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Automatisches Melksystem

So klappt der Umzug an den Melkroboter

Auf einmal kommt das Melkzeug nicht mehr zweimal täglich zu den Kühen, sondern die Tiere können rund um die Uhr selbst zum Melken gehen.

Lesezeit: 7 Minuten

Die Beraterin Ulrike Stibbe erläutert, wie die Umstellung gelingt.

Der Trend zur Umstellung auf Automatische Melksysteme (AMS) in der heimischen Milchproduktion hält an. Im vergangenen Jahr 2022 stellten erneut 204 Betriebe auf automatisches Melken um. Damit erhöhte sich der Bestand an AMS in Österreich auf 1595 Anlagen. Bereits 20 % aller ­Kontrollkühe werden am Melkroboter gemolken.

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Der Umstieg vom Melken im Melkstand – oder noch extremer: aus der Anbindehaltung – auf ein automatisches Melksystem ist nicht nur für die Kühe eine große Umstellung.

Frau Stibbe, Sie beraten Landwirte in ganz Deutschland und auch in Österreich, wie können sich Milcherzeuger auf so einen Wechsel vorbereiten?

Stibbe: Ich vergleiche das gerne mit dem Umstieg von einem Fahrrad zum Porsche. Das geht auch nicht ohne Führerschein und Erfahrungen. Einige Betriebsleiter haben beispielsweise vorher noch nicht nie mit einer automatischen Abnahme gearbeitet. Für sie ist die neue Technik noch ungewohnt. Ich rate daher den Landwirten, sich mit AMS-erfahrenen Berufskollegen auszutauschen und dort vier bis fünf Stallzeiten mitzuarbeiten. Das ist dann wie eine kleine Fahrstunde vorab und kann den Stress am Einmelktag deutlich ­reduzieren.

Welche Tipps haben Sie, um sich für ein Fabrikat zu ­entscheiden?

Stibbe: Vor allem kommt es auf den Service an. Wichtiger als ein Händler im Nachbarort ist eine rund um die Uhr erreichbare Hotline mit kompetenten Fachleuten. Denn nicht immer muss bei einer nächtlichen Störung ein Techniker rausfahren. Oft reicht die ­telefonische Hilfe, um zumindest weitermelken zu können. Zudem ist die AMS-Wahl immer eine Typfrage. Arbeite ich lieber mit einem sensorbasierten Kontrollsystem oder binde ich die Tierkontrolle in meine tägliche Routine ein? Letztendlich haben die unterschiedlichen Fähigkeiten der Maschinen auch ihren Preis. Landwirte sollten sich deshalb fragen, ob sie den Mehrwert, den sie sich einkaufen, auch wirklich nutzen.

"Der Hauptgrund für ein​ AMS sind flexiblere​ Arbeitszeiten.“​

Ulrike Stibbe

Rechnet sich ein AMS auch ohne ­Herdenaufstockung?

Stibbe: Egal ob die Herde wächst oder nicht, in der Regel zählen ökonomische Gründe nicht zu den Vorteilen eines Melkroboters – im Gegenteil. Man muss mit zusätzlichen ein bis drei Cent je Kilogramm energiekorrigierter Milch an Arbeitserledigungskosten rechnen. Um diese Mehrkosten zu decken, müssen die Kühe mithilfe der höheren Melkfrequenz etwa 10 % mehr Milch geben. Der Hauptgrund für ein AMS sind meist die flexibleren Arbeitszeiten und attraktivere Arbeitsbedingungen. Bei einer Förderung von Melkrobotern kann sich die Investition unter Umständen auch aus finanzieller Sicht gegen die konventionelle Melktechnik behaupten.

Es entscheiden sich auch Betriebe für einen Melkroboter, die diesen mit ihrer Herdengröße nicht auslasten können. Das bedeutet hohe Kosten pro Kuh. Können Sie in diesem Fall den Einbau eines gebrauchten AMS empfehlen?

Stibbe: Ein Gebrauchtkauf ist nicht abhängig von der Auslastung. Denn eine gebrauchte Maschine wird nicht besser, nur weil sie weniger Kühe melkt. Es bleibt eine hohe Investition, die hohe Leistungen bzw. Durchsätze fordert. Die Frage dabei ist eher, ob Landwirte die High-End-Ausstattung von neuen Modellen brauchen oder aber mit einem älteren Modell und eventuell weniger Funktionen auskommen. Von Vorteil ist auch technisches Verständnis beim Landwirt, da bei ­gebrauchten Robotern häufiger Reparaturen anfallen können. Was die ­Wartungs- und Reparaturkosten angeht, gibt es jedoch große Unterschiede zwischen den Betrieben.

Betriebsabläufe und Herdenorga­nisation sind am AMS anders. Was gibt es zu beachten?

Stibbe: Der freiwillige Besuch im Roboter ist das A und O. Wichtig ist, dass die Tiere angstfrei sind, genug Platz haben und sich kein Stau vor dem Roboter bildet. Dann ist der sogenannte Cow-flow gut möglich. Ziel ist, weniger als 10 % der Herde nachzutreiben. Das ist nicht nur für den individuellen Melkrhythmus der Kühe entspannter, sondern auch elementar für die Arbeitserledigungskosten und das Zeitmanagement.

Dafür muss aber auch der Stall passen.

Stibbe: Ja klar! AMS-Neulinge machen sich oft zu wenig Gedanken um Arbeitsabläufe. Beispiele sind der Umgang mit Kannenkühen oder die Selektion von Frischmelkern, kranken oder brünstigen Tieren. Diese grundsätzlichen Fragen lassen sich am besten schon vor dem Roboterkauf bzw. bei der Stallplanung klären. Ich empfehle daher immer, eine unabhängige AMS-Beratung aus neutraler Sicht in Anspruch zu nehmen.

Bislang ist das Melkzeug zu den Kühen gekommen. Nun müssen sie selbst­ständig zum Melken gehen. Wie gelingt das Einmelken am Roboter?

Stibbe: Ich empfehle, die Kühe schon vor dem ersten Melken an den neuen Stall und den Melkroboter zu gewöhnen. Zum Beispiel könnte ein Besuch im neuen Stall den täglichen Weidegang ersetzen. Wenn die Tiere das neue System vier bis fünf Tage kennengelernt haben, könnte die halbe Herde dann ungemolken zur ersten automatischen Melkzeit gehen. Anders ist das bei Kühen, die noch nicht die Möglichkeit hatten, sich an den neuen Stall zu gewöhnen. Bei ihnen ist es sinnvoll, sie morgens um etwa fünf Uhr im alten Melksystem zu melken und den ersten Roboterbesuch mit leerem Euter zu machen. Das AMS bestimmt zunächst die Zitzenkoordinaten und die Kuh kann währenddessen die neue Umgebung wahrnehmen. Erst beim zweiten Besuch am frühen Nachmittag steht das Melken an. Ziel ist es, den Melksystemwechsel ohne Milchverlust und ohne Euterentzündungen zu meistern. Da die Kühe beim ersten Melken am AMS die Milch nicht oder nur teilweise hergeben, sollten Betriebsleitende mindestens die erste Nacht durchmelken – so lange, bis die Tiere anfangen, auch nachts selbstständig zu laufen. Falls das nicht funktioniert, stellen sich die Kühe selbst trocken. Zudem rate ich Neueinsteigern, vor dem Einmelken großzügig trockenzustellen, um den Aufwand so gering wie möglich zu halten. Ein Richtwert sind weniger als 20 kg Milch am Tag.

Das Kraftfutter am Roboter hat auch eine Lockfunktion. Sollte für die Kühe direkt die volle Portionsmenge verfügbar sein?

Stibbe: Nein, die Futterumstellung ist ein Herantasten. Den Großteil der Milch muss die Ration am Futtertisch ermelken. Diese Teil-Mischration sollte sich an dem Niveau der leistungsstarken Kühe orientieren, um Leistungseinbußen bei guten Tieren zu vermeiden. Für eine zusätzliche Kraftfuttergabe am AMS sind 1,5 kg je Kuh und Tag verteilt auf drei Besuche ein erster Richtwert. Nach und nach können Landwirte die Kraftfuttermengen anpassen.

Automatische Melksysteme sammeln eine Vielzahl von Daten. Welche sind für die Startphase wichtig?

Stibbe: Für mich sind drei Werte von hoher Bedeutung: Erstens die Milchmenge je Kuh und Tag, um zu überprüfen, ob eine Kuh, die vorher 40 kg Milch gegeben hat, ihre Leistung jetzt hält. Zweitens ist die Anzahl der Melkungen wichtig. In der ersten Woche sollten die meisten Kühe drei Melkungen am Tag erreichen. Diese Kennzahl ist in Kombination mit der dritten Kennzahl, den Melkintervallen, noch besser zu interpretieren. Ziel ist, drei Melkungen täglich im Abstand von etwa acht Stunden zu haben – also gleichmäßig über den Tag verteilt. Wenn keiner aufpasst, pendeln sich Kuh und Mensch auf den alten Rhythmus morgens und abends ein. Deshalb ist es wichtig, die freie Zeit des AMS mit Melkungen zu füllen, damit jede Kuh ihren individuellen Rhythmus findet. Dazu gehört ggf. ein langer aktiver Treibemodus von etwa Mitternacht bis vier Uhr morgens. Wenn sich alles eingependelt hat, sollte die freie Zeit des Melkroboters bei etwa 10 % liegen. Dann ist das System gut ausgelastet.

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