Die EU-Landwirtschaftsministerinnen und -minister haben sich am Montag in Brüssel beim Thema neue Gentechnik nicht einigen können. „Wir nähern uns einer Einigung, aber eine Mehrheit ist noch nicht geschafft“, wird der spanische Agrarminister und Ratsvorsitzende Luis Planas Puchades zitiert.
Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass einige Formen der neuen genomischen Verfahren (NGT) nicht mehr unter die strengen Regeln für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) fallen sollen. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) sprach sich gegen die aktuelle Ratsposition zur entsprechenden EU-Verordnung aus. Er begrüßte, dass weiterhin eine Opt-out-Option für die Mitgliedsstaaten bei einigen NGT-Sorten (Kategorie NGT-2) vorgesehen ist. Positiv sei auch das weiterhin geplante Verbot von NGT in der biologischen Landwirtschaft, berichtet ORF online.
Bio Austria zeigt sich erfreut
Erfreut über die Nichteinigung zeigt sich Bio Austria-Obfrau Barbara Riegler: "Es ist ein wichtiges Signal und eine gute Nachricht für KonsumentInnen sowie für Bäuerinnen und Bauern, dass die Mitgliedsstaaten den vorliegenden Entwurf abgelehnt haben. Denn dieser stellt mit der enthaltenen defacto-Deregulierung eine Gefahr für die gesamte gentechnikfreie Landwirtschaft dar. Für Österreich steht die Qualitätsstrategie und der Fortbestand des viel zitierten Feinkostladens Österreich auf dem Spiel, zu dem der hohe Anteil biologischer Landwirtschaft maßgeblich beiträgt."
Zahlreiche Mitgliedstaaten haben in der Sitzung deutlich die Notwendigkeit hervorgehoben, keine NGTs in der biologischen Landwirtschaft zuzulassen und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass dies nur durch Rückverfolgbarkeit, Kennzeichnung und Koexistenzmaßnahmen für alle NGTs praktisch ermöglicht werden kann. Gleichzeitig wurde von Seiten vieler Mitgliedsstaaten auch vor der Gefahr für Bäuerinnen und Bauern durch Patententierung von genetischen Ressourcen hingewiesen. Bio Austria begrüßt diese deutliche Positionierung und die Tatsache, dass auch Österreich diese Position klar zum Ausdruck gebracht hat.
ARGE Gentechnik-frei gegen "faule Kompromisse"
"Dem Versuch des spanischen EU-Ratsvorsitzes, mit enormem Zeitdruck und unzureichender öffentlicher sowie politischer Diskussion eine rasche Entscheidung für eine Deregulierung des EU-Gesetzesrahmens zur Gentechnik herbeizuführen, ist ein heftiger Dämpfer verliehen worden. Keine faulen Kompromisse auf Kosten von Transparenz und Wahlfreiheit", erklärt Jens Karg, Gentechnik-Experte bei der ARGE Gentechnik-frei.
"Die Pläne der EU-Kommission zur weitgehenden Deregulierung der Neuen Gentechnik würden es erheblich schwerer und wohl auch kostspieliger machen, die von Konsument:innen in vielen europäischen Ländern stark nachgefragten Gentechnik-freien Lebensmittel in gleicher Vielfalt auf dem Markt anzubieten. Als Folge mangelnder Kennzeichnung und der von der EU-Kommission geplanten Abschaffung von klaren und transparenten Maßnahmen zur Rückverfolgbarkeit würde der dadurch notwendige Mehraufwand zu Kostensteigerungen führen, die letztendlich auch von den Konsument:innen getragen werden müssten."
Dieser Gesetzesvorschlag müsse zurück an den Start. Anstatt aufs Tempo zu drücken, müsse auf Qualität und Transparenz geachtet werden! "Denn neben den Chancen dieser neuen Technologien gibt es auch zahlreiche Risiken, die mit einem nicht zu Ende gedachten Aushebeln des bewährten EU-Gentechnik-Rechtsrahmens einhergehen“, so Karg.