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Ping-Pong der Vorwürfe

Streit geht weiter: Kreis Leer besteht auf Ende der Nabu-Rinderhaltung

Bei einem Pressetermin zum Ultimatum des Kreises Leer zur Aufgabe der Weidehaltung hatte der Nabu seine Sicht verkündet. Das ärgert den Kreis, der nun kontert, was den Nabu wiederum erzürnt.

Lesezeit: 6 Minuten

Am Mittwoch hatte der Nabu Niedersachsen bei einer Pressekonferenz versucht, seine Sicht auf die missglückte Rinderhaltung in einem Naturschutzgebiet bei Leer zu rechtfertigen. Landeschef Dr. Holger Buschmann gab zähneknirschend einige Fehler zu, sieht die Hauptprobleme aber bei den Behörden. Und sowieo seien deren Vorwürfe „ziemlich absurd“.

Medienberichten zufolge ist das Tuch längst zerschnitten und Buschmann und der Kreis kommunizieren nur noch über Anwälte. So ist es nicht verwunderlich, dass sich das Kreishaus die neuerlichen Vorwürfe nicht gefallen lässt und am Donnerstag mit einer Presseerklärung die Behauptungen geraderückte. Daraufhin legte der Nabu am Freitag mit einer empörten Pressemitteilung nach. Aber der Reihe nach.

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Das sagt der Kreis

Zahlreiche Mängel bei Beweidungsprojekten in Leer aufgetreten

Die Beweidungsprojekte mit Heckrindern und Wildpferden auf Flächen im Stadtgebiet von Leer sollen beendet werden. An diesem Ziel will der Landkreis trotz der Kritik des Nabu festhalten. Als falsch und unbegründet weist die Behörde Buschmanns Vorwürfe vom Mittwoch zurück.

So habe nicht "ein Vorfall" zu diversen Anordnungen durch den Landkreis geführt, wie der Nabu behauptet, sondern die Naturschützer hätten eine zuvor versäumte, tierseuchenrechtlich vorgeschriebene Blutuntersuchung nachholen wollen. Entgegen der Absprache sei das Veterinäramt nicht informiert worden. Wörtlich erklärt der Kreis:

"Als eine Amtstierärztin dann doch durch den Tierarzt vor Ort herbeigerufen wurde, musste sie feststellen, dass die Situation vor Ort außer Kontrolle zu geraten drohte. Denn die in einer Fangaktion zusammengetriebenen Rinder, die nicht mehr an Menschen gewöhnt waren, standen unter großem Stress und wurden zur Gefahr für sich selber und für andere."

Und weiter: "Der Boden war auch nicht nur "glitschig", wie vom Nabu behauptet, vielmehr standen die Tiere in wadentiefem Morast. Um die Tiere zu schützen, ordnete die Amtstierärztin an, die Aktion abzubrechen."

Ein verletztes Tier wurde gerade nicht "sofort" von einem Tierarzt in Augenschein genommen, da dieser gar nicht mehr anwesend war, sondern am nächsten Tag vom Tierarzt erlöst. Die Schilderung des Nabu beschreibe nicht annähernd die Situation, die tatsächlich vorgefunden wurde, ärgert sich das Kreishaus.

Ursache für die dann folgenden Anordnungen des Landkreises sei auch nicht dieser eine "Vorfall" gewesen, sondern die Feststellung, dass es bei der Betreuung und Versorgung der Herde eine ganze Reihe von Mängeln gab, die auf gravierende Mängel im Management hinweisen.

Tiere in einem schlechten Ernährungszustand

Aussagen, dass Rinder und Pferde - bis auf drei Tiere - in einem guten Zustand gewesen seien, kann der Landkreis ebenfalls nicht bestätigen. "Die Rinder befanden sich überwiegend in einem schlechten Ernährungszustand. Die Untersuchung von verendeten Tieren sowie von Sammelkotproben ergaben einen hochgradigen Parasitenbefall und Mineralstoffmangel der Herden und bestätigten den schlechten Ernährungszustand. Die seuchenrechtlich vorgesehenen Blutuntersuchungen sind ebenso wenig erfolgt wie eine ordnungsgemäße Kennzeichnung. Die Besatzdichte war und ist zu hoch. Bei den ersten Kontrollen konnten nicht einmal Angaben über die Anzahl der Tiere gemacht werden", heißt es.

Eine tägliche Inaugenscheinnahme, Dokumentation und eine zur Durchführung von Pflege- und Behandlungsmaßnahmen erforderliche Gewöhnung an Menschen sei nach Ausfall der Betreuungspersonen offensichtlich nicht mehr erfolgt.

Die damaligen Betreuungspersonen hätten zuvor auf ihre Überlastung hingewiesen und schließlich gekündigt. Die auf Anordnung benannten neuen Ansprechpartner hätten weite Anfahrtswege und waren zum Teil nicht erreichbar und verweigerten anfänglich sogar die Mitwirkungspflicht, berichtet der Kreis.

Bei den Pferden wurden mangelnde Hufpflege und ein Parasitenbefall sowie ein Mineralstoffmangel festgestellt. Ein lahmendes Pferd musste per Ersatzvornahme erlöst werden, weil es den Verantwortlichen nicht gelang, dieses eigenständig und zeitnah zu organisieren. Auf der Fläche in Coldam gibt es zudem Pferde, die adipös sind, ergab die Begutachtung.

Mündliche Anordnung war gültig und sofort umzusetzen

Ebenso treffe der Vorwurf, der Landkreis habe Anordnungen mit viel zu kurzen Fristen getroffen, nicht zu. Den schriftlichen Anordnungen sei eine mündliche Anordnung gegenüber den Nabu-Mitarbeitenden vorausgegangen, so dass für die Umsetzung genügend Zeit war.

"Der Landkreis hält die Anordnungen für sachgerecht und angemessen. Sie sind eine Reaktion auf zahlreiche und wiederholt aufgetretene Mängel, die bei der Betreuung und Versorgung von Heckrindern und Wildpferden auf den beiden Flächen aufgetreten sind. Der Landkreis war durchaus bemüht, Lösungen in Kooperation mit dem Nabu zu finden. Doch mehrfach zeigte sich, dass Absprachen nicht eingehalten und Fristen versäumt wurden und das Krisenmanagement nicht richtig funktionierte", heißt es weiter.

Bereits 2008 hätten sich gravierende Mängel im Management gezeigt. Damalige Anordnungen, Sanktionen und die Reduzierung der Herden führten schließlich zu einer Verbesserung, die den Landkreis schließlich veranlasste, einer Fortsetzung dieser Projekte zuzustimmen. Dass nun wiederholt Missstände auftreten, die aus einem mangelhaften Management resultieren, lässt eine positive Prognose nicht mehr zu.

Die Erfahrungen der letzten Monate lassen den Landkreis nach eigener Aussage zu dem Schluss kommen, dass eine dauerhaft verlässliche und tierschutzgerechte Versorgung und Betreuung der Tiere nicht gewährleistet werden kann.

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Nabu uneinsichtig

Buschmann: "Landkreis stellt Falschbehauptungen auf"

Dr. Holger Buschmann bleibt hingegen bei seiner Behauptung, dass der Landkreis Teil- mit Unwahrheiten vermischt: „Während wir Fehler eingestanden haben, bekennt sich der Landkreis Leer nicht zu eigenen Fehlern und stellt erneut Falschbehauptungen auf. Diese Widersprüche werden daher Teil der laufenden bzw. anzustrebenden Klageverfahren sein müssen.“

Zudem werde der NABU Niedersachsen entsprechend auf die Anhörung zur Anordnung reagieren, welche die Aufgabe der Weideprojekte bis zum 30 September 2023 vorsieht.

Der Naturschützer ist überzeugt, dass seine Leute der Mitwirkungspflicht nachgekommen seien. Auch eine „mangelnde Hufpflege“ weist er von sich, diese werde seit Jahren in enger Zusammenarbeit mit Veterinären durchgeführt. So bestände außerdem keine bekannte Diagnose über Hufrehe.

Damit zusammenhängend kritisiert der NABU Niedersachsen erneut, dass ihm bis heute keine Akteneinsicht in Obduktionsergebnisse und Unterlagen gewährt wurde. Der Landkreis stelle zudem seine eigenen Bemühungen hervor, „Lösungen in Kooperation mit dem NABU“ finden zu wollen, kritisiere aber zu Unrecht nicht eingehaltene Absprachen oder Fristen. „Auch dies entspricht nicht der Wahrheit“, so Dr. Buschmann, „alle Anordnungen wurden nach besten Möglichkeiten umgesetzt. Doch gegen jene, deren Frist bewusst zu kurz gesetzt wurden und die damit unmöglich umzusetzen sind, wird sich der NABU Niedersachsen nun über den Klageweg wehren“.

Erneut betont der Landesvorsitzende, dass einige Anordnungen zudem dem Tierwohl widersprechen würden und einige Auflagen Auswirkungen auf Ganzjahresbeweidungen in ganz Deutschland hätten.

Rücktrittsaufforderungen infolge der Aufklärungen auf der Pressekonferenz am 26. Juli erteilt Buschmann eine Absage: „Es ist schon erstaunlich, wie CDU-Politiker Ulf Thiele diese Offenlegung nutzt und versucht, sich nun auf dem Rücken des NABU und der Tiere zu profilieren, obwohl er von den Zuständen und Abläufen keine direkte Kenntnis hat. Ich lade ihn gerne persönlich ein, sich die Situation vor Ort anzuschauen und sich darüber zu informieren.“

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