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Milch zwischen Vegan-Hype und Fakten

Diskussion um die Zukunft der Milch: Lidl setzt auf mehr Tierwohl und pflanzenbasierte Proteine. Tierrechtler lehnen Milchkuhhaltung komplett ab. Dennoch gibt es gute Gründe für die Milch.

Lesezeit: 5 Minuten

„Das Risiko tragen die Landwirte“, brachte es top agrar-Chefredakteur Matthias Schulze Steinmann auf den Punkt, nachdem Henrik Wiedenroth von Lidl erklärt hatte, dass das Handelsunternehmen bis Anfang kommenden Jahres die Trink- und laktosefreie Milch umstellen will auf Haltungsform 3 und 4. „Der nächste Schritt ist im Laufe des kommenden Jahres die Umstellung der H-Milch“, so der Lidl-Vertreter auf dem Podium beim Forum Milch NRW in Schwerte.

Bei der von der Landesvereinigung Milch NRW organisierten Veranstaltung diskutierte er zusammen mit dem Ernährungswissenschaftlern Dr. Malte Rubach, Agrarbloggerin und Ackerbäuerin Marie Hoffmann, Kasper Thormod Nielsen von Arla sowie der Präsidentin der Westfälisch-Lippischen Landfrauen Cornelia Langreck unter der Moderation von Matthias Schulze Steinmann über das Thema „Die Milch ist das Ziel! – Zukunft, wie geht das?“

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Lidl versteht die Sorgen

Wiedenroth, der gelernte Landwirt ist, erklärte, dass er die Sorgen der Milcherzeugerinnen und Milcherzeuger nachvollziehen kann: „Das Argument der Risikoverteilung ist richtig." Deshalb seien Branchendialoge wichtig. Über die Listung verschiedener Milch- und Molkereiprodukte aus verschiedenen Haltungsformstufen will der Discounter landwirtschaftlichen Betrieben eine Zukunft ermöglichen.

Selbstkritisch räumte er ein, dass die Kommunikation mit Stakeholdern im Vorfeld der Lidl-Ankündigung auf höhere Haltungsformen umzustellen besser hätte laufen können. Er spielte denn Ball aber auch weiter: „Die Politik ist ebenfalls gefordert, landwirtschaftlichen Betrieben eine Perspektive zu geben“, betonte Wiedenroth mit einem Blick zu Dr. Jan Dietzel vom Ministerium für Umwelt-, Landwirtschaft-, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, der ebenfalls Teilnehmer der Veranstaltung war.

Frust über die Politik

Dass diese Perspektive aktuell fehlt, wurde in zahlreichen Wortmeldungen aus dem Publikum deutlich: „Die Anforderungen an uns werden immer höher! Wenn wir das alles erfüllen sollen, hätte der Milchpreis nicht unter 50 Cent sinken dürfen“, sagte Landwirt Gerd Schmäh vom Niederrhein und ergänzte: „Auch wir müssen unseren Mitarbeitern Mindestlöhne zahlen!“

Enttäuscht von der Politik zeigte sich auch Dr. Mechtild Frentrup, Milchkuhhalterin aus dem Kreis Gütersloh: „Ich bin sehr frustriert über die Deutlichkeit beim Forum des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, dass die Tierhaltung in Deutschland zurückgefahren werden soll und deutlich gesagt wurde, dass wir Bäuerinnen und Bauern aufgrund des Fachkräftemangels auch überall woanders Jobs finden.“

Sie appellierte an Henrik Wiedenroth von Lidl, dass die Wertschöpfung der höheren Haltungsformen auch bei den Landwirtinnen und Landwirten ankommen muss, die die Arbeit damit haben.

Der Veggie-Trend

Auch das Thema pflanzenbasierte Milchprodukte war Thema der Diskussionsrunde und auch dazu musste Henrik Wiedenroth Stellung nehmen: „Der Veggie-Trend ist da und wir haben das Ziel, den Anteil pflanzlicher Proteine im Sortiment zu erhöhen“, erklärte er die Lidl-Strategie.

Aus Sicht des Handelshausvertreters kein Problem, denn pflanzliche Nebenprodukte, die z.B. bei der Herstellung eines Haferdrinks anfallen, lassen sich wiederum über die Tierhaltung gut verwerten. Lidl achte außerdem darauf, dass die Pflanzen für die Milchalternativen aus Deutschland stammen. „Wir sollten gemeinsam schauen, welche Geschäftsmodelle sich daraus für uns entwickeln“, so Wiedenroth.

Ein Plädoyer für die Milch

Dass pflanzliche Produkte nicht besser dastehen als Milchprodukte erklärte der Ernährungswissenschaftler Dr. Malte Rubach: „Die CO2-Bilanz eines Pflanzendrinks wird häufig viel besser dargestellt als die einer Kuhmilch“, sagte er. Bei der Betrachtung der Nährstoffdichte, komme man allerdings zu ganz anderen Ergebnissen.

Der Wissenschaftler ist Autor des Buches „Ein Plädoyer für die Milch“ in dem er mit Unwahrheiten über Milch aufräumt, die längst wissenschaftlich widerlegt seien. „Leider hat sich das Buch nicht so gut verkauft, wie erhofft“, gestand er. „Anders wäre es sicherlich gewesen, wenn auf dem Titel ‚Das weiße Gift‘ gestanden hätte“, zeigte er sich überzeugt mit Blick auf den Trend zu Vegetarismus und Veganismus. Er bedauerte, dass es häufig nur Negativ-Schlagzeilen über Milch in die Medien schaffen, nicht aber die vielen wertvollen physiologischen Eigenschaften.

Kritiker ernst nehmen

Über Landwirtschaft und auch Milchproduktion klärt Agrar-Influencerin Marie Hoffmann auf: „Rund 30 % meiner 489.000 Follower haben nichts mit Landwirtschaft zu tun“, erklärte die Landwirtin, die jüngst einen Ackerbaubetrieb übernommen hat. Rund 4 % davon ernähren sich vegan. „Wir sind gefordert, uns die Meinung von Kritikern anzuhören und mit ihnen drüber zu sprechen“, sagte sie. Das Thema Klimaschutz beschäftige bspw. junge Menschen. „Wir müssen komplexe Zusammenhänge einfach erklären. Zum Beispiel das Potenzial unserer Nährstoffkreisläufe hinsichtlich Klimaschutz“, so Marie Hoffmann. In die gleiche Kerbe schlug Landfrauenpräsidentin Cornelia Langreck: „Das Verständnis für Ernährung und Landwirtschaft ist die Voraussetzung für die Wertschätzung von Lebensmitteln.“

Tierrechtler-Demonstration: Auf der Zuwegung zur Veranstaltung hatten sich sogenannte Tierrechtler mit Plakaten positioniert und forderten, die Tierhaltung abzuschaffen. „Wir bevorzugen Lebenshöfe“, sagte Aktivist Kai Nay auf Nachfrage. Er und seine Kollegin, die ihren Namen nicht verraten wollte, sprachen sich für frei lebende Tiere und gegen jegliche Nutzung aus. Auch Weidehaltung lehnten sie ab. Auf die Frage, wo die Tiere in einem dicht besiedelten Bundesland wie Nordrhein-Westfalen gefahrlos leben sollen, antworteten sie: „In Afrika gibt’s das ja auch.“ Dass das Grünland ohne Wiederkäuer ungenutzt bleibt, störte sie nicht weiter: „Ich habe nichts dagegen, wenn die Flächen verbuschen“, so Kai Nay. Der Vorschlag seiner Kollegin lautete: „Man könnte dort auch Wildblumen anpflanzen für Insekten und Bienen.“ Die Aktion war organisiert von Ariwa Ruhrgebiet.

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