Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

topplus Gentechnisch verändert

Neuer Ansatz gegen Vogelgrippevirus: Hühner durch CRISPR/Cas resistent

Um Nutzgeflügelbestände vor der Geflügelpest zu schützen, gibt es einen neuen Ansatz. Der ist allerdings umstritten: Es handelt sich um gentechnisch veränderte Hühner. Zwei Wissenschaftler ordnen ein.

Lesezeit: 4 Minuten

In Geflügelbetrieben ist die Vogelgrippe gefürchtet; sie hat sich von einem saisonalen zu einem ständigen Risiko verändert. Viel Handlungsspielraum bleibt den Betrieben nicht, um Infektionen zu vermeiden.

Zwar darf in den Niederlanden gegen Vogelgrippe geimpft werden und es läuft bereits ein Praxisversuch dazu. Doch deutschen Geflügelhaltern bleibt nur: Auf Biosicherheit achten und Hygiene einhalten, Kontakt mit Wildvögel meiden und notfalls das Freilandgeflügel aufstallen.

Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Mit CRISPR/Cas zur Resistenz

Britische Forscher (Idoko-Akoh et al.) züchteten nun während einer Machbarkeitsstudie Legehennen, die genetisch gegen das H5N1-Virus resistent sind. Die Ergebnisse sind in dem Fachjournal Nature Communications veröffentlicht und peer reviewed.

Basis der Forschung ist das Protein ANP32A bei Hühnern. Dieses Protein dient dem Virus als Wirt und ist wesentlich verantwortlich dafür, dass es sich im Geflügel vermehren kann. Während der Studie veränderten die Forschenden mithilfe der Genome Editing-Methode CRISPR/Cas 9 in Hühner-Embryonen zwei Aminosäuren des Proteins ANP32A. Die befruchteten Eier stammten aus kommerziellen Legehennen-Hybrid-Linien.

Vogelgrippevirus mutiert und durchbricht Resistenz

Die daraus geschlüpften Küken können die Eigenschaft auch an ihre Nachkommen vererben. Mit einer geringen Viruslast konnten sie gut umgehen, 9 von 10 Hennen waren resistent und infizierten sich nicht. Bei steigender Viruslast nahm die Resistenz jedoch ab, das Virus mutierte.

Schadet eine vollständige Resistenz den Hühnern?

Eine vollständige Resistenz der Hühner könnte theoretisch erreicht werden, wenn alle drei Gene der Genfamilie ANP32 verändert werden würden. Das würde jedoch auch negative Folgen für die Hühner selbst haben, ordnet Prof. Stephan Ludwig von der Universität Münster ein. Er sagt: „Die Autoren haben eine Reihe von Experimenten durchgeführt, um zu zeigen, dass die Mutationen in ANP32A keine negativen Auswirkungen auf das Huhn selbst haben. Jedoch ist ANP32A ein Protein, das auch in nicht-infizierten Zellen eine Funktion hat. Es kann daher durchaus sein, dass man einen möglichen Einfluss auf den Organismus nur noch nicht erkannt hat, da er nicht auf den ersten Blick offensichtlich ist.“

Vogelgrippe – welteweite Pandemie und Zoonose

Professor Timm Harder vom Friedrich-Loeffler-Institut und der Christian-Albrechts-Universität Kiel heißt weitere Ansätze willkommen, um der Vogelgrippe vorzubeugen. In resistentem Geflügel sieht er einen spannenden Ansatz: „Infektionen mit hochpathogenen aviären Influenzaviren (HPAIV) der Linie gs/GD haben inzwischen den Charakter einer panzootischen, weltumspannenden Erkrankung bei Wildvögeln und Geflügel angenommen. Schutzmaßnahmen sind derzeit fast ausschließlich auf das Geflügel beschränkt. Aufgrund des erhöhten HPAIV-Infektionsrisikos werden Management- und Biosicherheitsmaßnahmen allein nicht mehr als ausreichend angesehen, um Geflügelpopulationen zu schützen. Die Impfung gegen HPAI wird daher als ergänzende Säule der Prävention gefördert, ist aber weiterhin mit einem hohen Überwachungsaufwand verbunden.“

Allerdings würde die Lage der Vogelgrippe dadurch nur marginal betroffen sein, denn wasserlebende Wildvögel trieben die Erkrankung maßgeblich im Zusammenspiel mit domestizierten Wassergeflügelpopulationen an.

Auch für Menschen könnten die resistenten Hühner von Vorteil sein, z.B. bei vielen direkten Kontakten zwischen Huhn und Mensch wie auf Lebendgeflügelmärkten. „Würden hier resistente Hühner eingesetzt, verringerte sich das Risiko menschlicher Expositionen gegenüber der Aviären Influenza sicherlich beträchtlich. Dies wäre vor allem dann bedeutend, wenn sich AI-Viren durchsetzten, die eine wesentlich höhere Neigung zu zoonotischen Übertragungen hätten als die derzeit zirkulierenden“, sagt Harder.

Anwendung in der Praxis schwierig

Beide Wissenschaftler sehen die praktische Umsetzung des Versuchs kritisch. Das betrifft sowohl rechtliche als auch ethische Hürden.

„Ohne die Erkenntnisse der Arbeit schmälern zu wollen, bin ich sehr skeptisch, ob ein solcher Ansatz tatsächlich mittelfristig in der Breite durchführbar ist,“ kommentiert Ludwig. „Wir reden ja hier von einer weltweiten Verbreitung genetisch veränderter Tiere, wobei der erforderliche Umfang an sowohl nötigen als auch tolerierten genetischen Veränderungen zur Erlangung einer robusten Resistenz noch überhaupt nicht klar ist.“ Problematisch sei zum einen, dass die Viren sich schnell anpassen würden und der Ansatz so schnell unwirksam werden könnte. Zum anderen könne es auch Probleme bei der Akzeptanz in der Bevölkerung geben, „ gerade in der angeblich so aufgeklärten westlichen Welt.“ Insofern sei die Arbeit zunächst eine elegante akademische Fingerübung, aber noch weit weg von einer tatsächlichen Anwendung.

Eine weitere Hürde erklärte Harder: „Dem EU-Recht nach sind Organismen, deren Genom mittels dem CRISPR/Cas-Verfahren verändert wurden, als gentechnisch veränderte Organismen (GMOs) zu betrachten. Ihre Nutzung bedürfte also einer gentechnischen Genehmigung und die Haltung wäre nach aktuellem Recht nur in einer gentechnischen Anlage möglich. Freilandhaltung wäre dann einem Freisetzungsvorhaben gleichzustellen. Ohne entsprechende rechtliche Anpassungen wäre eine Massennutzung sicherlich nicht vorstellbar.“

Mehr zu dem Thema

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.