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Beißen alte Schweinerassen weniger?

Gelingt die Haltung unkupierter Schweine durch das Einkreuzen von alten Rassen? Eine Studie mit 1.500 Aufzuchtferkeln liefert interessante Erkenntnisse.

Lesezeit: 5 Minuten

Dieser Beitrag erschien zuerst im Fachmagazin Schweinezucht und Schweinemast (SUS).

Unsere Autoren: Dr. Anita Lange (Universität Kassel) und Prof. Imke Traulsen (CAU Kiel)

Nach wie vor ist es für Tierhalter schwierig bis unmöglich, unkupierte Schweine zu halten. Oft kommt es zu Verletzungen und Verlusten an den Ringelschwänzen. In den vergangenen Jahrzehnten zeigten etliche nationale und internationale Untersuchungen zahlreiche Risikofaktoren für kannibalistisches Verhalten auf: neben dem Absetzalter und -management, dem Geschlecht, der Haltungsumgebung, dem Futter und der Fütterungstechnik spielt auch die Genetik der Schweine und die Zucht auf hohe Leistungen eine Rolle.

Verschiedene Studien zeigen, dass die Wahl der Schweinerasse erheblichen Einfluss auf das Erkundungs- und Aggressionsverhalten hat. So sollen beispielsweise die chinesischen Meishan-Schweine deutlich ruhiger sein als Landrasse und Edelschweine.

Bentheimer und Hällische eingekreuzt

Diese Erkenntnisse führten zu der Fragestellung im Verbundprojekt „Old Breeds“ (EIP-Agri), ob die Kreuzung von modernen, leistungsstarken Rassen mit traditionellen, langsam wachsenden Schweinerassen unerwünschte Verhaltensweisen reduzieren könne – bei Beibehaltung der Leistung.

Für das Forschungsprojekt wurden zwischen Dezember 2019 und November 2020 auf einem niedersächsischen Ferkelerzeugerbetrieb in drei Durchgängen insgesamt 130 Hybridsauen (db.Viktoria) entweder mit Ebern der Rassen Schwäbisch-Hällische (SH), Bunte Bentheimer (BB) oder als Kontrollgruppe mit BHZP-Piétrain (Pi) besamt. Die wissenschaftliche Begleitung oblag der Universität Göttingen.

Die männlichen Ferkel wurden kastriert. Für den Versuch kupierte man bei 56,5% der Ferkel den Ringelschwanz, 43,5% behielten einen intakten Schwanz. Nach vier Wochen Säugezeit wurden die Ferkel getrennt nach Rasse und Kupierstatus in konventionelle Aufzuchtbuchten mit maximal 25 Tieren je Bucht abgesetzt. Alle Ferkel erhielten identisches Futter ad libitum.

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Während der 7-wöchigen Aufzucht begutachtete man jedes der über 1.500 Tiere insgesamt 8-mal. Jedes Ferkel wurde 24 Stunden nach dem Absetzen, als die Rangkämpfe abgeschlossen waren, auf Hautverletzungen untersucht. Anschließend erfolgte wöchentlich die Beurteilung der Schwanzverletzungen und -verluste. Zudem erfasste man die Einzelgewichte am Absetztag und am Aufzuchtende, um die Zunahmen zu berechnen.

Alte Rassen wachsen langsam

Die Tageszunahmen während der Aufzucht wurden signifikant vom Kupierstatus und der Eberrasse beeinflusst. Betrachtet man die Unterschiede innerhalb einer Rasse für die beiden Kupierstatus, zeigte sich, dass kupierte Schweine besser wuchsen als unkupierte Tiere.

Vermutlich beeinträchtigten die Verletzungen am Schwanz die unkupierten Tiere in ihrem Wohlbefinden, sodass sie weniger Futter aufgenommen haben und deshalb langsamer gewachsen sind. Insgesamt wiesen die kupierten Pi-Schweine mit 475 g die höchsten und unkupierte BB-Schweine mit 350 g die geringsten Tageszunahmen auf.

Nicht überraschend schnitten also die traditionellen, lokalen Eberherkünfte betreffend der Leistung schlechter ab als die Piétrain-Schweine. Zu bedenken ist allerdings, dass die Schweine nicht rassespezifisch gefüttert wurden und man damit möglicherweise Wachstumspotenzial verschenkt hat.

Bentheimer starten ruhiger

Bei der Bonitur der Hautverletzungen 24 Stunden nach dem Absetzen zeigte sich, dass BB-Nachkommen signifikant weniger Hautverletzungen aufwiesen als Tiere mit einem SH- oder Pi-Vater. Offenbar führten die Bunte Bentheimer-Nachkommen weniger und/oder harmlosere Rangkämpfe als ihre Altersgenossen.

Zur Beurteilung der Schwanzverletzungen teilte man die Verletzungen an den Schwänzen, beispielsweise Kratzer und Wunden, in drei Schweregrade ein (siehe Übersicht 1). Zunächst sind alle Tiere mit intakten Schwänzen im Flatdeck gestartet. In Woche 2 hatten bereits signifikant mehr Pi-Tiere Verletzungen an den Ringelschwänzen. In den Wochen 3 und 4 konnte man bei Pi- und SH-Schweinen signifikant mehr Schwanzverletzungen nachweisen. Lediglich die BB-Nachkommen hatten noch wesentlich häufiger einen unverletzten Schwanz.

In den letzten Aufzuchtwochen gleichen sich die Unterschiede zwischen den drei Eberherkünften an, sodass bei der letzten Bonitur rund 55% aller Ferkel leichte bis schwere Schwanzverletzungen zeigten. Im Verlauf der Aufzucht hatten von den 600 unkupierten Ferkeln lediglich 49 Tiere (23 BB, 22 Pi, 4 SH) immer einen unverletzten Schwanz.

Viele Schwanzverluste

Betrachtet man die Schwanzverluste, gab es in den ersten drei Aufzuchtwochen keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei Herkünften (siehe Übersicht 2). In Woche 4 hatten signifikant mehr BB-Schweine intakte Schwänze als Pi- und SH-Tiere. In Woche 5 und 6 wurden für SH-Schweine mehr schwere Schwanzverluste dokumentiert als für die anderen Gruppen.

Aber auch hier glichen sich die Unterschiede zum Ende der Aufzucht an: Bei der letzten Bonitur hatten nur noch 78 von ursprünglich 600 unkupierten Ferkeln einen vollständigen Schwanz, davon waren 39 BB-, 32 Pi- und 7 SH-Tiere.

Lediglich die BB-Schweine zeigten also in den ersten vier Aufzuchtwochen weniger Schwanzverletzungen und -verluste. Es bleibt zu prüfen, ob sie möglicherweise die schwierige Absetzsituation besser bewältigen konnten.

Das Einkreuzen alter Rassen vereinfacht demnach die Haltung unkupierter Tiere nicht. Schwanzbeißen bleibt ein multifaktorielles Problem, einfache Lösungen gibt es nicht.

Fazit

- In einem Forschungsprojekt wurde der Einfluss alter Rassen auf das Schwanzbeißen untersucht.

- 130 Sauen wurden mit Ebern der Rassen Piétrain, Bunte Bentheimer und Schwäbisch-Hällische belegt.

- Beißen trat bei den Bunte Bentheimer-Nachkommen später auf.

- Am Aufzuchtende war das Niveau der Verletzungen und Verluste über alle Herkünfte hinweg gleich.

- Das Einkreuzen alter Rassen allein löst Schwanzbeiß-Probleme nicht.

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