Eine aktuelle Videobotschaft von Teilen des Präsidiums des Deutschen Bauernverbandes (DBV) sorgt für mächtig Wirbel. In dem knapp fünfeinhalbminütigen Statement machen DBV-Präsident Joachim Rukwied sowie die Vizepräsidenten Karsten Schmal, Walter Heidl und Detlef Kurreck auf die gewaltigen Herausforderungen sowie gravierenden Folgen aufmerksam, die durch politische Beschlüsse wie dem europäischen Green Deal oder der Farm-to-Fork-Strategie auf Bauern und Gesellschaft zukommen.
Scharfe Kritik an Demonstrationen
„Deshalb müssen wir jetzt die Politik in Brüssel überzeugen, dass das der falsche Ansatz ist. Wir müssen mit Argumenten auftreten. Demonstrationen, martialische Symbole oder Blockaden bewirken nichts – im Gegenteil, sie schaden uns bei der politischen Arbeit“, sagt Rukwied. Die Aussagen der drei Vizepräsidenten sind ähnlich, DBV-Vize Werner Schwarz kommt nicht zu Wort.
Zwei WLV-Kreisverbände distanzieren sich von Aussagen
Die scharfe Kritik an Demonstrationen empfanden etliche Landwirte als Schlag ins Gesicht. Die Landwirtschaftlichen Kreisverbände Siegen-Wittgenstein und Olpe distanzieren sich daher in aller Deutlichkeit von den Äußerungen des DBV-Präsidenten Rukwied: „Solche Äußerungen torpedieren unsere Arbeit vor Ort. Wir respektieren jeden, der sich in der derzeitigen Situation engagiert und friedlich für die Belange des Berufsstandes einsetzt, uns ist es wichtig, dass jeder weiß, dass er bei uns angenommen wird und wir arbeiten hier in unseren Kreisverbänden immer schon eng zusammen und werden das auch weiterhin tun. Das möchten wir nicht durch solche Aussagen des DBV gefährdet wissen“, sagen die Vorsitzenden Henner Braach und Michael Richard.
Geschäftsführender Vorstand Landvolk Mittelweser distanziert sich
Am 4. Dezember veröffentlichte auch der Geschäftsführende Vorstand vom Landvolk Niedersachsen - Kreisverband Mittelweser einen Brief. Unterzeichnet ist er von Christoph Klomburg, Tobias Göckeritz, Lüder Wessel, Andreas Gerling, Christian Lohmeyer und Hendrik Frerking.
Zur Aussage Rukwieds „Demonstrationen, martialische Symbole und Blockaden bewirken nichts. Im Gegenteil sie schaden uns bei der politischen Arbeit“ schreiben die Landwirte aus Mittelweser: "Wir sind der Meinung, dass das Demonstrationsrecht ein unverzichtbares Mittel der Teilnahme am politischen Meinungs- und Willensbildungsprozess ist. Insbesondere und gerade dann, wenn die Existenz so vieler landwirtschaftlichen Familien bedroht ist."
Kritik äußert der Verband auch am Zitat von Vizepräsident Detlef Kurreck „Brennende Autoreifen helfen uns im Moment überhaupt nicht weiter.“ Hierzu schreibt das Landvolk: "In den letzten beiden Jahren gab es viele große Demonstrationen von deutschen Landwirten mit ihren Schleppern, aber die beschriebenen brennenden Autoreifen gab es nicht. Durch diese Verunglimpfung von ordnungsgemäß angemeldeten und durchgeführten Demonstrationen von Landwirten in Deutschland mit ihren legitimen Forderungen, fügt der Vorstand des Deutschen Bauernverbandes der berufsständischen Arbeit Schaden zu."
Das Landvolk Mittelweser hält nach eigener Aussage verfassungsgemäße Demonstrationen weiterhin für ein wichtiges und unverzichtbares Mittel, um auf die desaströse Lage in sehr vielen landwirtschaftlichen Familienbetrieben hinzuweisen. Daher fordern wir die Präsidenten auf, zukünftig Aussagen besser abzuwägen.
Großdemo in Brüssel Teil des Konflikts
Ohne es zu nennen, dürfte sich die DBV-Videobotschaft an die geplante Großdemo am 13. und 14. Dezember in Brüssel gerichtet haben. Diese ist coronabedingt inzwischen verschoben, sorgte aber schon vorab für Reibereien.
Beispielsweise sagte der Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM) seine Teilnahme ab – obwohl sein Dachverband, das European Milk Board (EMB), dabei ist. Als Begründung nannte der BDM, dass man sich besonders mit der Stoßrichtung beteiligter Organisationen wie der Farmers Defence Force (FDF) aus den Niederlanden, LSV Deutschland und einer polnischen Organisation mit Nähe zur rechtsnationalen PiS-Partei nicht einverstanden erkläre.