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„Hohe Milchleistungen rechnen sich“

…wenn die Tiergesundheit stimmt. Um das zu erreichen, definieren Catharina und Martin Wille mit Tierarzt Dr. Arnd Grottendieck immer wieder konkrete Ziele für ihren Milchkuhbetrieb.

Lesezeit: 7 Minuten

Wenn Martin Wille über seinen Betrieb spricht, ist sein Ehrgeiz immer neue Ziele zu erreichen spürbar. „Wir lieben unser Leben hier auf dem Hof. Deshalb gebe ich jeden Tag alles, um das auch weiterhin so möglich zu machen“, begründet der Vater von drei Kindern, der den Betrieb zusammen mit seiner Frau Catharina und einem Mitarbeiter bewirtschaftet.

Schnell gelesen

Im Teamwork mit seinem Tierarzt hat Martin Wille den Herdenschnitt und die Lebensleistung seiner Kühe ­kontinuierlich gesteigert.

Die Gesundheit der Kühe steht für ihn immer an erster Stelle und ist die Basis für Leistungssteigerungen.

Die Futterumstellung auf Kompakt-TMR sorgte für gleichmäßigeres ­Fressen und stabilere Stoffwechsel.

Den Start in die Laktation hat der Landwirt mit einer zweiphasigen Ration für die Trockensteher optimiert.

Über seine Erfahrungen berichtet der Landwirt auch beim top agrar-Dairy Event.

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Der Hof mit 130 Milchkühen liegt idyllisch von Wald und Wiesen umgeben in Bippen (Niedersachsen). Das Jungvieh hat der Landwirt an einen Kooperationspartner ausgelagert und kauft ausgewählte Tiere nach dem Kalben zurück. Die Kühe stehen in Altgebäuden von 1994 und 2006. Gemolken wird zweimal täglich im Doppel-7er-Fischgräten-Melkstand.

Austausch mit Beratern

„Unsere Ställe sind wirklich nichts Besonderes“, betont Wille – auch mit etwas Stolz. Neu bauen durfte er wegen Umweltauflagen nicht und erreicht dennoch hohe Leistungen. Aktuell liegt die Herde bei 13.000 kg (3,8 % Fett und 3,4 % Eiweiß) mit einer Zellzahl von 175.000. Gleichzeitig hat der Landwirt die Lebensleistung in den letzten zehn Jahren auf ca. 52.200 kg verdoppelt. Die durchschnittliche Nutzungsdauer liegt bei 3,7 Jahren. Um das zu erreichen, hat er an vielen Stellschrauben gedreht.

Allen voran steht für ihn eine intensive Zusammenarbeit mit unabhängigen Beratern. Bei unserem Gespräch ist deshalb Dr. Arnd Grottendieck von der Tierarztpraxis Bramsche dabei, die seit zehn Jahren den Betrieb intensiv betreut. Der Veterinär arbeitet eng mit Martin Wille zusammen und hat Einsicht in alle betrieblichen Daten. Sie besprechen nicht nur Einzeltierbehandlungen, sondern auch Futterration oder Management.

Zusätzlich analysieren sie gemeinsam mit einem Finanzberater zweimal jährlich die betriebswirtschaftlichen Zahlen. „Wir schauen, was gut läuft und was nicht. Wir legen konkrete Ziele und Maßnahmen fest. Wenn ich ein Ziel erreicht habe, folgt das nächste“, erklärt der Landwirt. Das waren beispielsweise die schrittweisen Leistungssteigerungen.

Bei der Kostenanalyse arbeitet er mit dem IOFC (income over feedcost) – also den Einnahmen nach Futterkosten. Dadurch weiß Wille: „Es rechnet sich nie, auf Milchleistung zu verzichten.“ Arndt Grottendieck betont: „Hohe Milchleistungen sind unser Ziel, aber nie auf Kosten der Tiergesundheit. Es ist anders herum: Eine optimale Tiergesundheit bildet die Basis. Dann kommt die Milchleistung fast von alleine.“

Sortieren unmöglich

Ein gutes Beispiel dafür ist die Umstellung auf eine Fütterung mit Kompakt-TMR vor fünf Jahren.

Dabei soll unter anderem durch die Zugabe von Wasser und längeres Mischen den Kühen das Selektieren am Futtertisch unmöglich gemacht werden. „Wichtig ist nicht nur die Zugabe von Wasser, sondern eine ausreichend lange Mischzeit und die passende Mischreihenfolge“, so Wille.

Die Ration für alle laktierenden Kühe besteht aktuell aus 22,8 kg Grassilage, 19 kg Maissilage, 8 kg frischen Pressschnitzeln, 10 l Wasser, 9,5 kg Kraftfutter-Vormischung (Raps, Soja, Körnermais und Roggen), 400 g Fett und Mineralfutter. Das Kraftfutter-Mehl wird mit Wasser und dann 15 Minuten mit der Grassilage vermischt. Anschließend kommt die Maissilage hinzu und wird eine weitere Viertelstunde vermischt. Ziel ist eine Trockensubstanz von 34 bis 36 %. Die Ration und Rationskomponenten kontrolliert Martin Wille alle vier bis 12 Wochen nach Bedarf.

Zu Beginn hatte Martin Wille noch mit einem Einschnecken-Mischwagen gefüttert. Bei Einzeltieren kam es zu Azidosen, weil das Kraftfutter nicht gut genug verteilt war. Um das zu optimieren, hat Wille in einen Mischwagen mit zwei gegenläufigen Schnecken investiert. Seitdem hat er das Problem nicht mehr. Gefüttert wird immer abends, damit nachts ausreichend Futter vorliegt und tagsüber wird mehrmals nachgeschoben.

Mehr Milch, gesündere Kühe

Seit der Umstellung auf die Kompakt-TMR hat Martin Wille die Milchleistung um fast 1.000 kg pro Jahr gesteigert. Tierarzt Arnd Grottendieck erklärt warum: „Die Kühe fressen exakt die Ration, die wir berechnet haben ohne Schwankungen der Energieaufnahme. Das stabilisiert den Stoffwechsel und damit die Leistungsfähigkeit.“ Das wirkt sich wiederum positiv auf die Klauengesundheit und die Fruchtbarkeit aus.

Dreimal im Jahr ist ein Klauenpfleger auf dem Betrieb und kümmert sich um die Tiere im letzten Laktationsdrittel und Trockensteher. Die Zahl der Tiere mit Mortellaro, Klauenrehe oder Sohlengeschwüren ist seit der Umstellung auf die Kompakt-TMR um rund 70 % gesunken.

Wie wichtig die Klauengesundheit für die Milchleistung ist, musste der Milcherzeuger schmerzhaft erfahren. Alle zwei Wochen laufen die Kühe durch ein Klauenbad. Im letzten Jahr hatte der Betriebsleiter die Konzentration des Bades einmalig falsch berechnet. Die Folge: Starke Klauenverletzungen und -erkrankungen. Im Schnitt sank die Milchleistung um 3 kg pro Kuh und Tag, weil die Tiere seltener bzw. weniger gefressen haben. Diesen Rückgang versucht der Landwirt seitdem wieder einzuholen.

Guter Start in die Laktation

Bei den Optimierungen im Management hat er nicht nur die laktierenden Kühe, sondern auch die Trockensteher im Blick: „Der Start in die Laktation ist die Voraussetzung für hohe Leistungen. Wir tun alles dafür, dass dieser möglichst reibungslos läuft.“

Deshalb hat der Landwirt die Trockensteher in zwei Gruppen geteilt und füttert eine zweiphasige Ration. In der ersten Phase bis 3 Wochen vor der Kalbung erhalten die Kühe Grassilage mit Stroh und ein spezielles Trockensteher-Mineralfutter. Eine Wasserzugabe ist hier wegen der feuchten Grassilage nicht nötig. In der zweiten Phase besteht die Ration aus Maissilage, etwas Stroh, Rapsmehl, Trockensteher-Mineralfutter, Magnesium-Chlorid und Wasser. Seit der Umstellung auf die zweiphasige Trockensteher-Ration gibt es kaum noch Tiere mit Ketose, Milchfieber oder Nachgeburtsverhalten.

Tierarzt Arnd Grottendieck ist alle zwei Wochen zur Trächtigkeitsuntersuchung auf dem Betrieb. Ab dem 50. Laktationstag werden die Kühe besamt. Bei sehr hohen Milchleistungen etwas später, bis zum 80. Tag. Ziel ist eine Zwischenkalbezeit von unter 400 Tagen. „Pauschal die Zwischenkalbezeit zu verlängern, rechnet sich meiner Meinung nach nicht. Dabei verliert man zu viel Milchmenge“, sagt Martin Wille.

Für die Brunsterkennung nutzt er ein System mit Sensoren in den Ohren und zusätzlich Pedometer, die auch zur Tiererkennung beim Melken dienen.

„Die Kompakt-TMR ist die Basis für einen stabileren Stoffwechsel. Das steigert das Leistungspotenzial.“
Martin Wille

Etwa 40 % der Herde besamt Wille mit Holstein-Sperma und den Rest mit Fleischrassen. Weil er die Nachzucht komplett auslagert und nur einen Teil zurückkauft, sucht er sich die Tiere aus mit mind. 36 l und guter Melkbarkeit. Er hat relativ viele altmelkende Tiere, selektiert diese aber spätestens bei einer Tagesleistung unter 25 l Milch aus. Die Remontierung liegt bei etwa 24 %.

Vorbeugen statt Nachsorgen

Zweimal pro Jahr erhält die gesamte Herde eine Grippeimpfung. So sind alle Tiere auf dem gleichen Gesundheitsstand, erklärt Tierarzt Arnd Grottendieck.

Vorab führt er ein Antikörper-Screening durch, um den Impfstoff auf die Erreger abstimmen zu können. Bei den regelmäßigen Betriebsbesuchen behandelt der Veterinär auch Einzeltiere und bespricht die Rationsumstellung oder Managemententscheidungen.

Die intensive Bestandsbetreuung haben ihren Preis. Doch zur Frage danach hat Milcherzeuger Martin Wille eine deutliche Meinung: „Man muss gute und schlechte Tierarztkosten differenzieren! Unsere Tierarztkosten sind in den letzten Jahren kaum gestiegen. Was wir sonst für Behandlungen zahlen würden, investieren wir heute in die Prävention.“

Ein nächstes Ziele des Milcherzeugers ist es, die Eutergesundheit zu verbessern und die Zellzahl auf unter 120.000 zu senken. Zudem will er die Neuinfektionsrate in der Laktation sowie in der Trockenstehzeit von aktuell 14 bzw. 13 % senken. Unter anderem mit möglichst hoher Melk- und Boxenhygiene. Zum Trockenstellen erhalten alle Tiere einen Zitzenversiegler. Ob eine Antibiotika-Gabe nötig ist, entscheidet der Landwirt anhand der Zellzahl in der letzten Milchkontrolle und eines Schalmtests. Wenn nötig, werden Tiere behandelt. Landwirt und Tierarzt sind überzeugt: Nur eutergesunde Tiere werden alt und erreichen hohe Lebensleistungen.

Parallel behält Martin Wille auch die aktuelle Herdenleistung im Blick: „14 000 kg hatten wir schon fast erreicht und wollen das langfristig wieder schaffen. Und ich bin überzeugt, dass dann noch mehr möglich ist.“

Betriebsspiegel

  • Betrieb Martin Wille, Bippen (Niedersachsen)
  • Tierzahl: 130 Milchkühe (inkl. Trockensteher), Jungvieh ausgelagert
  • Futteranbau: 23 ha Grünland, 52 ha Ackerbau
  • Milchleistung: 13.000 kg (3,8 % Fett, 3,4 % Eiweiß) (2013: 11 000 kg)
  • Lebensleistung: 52.150 kg (2013: 27 800 kg)
  • Nutzungsdauer: 3,7 Jahre (2013: 2,7 Jahre)
  • Arbeitskräfte: Betriebsleiterehepaar, ­Mitarbeiter (1,0 AK)

Nicht verpassen: Über seine Erfahrungen und seinen Betrieb berichtet Milcherzeuger ­Martin Wille auch beim top agrar-Dairy Event am 7. und 8. November in ­Verden bzw. Landsberg am Lech. ­Mehr Infos: top agrar-Dairy Event

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