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topplus Vorräte schrumpfen

Warum der Weizenpreis wieder auf 300 € steigen könnte

Die Weizenkurse treten auf der Stelle. Noch, denn wegen Trockenheit in Indien, Australien und Argentinien wird die Bilanz enger. Auf ein Land kommt es dabei besonders an. ​

Lesezeit: 5 Minuten

Steffen Bach von Kaack Terminhandel analysiert täglich neue Schätzungen und Prognosen zum Getreidemarkt. Die Weizenpreise könnten im Winter Aufwind bekommen, meint er.

Bis vor einigen Monaten schien die globale Weizenversorgung für das Wirtschaftsjahr 2023/24 gesichert. Trotz des Krieges in der Ukraine lief der Export über das Schwarze Meer weitgehend reibungslos. Die Kurse an den Börsen befanden sich monatelang in einem Sinkflug, bis sie Ende Mai mit 218,25 €/t bis auf den tiefsten Stand seit dem Sommer 2021 fielen. Seitdem bewegt sich der Weizenmarkt weitgehend seitwärts und pendelt seit Anfang August zwischen 245 und 225 €/t. Grund für das Ende des Abwärtstrends waren die gesunkenen Ertragserwartungen in wichtigen Erzeugerländern (siehe Übersicht).

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Vorräte auf 10-Jahrestief

Die kleinere Erntemenge wirkt sich auch auf die globalen Endbestände für das Wirtschaftsjahr 2023/24 aus. Das USDA erwartete im Juni noch eine Menge von knapp 271 Mio. t. Im September waren es nur noch rund 259 Mio. t. Gegenüber dem Vorjahr würden damit die weltweiten Vorräte um 7,5 Mio. t abschmelzen. Es wäre der vierte jährliche Rückgang in Folge und die kleinste Menge seit dem Wirtschaftsjahr 2014/15.

Die Übersicht zeigt, dass die Ertragseinbußen in China, der EU, Kanada, Australien und Argentinien zum Teil durch höhere Erträge in der Schwarzmeerregion ausgeglichen wurden. Die Prognose für die russische Ernte beließ das USDA überraschend bei 85 Mio. t, was nach der Auffassung von einheimischen und internationalen Analysten 5 bis 7 Mio. t zu wenig ist. Andererseits deutet einiges darauf hin, dass die aktuellen USDA-Prognosen für Argentinien und Australien trotz der in den vergangenen Monaten vorgenommenen Korrekturen noch immer zu hoch angesetzt sind.

Australien und Argentinien leiden unter El Nino

In Australien macht sich das Klimaphänomen El Nino mit hohen Temperaturen und Niederschlagsmangel bemerkbar. Die Weizenernte dürfte deshalb kaum mehr als 22 bis 23 Mio. t einbringen. Ähnlich ist die Lage in Argentinien, das sich nur langsam von einer Jahrhundertdürre erholt. In einigen Regionen sind die Böden noch immer zu trocken, während anderswo extreme Nässe die Aussaat behindert hat. Unter diesen Bedingungen ist es fraglich, ob die derzeit erwartete Menge von 16,5 Mio. t erreicht werden kann. Und es gibt einen zweiten Grund, der das argentinische Weizenangebot auf dem Weltmarkt beschneiden könnte. Die Landwirte zögern mit der Vermarktung der bevorstehenden Ernte. Das Verkaufstempo ist nach Regierungsangaben das langsamste seit sieben Jahren. Ein Grund sind die ausbleibenden Niederschläge, die Ertragseinbußen befürchten lassen. Zudem hoffen die Landwirte nach der Präsidentschaftswahl am 22. Oktober auf bessere Vermarktungsbedingungen. Einige Kandidaten haben versprochen, die Exportsteuern auf Agrarrohstoffe zu senken. Bis zum 13. September hatten die Landwirte nur 1,51 Mio. t Weizen vorverkauft, gegenüber 5,28 Mio. t vor einem Jahr.

Indien geht der Reis aus

Ein weiterer entscheidender Faktor für die Preisentwicklung ist die Lage in Indien. Wegen des knappen inländischen Angebots nach der Ernte in diesem Frühjahr, hat die Regierung mehrfach in das Marktgeschehen eingegriffen. Eine Hitzewelle im März und April schädigte die Weizenernte. Die Regierung hält dennoch daran fest, dass eine Rekordernte von 113 Mio. t Weizen geerntet worden sei. Private Agrarhändler halten 100 Mio. t für realistisch, was das schlechteste Ergebnis seit vier Jahren wäre und klar unter dem Verbrauch von 108 Mio. t liegt. Für dieses Szenario spricht, dass in der indischen Regierung über eine Senkung oder Abschaffung der Importzölle auf Weizen diskutiert wird.

Außerdem wurde bereits ein Exportstopp für fast alle Reissorten verhängt. Dies bereitet vielen traditionellen Abnehmern in Asien und Afrika große Sorgen, denn mit rund 10 Mio. t und einem Marktanteil von knapp einem Viertel ist Indien der größte Reisexporteur der Welt. Sollte Reis auf dem Weltmarkt nicht in ausreichenden Mengen verfügbar sein, müssten die Lücken in der Lebensmittelversorgung durch Weizen und Mais geschlossen werden, was die Nachfrage zusätzlich antreiben würde.

Kauft Indien in Russland?

Unklar ist, wie groß das Versorgungsdefizit in Indien tatsächlich ist. Vor einigen Wochen kursierten in Medien Berichte, nach denen die Regierung beabsichtige bis zu 9 Mio. t Weizen aus Russland zu importieren. Die Meldungen wurden offiziell zwar dementiert, die Gerüchte flammen aber immer wieder auf. Sollte Indien in einer Größenordnung von 5 bis 10 Mio. t auf dem Weltmarkt aktiv werden, würde das Land plötzlich zu einem der wichtigsten Weizenkäufer.

Auf eigene Reserven kann das bevölkerungsreichste Land nur noch sehr begrenzt zurückgreifen. Die Bestände haben sich von der Ernte 2022 zur Ernte 2023 auf 9,5 Mio. t mehr als halbiert, und reichen nur noch aus, um den Bedarf für gut einen Monat zu decken. Seit 15 Jahren war das Weizenpolster in Indien nicht mehr so dünn. Unter keinem guten Stern steht auch die bevorstehende Weizenernte in Indien. El Nino bringt weniger Niederschläge nach Südasien, was sich bereits in den vergangenen Monaten negativ auf die Regenmengen auswirkte.

Umschwung zum Jahresende denkbar

Zusammenfassend kann man sagen, dass eine Kombination aus Ertragseinbußen in Indien, Australien und Argentinien zum Ende des Jahres zu einem Stimmungsumschwung auf dem Weizenmarkt führen könnte. Sollte ein schwindendes Exportangebot aus Australien und Argentinien auf einen signifikanten Importbedarf in Indien treffen, würde das auf dem Weltmarkt zu steigenden Preisen führen und auch die Vermarktungschancen für deutschen Weizen im Export deutlich verbessern. Euronext-Kurse von 300 €/t erscheinen in diesem Szenario wieder möglich.

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