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Milchviehrationen: Das Ende von nXP und NEL

​Es gibt neue, offizielle Empfehlungen für die Energie- und Nährstoffversorgung von Milchkühen. Was bedeutet das für die Praxis? Wir geben einen ersten Überblick.​

Lesezeit: 5 Minuten

Schon lange fordern Milcherzeuger eine Weiterentwicklung der deutschen Futteranalyse und Rationsberechnung (siehe: Mehr Milch mit der US-Futteranalyse?). Sie wünschen sich unter anderem mehr Infos zu einzelnen Nährstoffen, oder dass Futteraufnahmemengen berücksichtigt werden.

Jetzt hat, nach jahrelanger Arbeit, der Ausschuss für Bedarfsnormen der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE) neue und umfangreichere Empfehlungen für die Energie- und Nährstoffversorgung von Milchkühen vorgelegt. Dies ersetzt die Version von 2001.

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Die GfE besteht aus Wissenschaftlern der Tierernährung. Mit den Empfeh­lungen bündeln sie den aktuellen Stand der Forschung zur Milchkuhfütterung. „Deshalb macht es Sinn, die GfE-Empfehlungen anzuwenden“, erklärt Dr. Christian Böttger, Fütterungsreferent Wiederkäuer der Landwirtschaftskammer NRW (siehe Interview unten).

Bis Futtermittellieferanten und Berechnungsprogramme die neuen Normen nutzen, wird es noch dauern. Dennoch lohnt sich schon jetzt ein Blick in die neuen Konzepte. Vor allem in die neue Energie- und Proteinbewertung.

ME statt NEL auch für Kühe

Die Nettoenergie Laktation (NEL) ist definiert als Futterenergie, die für die Milchproduktion nutzbar ist. „Aber es ist vom Stoffwechsel des Tieres abhängig, wofür die Energie genutzt wird“, so Böttger. Weil es neue Erkenntnisse zur Energieverwertung gibt, wird Umsetzbare Energie (ME) als Einheit für Bedarf und Futteranalyse eingeführt. „Damit lässt sich klarer unterscheiden zwischen dem Energielieferungsvermögen des Futtermittels und der Verwertung der Energie – also dem Bedarf des Tieres – z. B. für die Milchbildung.“

Das hat auch Vorteile in der Ausbildung: Alle Nutztierarten rechnen mit ME. „Es ist zudem schwer erklärbar, warum eine Trockensteherration mit NEL kalkuliert wird“, sagt Böttger.

Die ME ist der Brennwert des Futters abzüglich der Energieverluste über Kot, Harn und Methan. Ein wichtiger Indikator ist die Verdaulichkeit der Organischen Masse (OMD). Je besser verdaulich ein Futtermittel ist, umso mehr Energie liefert es. Berücksichtigt wird dabei auch die Futteraufnahmemenge.

Auch der Energiebedarf von Milchkühen wird anders bewertet: So schätzen die Fachleute den Erhaltungsbedarf im Schnitt um ein Drittel höher ein, und den Energiebedarf für die Milchbildung um etwa 10 % niedriger. Bei der Bedarfsberechnung wird die Laktationsphase und -anzahl berücksichtigt.

Verdauliches Protein

Die Änderungen bei der Proteinbewertung sind komplex. Zusammengefasst lässt sich sagen: Statt nXP, also dem nutz­baren Rohprotein, werden die neuen Kennzahlen dünndarmverdauliches Pro­­tein (sidP) und dünndarm­verdau­liche Aminosäuren (sidAA) eingeführt. Dabei werden Unterschiede in der Verdaulichkeit von Proteinen aus verschiedenen Futtermitteln berücksichtigt. Das war bei nXP nicht der Fall.

Mit sidP soll sich die Proteinmenge, die dem Tier zur Verfügung steht, realistischer berechnen lassen. Auch hier wird die Futteraufnahme berücksichtigt. „Wenn eine Kuh 26 statt 20 kg Trockenmasse (TM) pro Tag frisst, hat das Einfluss auf die Passagerate und damit die mikrobielle Proteinbildung sowie die Umsetzung des Futterproteins im Pansen“, sagt Böttger.

Das neue Proteinbewertungssystem für Milchkühe betrachtet außerdem einzelne Aminosäuren. „Das erleichtert künftig die gezielte Versorgung z. B. mit den limitierenden Aminosäuren Methionin oder Lysin bei reduzierter Proteinkonzentration. So lassen sich die Stickstoff-Effizienz verbessern und Tiere optimal versorgen“, sagt der Fütterungsreferent.

Nährstoffbedarf angepasst

Neben diesen Neuerungen enthalten die GfE-Empfehlungen verschiedenste Infos zur Milchkuhfütterung.

Beispielsweise wird der Calcium- und Phosphor-Bedarf erstmals individuell je Milchkuhrasse beschrieben. Studien haben zudem gezeigt, dass die Phosphor-Verwertung aus dem Futter besser ist, als bisher angenommen. Das hat die GfE in den Bedarfsempfehlungen berücksichtigt. Die Wissenschaftler geben außerdem einen Überblick zum Thema Methan: Wie wird es gebildet, wie lässt sich die Emission schätzen und wie lässt es sich mit der Fütterung beeinflussen?

Böttger fasst zusammen: „Alles in allem können wir mit den neuen Empfehlungen die Milchkuhfütterung präziser gestalten. Das heißt, den tatsächlichen Bedarf genauer schätzen und die Energie und Nährstoffe aus dem Futter besser beurteilen.“

Im nächsten Schritt will die GfE Empfehlungen für die Kälber und Jungrinder veröffentlichen, angelehnt an dem System der Milchkühe. Ein genaues Datum ist noch nicht bekannt.

Interview: Schritt für Schritt in die Praxis bringen

Herr Dr. Böttger, in einfachen Worten gesagt: Weshalb gibt es neue Fütterungsempfehlungen für Milchkühe?

Böttger: Weil es an der Zeit war. Die aktuellen Empfehlungen sind mehr als 20 Jahre alt und entsprechen nicht mehr dem aktuellen Stand der internationalen Forschung. Zum Teil haben sich auch die Analyse­möglichkeiten verbessert, z. B. um die Verwertung verschiedener Aminosäuren zu beurteilen. Rationen lassen sich damit besser an den Bedarf der Milchkühe anpassen.

US-Futtermodelle arbeiten schon lange mit einzelnen Aminosäuren. Passt sich Deutschland jetzt an?

Böttger: Ich kann nicht für die GfE sprechen, würde aber sagen: Nein, denn die Empfehlungen sind rein fachlich begründet. Es ist logisch, dass einige Änderungen in eine ähn­liche Richtung gehen, weil sich alle auf den neuesten Stand des Wissens beziehen. Vorteil der GfE ist der deutsche Blickwinkel und somit Berücksichtigung der hiesigen Verhältnisse, z. B. typische Rationsbestandteile.

Was ändert sich jetzt für Landwirte?

Böttger: Erst einmal nichts. Es wird z. B. kein Landwirt ab sofort nur noch ME oder ­sidAA auf seiner Futter­analyse oder Lieferschein finden. Theoretisch könnten Hersteller die GfE-Empfehlungen nutzen. Aber es wird noch einige Zeit dauern, bis ­Futterwerttabellen, Software oder Lehrbücher aktualisiert sind.

Wie geht es jetzt weiter?

Böttger: Der DLG-Arbeitskreis Futter und Fütterung soll die GfE-Empfehlungen umsetzen und dabei viele Akteure einbinden, d. h. LWK und Anstalten der Länder, Futtermittel­industrie und Labore. Dann sind wir in der Beratung gefragt, uns damit ­intensiv zu beschäftigen. Die Berechnungen von Rationen werden sich ändern, ob sich dadurch auch Rationen ändern, müssen wir in der Praxis prüfen. An der Verdauung von Milchkühen ändert sich nichts. Aber wir können Futtermittel effizienter nutzen.

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