheiten für meine Position habe.

Wird es also dabei bleiben, dass Sie Ihren Bericht an diesem Donnerstag im EU-Umweltausschuss vorstellen werden?

Ich lege an diesem Donnerstag einen sorgfältig ausgearbeiteten Vorschlag zur Pestizidreduktion auf Basis des SUR-Entwurfes vor. Als federführende Politikerin im Europaparlament habe ich die Verpflichtung, meine Aufgabe zu erfüllen, den Austausch zu ermöglichen, Kompromisse einzuarbeiten und nicht zu verhindern. Da müssen die anderen Fraktionen aber auch mitarbeiten wollen. Manche wollen das auch. Andere wollen gerne etwas verhindern, was nicht aufzuhalten ist. Ich bin überzeugt, dass wir nur zusammen und im gegenseitigen Respekt zu einem Kompromiss kommen. Dafür braucht es aber Bewegung von allen Seiten. Sonst sollte man eben das Feld denjenigen überlassen, die daran arbeiten wollen. Und das will und werde ich.

Vielen Dank für das Gespräch!

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