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Biosojabohnen aus Togo sorgen für Aufregung

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Betrugsverdachts bei Biosoja. Welche Auswirkungen hat der Fall auf die Biobranche in Österreich und subventioniert die EU Togo im Agrarbereich?

Lesezeit: 6 Minuten

Sojabohnen aus Togo erhitzen die Gemüter in der Biobranche. Von einem Gerücht, über Betrugsermittlungen bis hin zum Preisverfall der europäischen Ware, reicht die Problematik. Die Ermittlungen führt die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis, angezeigt hat den Fall die Niederlassung der Saatbau Linz in Deutschland.

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Die Saatbau Deutschland hat die ­verdächtigen Chargen Biosoja auf ihre Herkunft prüfen lassen und stellte unter anderem Togo als Ursprungsort fest.

Die Behörden ermitteln gegen einen Händler aus Oberösterreich, der die Biosojabohnen als EU-Ware deklariert haben soll.

Bio Austria startete wegen des Biosoja aus Togo eine „Aktion scharf“ und kontrollierte Futtermittel per Isotopenanalyse auf ihre Herkunft.

40 Lastwagen mit rund 1.000 t Biosoja gingen von einem Händler in Oberösterreich im Frühjahr 2023 nach Nürnberg zur Saatbau Deutschland GmbH. „Dort stellten wir fest, dass mehrere Vorlieferanten involviert waren und es konnte bis heute keine glaubhafte Rückverfolgbarkeit der Herkunft nachgewiesen werden. Deshalb wollten wir mit einer Isotopenanalyse den Ursprung der Ware untersuchen“, erklärt Hans-Albrecht Müller, Geschäftsführer der Saatbau Deutschland.

Streit um Zertifikate

Ein Labor untersuchte 20 verplombte Rückstellmuster: Neun sollen aus Rumänien stammen, sieben aus Togo in Westafrika, drei aus der Ukraine und eines aus Russland. „Wir beziehen ausschließlich Biosojabohnen aus Österreich und Deutschland sowie aus EU-Herkünften‘“, sagt Müller. Deshalb kam es zur Anzeige bei der Staatsanwaltschaft, wie auch das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet hat.

Gültige Zertifikate vorhanden

Diese Laborergebnisse zweifelt der Lieferant aus Oberösterreich an, wie er gegenüber top agrar Österreich erklärt: „Die Aussagekraft dieser Analysen war von Anfang an ungewiss, da diese nicht von einer unabhängigen Kontrollstelle veranlasst und abgesichert wurden. Die nun vorliegenden Analysen einer akkreditierten Kontrollstelle beweisen eindeutig EU-Herkunft.“

Außerdem behauptet der Lieferant, dass bisher bei allen Prüfungen die Schlüssigkeit der Zertifikate bestätigt wurde. „Die Ware wurde ausschließlich von zertifizierten Unternehmen gekauft. Alle diese Lieferanten verfügen über gültige Biozertifikate. Die Herkunft wurde ebenso mehrmals geprüft und auch hier ist in den Lieferdokumenten stets EU-Bioware deklariert“, erklärt ein Sprecher des Unternehmens.

Ob strafrechtlich relevante Sachverhalte vorliegen, werden die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis zeigen. Den entstandenen Schaden für die Saatbau Deutschland GmbH beziffert Müller mit mehreren 100.000 €.

Mineraldünger-Kontrollen

Der Branchenzertifizierer Bio Austria Marketing GmbH hat seit dem Frühjahr 2023 mehr als 50 Proben gezogen und untersuchen lassen, um die Herkunft von Sojabohnen bzw. Mais zu bestimmen. „Der Schwerpunkt lag und liegt auf den Sojabohnen, wir haben aber auch Mais untersucht, selbst im Mischfutter ist eine genaue Bestimmung unter gewissen Voraussetzungen möglich“, sagt Hermann Mittermayr, Geschäftsführer der Bio Austria Marketing GmbH. Große Missstände sind bei den in Österreich gezogenen Proben nicht aufgetreten, „wir sind nur im Bio Austria Futtermittelsystem für Untersuchungen zuständig“. Was außerhalb passiere, wie bei der Bioware, die nach Deutschland verkauft wird, könne er nicht sagen.

Dort sei Biosoja aus Togo weit verbreitet und anscheinend akzeptiert und kann verwendet werden, wie regionale Bioware. Dies schlägt sich im Preis nieder, der heuer bereits stark gesunken ist. Bei Bio Austria sind keine Produkte aus Togo zulässig. In Österreich herrscht Selbstversorgung bei Biosoja. Die Preise für heimische Bio-Ware geraten trotzdem sehr unter Druck, da Exportmöglichkeiten in die EU wegfallen.

Biosojabohnen-Importe steigen

Togo und die Ukraine sind die beiden größten Biosojabohnen Importeure in die EU (siehe Grafik Anm.). 2022 tauchten erstmals Gerüchte auf, dass Biosojabohnen aus Togo in Österreich verarbeitet werden, wie Mittermayr erklärt. „Dazu kamen noch die Zahlen der EU-Kommission, also haben wir sofort mit unseren Stichproben bei Bio Austria-Ware begonnen“, sagt der Geschäftsführer.

Das westafrikanische Togo zählt zu den ärmsten Ländern der Welt und ist in den vergangenen Jahren zum größten Biosojalieferanten in die EU aufgestiegen. Der Spiegel zitiert einige Experten, die an dem schnellen Wachstum zweifeln, diese Zweifel hegen auch einige Branchenkenner in Österreich. Denn im Jahr 2021 exportierte Togo nur 65.000 t Biosoja in die EU, 2022 waren es mehr als 120.000 t. Bei einer Produktion von rund 80.000 t Biosoja im Vorjahr, wie französische Medien berichten. „Österreich hat auch ein super Wachstum beim Biosojaanbau hingelegt, aber nicht in dieser Zeit“, meint Mittermayr.

Ob Flächen in Togo ebenfalls drei Jahre umgestellt werden müssen, um als biologisch eingestuft zu werden oder nicht, ließ sich nicht genau verifizieren. Anfragen an das Landwirtschaftsministerium in Togo blieben unbeantwortet. Fakt ist, dass mehrere internationale Prüfstellen im Land Biozertifikate ausstellen und sich die Anbaufläche in den vergangenen Jahren vervielfacht hat, da viele Bauern statt Baumwolle auf Soja setzen.

Togo und die EU-Hilfen

Erst im April 2023 unterzeichnete die EU-Kommission und Togo eine Partnerschaft. Diese beinhaltet die Entwicklung der Agrarindustrie und Verbesserung der Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen mit einem EU-Beitrag von 30 Mio. € und ein Abkommen über ein Budgethilfeprogramm im Umfang von 40 Mio. € zur Unterstützung des Zugangs zu grundlegenden sozialen Diensten, der Landwirtschaft und des Dezentralisierungsprozesses.

„Ich begrüße die Unterzeichnung dieser beiden Abkommen, die für die Angleichung zwischen der Roadmap der Regierung Togos und der Global-Gateway-Strategie der EU stehen. Wir möchten die Aufnahme togoischer Agrarerzeugnisse in globale Wertschöpfungsketten beschleunigen“, erklärte im April der Premierminister von Togo.

Zertifizierungen für die Schweiz und Deutschland

Die Firma Soycain in Togo exportiert Biosoja, wie auf ihrer Webseite zu lesen ist mit Unterstützung der EU. „Holland, Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien importieren unser Biosoja gemäß der europäischen Biozertifizierung“, heißt es. Ein großer Teil unseres Exports geht auch nach Indien und China, um eine Sojaschrotfabrik zu beliefern, die dann indischen Biosojaschrot nach Europa exportiert, heißt es vom Unternehmen.

Indien ist ein weiterer großer Player im Biosojamarkt. Bis 2022 lieferten indische Firmen vor allem in die USA, doch das führte dort zu Marktverwerfungen. Die amerikanischen Biobauern wurden durch die Importe massiv geschädigt, somit haben die USA eine Antidumpingzollverordnung für Biosojaschrot aus Indien verhängt.

Wie sich die Importe von Bioware in die EU entwickeln werden, werde sich zeigen. Die Konkurrenz aus Übersee werde der österreichischen Produktion jedoch Probleme machen. „Hier hilft den Biobauern nur unser Verbandssystem, wo kein Soja aus Togo verfüttert werden darf und nur regionale Ware zum Zug kommt“, sagt Mittermayr.

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