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Neues Warnsystem für Waldbrände

Mithilfe eines neuen Online-Tools können Experten das Risiko von Waldbränden nun besser und frühzeitig abschätzen. Wir haben mit einem Entwickler gesprochen.

Lesezeit: 7 Minuten

Unter www.waldbrand.at können Experten das Risiko von Waldbränden besser abschätzen und frühzeitig reagieren. Bei dem Online-Tool wird die Waldbrandgefahr auf topografischen Karten in sechs verschiedenen Stufen farbig dargestellt:

  • blau: kein Risiko, Schnee ≥ 1 cm
  • grün: sehr geringes Risiko
  • gelb: geringes Risiko
  • orange: mäßiges Risiko
  • rot: hohes Risiko
  • violett: sehr hohes Risiko.

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In der Darstellung können sich die Experten zudem auf einzelne Gefährdungsfaktoren, wie z. B. die Vegeta­tion oder menschliche Einflüsse, fo­kussieren. Die Modellierungen reichen, je nach Datenverfügbarkeit, für eine räumliche Genauigkeit von 1 x 1 km bis zu 100 x 100 m.

Harald Vacik forscht und lehrt am Institut für Waldbau an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien. Dort wurde das Projekt „Copernicus Data for Novel Highresolution Wildfire Danger Services in Mountain Regions“, kurz CONFIRM, letztes Jahr abgeschlossen. Das Projekt bildet die Grundlage für das Online-Tool.

Schnell gelesen
Das Waldbrand-Warnsystem kombiniert Daten aus Infrastruktur, Tourismus und von Satelliten und Laserscans.
Daraus berechnet das System eine Warnstufe für eine bestimmte Region.
Bergregionen sind häufig besonders gefährdet, da sich das Feuer auf den Steilhängen schnell ausbreiten kann.
Auch Touristen erhöhen die Gefahr für Waldbrände. Über 80 % der Brände werden vom Menschen verursacht.

Laura Anninger hat mit Harald Vacik über die Entwicklung und die neuen Möglichkeiten gesprochen:

Herr Vacik, wie sieht es in den österreichischen Wäldern aus, ist die Waldbrandgefahr in den letzten Jahren mit dem Klimawandel gestiegen?

Vacik: Für ganz Österreich können wir das noch nicht statistisch signifikant feststellen. Aber in den südlichen Randalpen, etwa in Osttirol oder Teilen Kärntens, sehen wir schon heute einen Zusammenhang zwischen der Temperaturentwicklung und der Anzahl der Waldbrände.

Ist die Waldbrandgefahr im alpinen Gebiet generell höher?

Vacik: 85 % der Brände werden von Menschen verursacht, nur 15 % durch Blitzschläge ausgelöst. In stark touristischen Regionen besteht daher generell eine höhere Entzündungsgefahr, selbst wenn diese aufgrund der meteorologischen Faktoren wie Temperatur, Niederschlag oder Wind nicht so hoch ist. An einem Steilhang beginnt das Feuer meist am Unterhang zu lodern, die Hitze steigt auf und trocknet damit die höher liegende Vegetation vor. Deshalb breiten sich Brände an Berghängen schneller nach oben aus. Ein weiterer Faktor sind die Baumarten: Im Gebirge wachsen eher Nadelhölzer, deren Streu leichter entzündbar ist als die von Laubbäumen. Auch die Waldstruktur und die Überschirmung sind wichtig. Wachsen unter den Bäumen Sträucher und Gräser, bestimmt das mit, ob sich ein Kronenfeuer ausbreiten kann. Auch Kahlflächen sind besonders gefährdet, auch weil die Sonne sie austrocknet.

Sie haben ein satellitengestütztes System mitentwickelt, das hilft, die Waldbrandgefahr abzuschätzen. Welche Daten verwendet es?

Vacik: Um die Entzündungsgefahr abzuschätzen, haben wir uns gefragt: Wie kommt der Mensch in den Wald? Dafür haben wir Infrastrukturdaten einbezogen, also die Lage von Autobahnen, Forststraßen, Hütten, Wanderwegen oder Seilbahnen. Dazu kommen sozioökonomische Daten wie der Aktionsradius rund um Siedlungen oder die Übernachtungszahlen in touristischen Gemeinden. Die Geosphere Austria (früher ZAMG) stellt zudem einen Waldbrandgefährdungsindex zur Verfügung, der meteorologische Faktoren wie die Temperatur oder die Windstärke berücksichtigt. Anhand derer können wir die Feuchtigkeit der Streu am Waldboden abschätzen. Außerdem greifen wir auf Laserscan- und Satelliten-Datenreihen zurück.

Welche Info kann man aus den Satellitendaten ziehen?

Vacik: Wir haben versucht, mithilfe von Daten der Satelliten Sentinel-1 und Sentinel-2 die Bodenfeuchte abzuschätzen. Dazu kommt, dass es viele Arbeitsschritte braucht, um die Satellitendaten verwenden zu können, etwa weil man darauf Wolken sieht und sie noch nicht georeferenziert sind. Da wir aber nur zeitversetzt beobachten können, wie die Streu auf eine andauernde Trockenheit reagiert, sind die Satellitendaten für tagesaktuelle Warnungen kaum geeignet. Daher haben wir nun einen anderen Ansatz gewählt: Die Kollegen von der Geomatik an der BOKU nutzen nun die Daten von Sentinel-2, um Baumarten zu unterscheiden. Für die Steiermark und Tirol haben wir zudem exakte Laserscan-Daten, mit denen wir die Waldstruktur oder Lücken genau darstellen können. Allerdings sind das Zeitreihen aus den Jahren 2017 bis 2018. Die können nun schon nicht mehr aktuell sein, denn der Wald verändert sich in fünf Jahren, z. B. durch Kahlschlag oder Sturm. Die Kollegen der TU Wien haben deshalb die Laserscan-Daten mit den aktuellen Daten von Sentinel-1 überschrieben, die zwar ungenauer, dafür aber schneller verfügbar sind. Damit können wir mithilfe unserer Algorithmen die Waldstruktur eines „virtuellen Waldes“ in grober Auflösung darstellen. Im Laufe der Zeit werden die Referenzdaten und damit die Darstellung besser werden.

Werden unsere Wälder in den kommenden Jahrzehnten öfter brennen?

Vacik: Extremereignisse werden die neue Normalität. Vieles was wir heute sehen – also längere Trockenperioden, Dürren, Sturmwurfschäden, Kahlstellen im Wald, die etwa durch Borkenkäferbefall entstehen – wird sich verstärken. Das sind gewaltige Veränderungen, auf die wir uns einstellen müssen. Wir haben anhand der meteorologischen Faktoren ein Szenario für 2070 berechnet. In manchen Regionen im Osten Österreichs wäre die Waldbrandgefahr dann über einen Zeitraum von fünfzig Tagen, also fast zwei Monaten, sehr hoch. Dazu kommt, dass sich der Siedlungsraum näher zu den Wäldern hin ausbreiten wird. Heute schon müssen in Griechenland, Portugal oder Spanien ganze Siedlungen evakuiert werden, weil man die Menschen nicht mehr vor Bränden retten kann. Bauen wir weiter Einfamilienhäuser in Waldnähe, laufen wir sehenden Auges in solche Schreckensszenarien, die sich viele noch nicht verdeutlicht haben.

Kann das Online-Waldbrand-Warnsystem helfen, sich auf solche Situationen vorzubereiten?

Vacik: Experten von Forstbehörden oder Einsatzorganisationen können damit einzelne Szenarien berechnen, ihre Einschätzung einfließen lassen ­und so die lokale Gefährdung besser abschätzen. Das hilft, sich auf den Ernstfall vorzubereiten. Da geht es um solche Fragen: Wo errichtet man einen Löschteich? Wo kann die Feuerwehr zufahren? Das System arbeitet mit einem Maschine-Learning-Ansatz, d. h. es können stets aktuelle Daten ­ergänzt werden. Der Förster weiß am besten, wo sein Wald besonders trocken ist. Inzwischen sind mehr als 5 000 solcher Informationen und Ereignisse dokumentiert. Solche Rückmeldungen helfen, die Datenbasis zu verbessern.

Was müssen wir heute tun, um die Waldbrandgefahr abzumildern?

Vacik: Nachverdichten und weniger Zersiedeln ist enorm wichtig. Bei der Waldbewirtschaftung sollten wir heute mehr auf Laubholz setzen. Eine an die Klimafolgen angepasste Bewirtschaftung kann die Waldbrandgefahr deutlich reduzieren. Wir sprechen allerdings von Jahrzehnten, bis sich diese forstlichen Maßnahmen nennenswert auswirken. Das bedeutet aber nicht, dass wir nichts tun sollen! Wir müssen jetzt Maßnahmen ergreifen, bevor uns die Zeit davonrennt.

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Ausnahmejahr: 550 ha Wald haben gebrannt

Im Jahr 2022 sind 217 Waldbrände in Österreich registriert worden. Das liegt etwas über dem Schnitt der letzten zwanzig Jahre. Außergewöhnlich war aber die große Fläche von rund 550 ha Waldboden, die von Bränden geschädigt wurde. Das ist der höchste Wert seit mehr als hundert Jahren! Hierfür waren drei Großbrände auf Truppenübungs-plätzen mit zusammen mehr als 500 ha Brandfläche ausschlaggebend. Der mit Abstand größte Vegetationsbrand ­ereignete sich bereits am 26. März am Truppenübungsplatz Allentsteig (NÖ). Bei Schießübungen geriet das trockene Gras in Brand.

Die regionale Verteilung der Waldbrände im Jahr 2022 spiegelt den langjährigen Trend wider: Spitzenreiter war die Steiermark mit 48 Waldbränden, gefolgt von Niederösterreich (47) und Kärnten (35). 85 % der Waldbrände sind auf den direkten oder indirekten Einfluss des Menschen (Zigaretten, heiße Asche, Brandstiftung) zurück­zuführen, nur 15 % auf Blitzschläge.

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