Fruchtbarkeitsstörungen sind neben Fundamentproblemen eine der Hauptursachen für den vorzeitigen Abgang von Sauen. Auswertungen zeigen, dass etwa 30 % aller Fruchtbarkeitsprobleme infektionsbedingte Ursachen haben. Der überwiegende Teil, rund 70 %, wird dagegen durch Managementfehler verursacht, z. B. beim Besamen der Sauen.
Schnell gelesen
- Rund ein Drittel aller Fruchtbarkeitsprobleme haben infektiöse Ursachen.
- Als Verursacher kommen sowohl virale als auch bakterielle Erreger infrage.
- Virale Auslöser können PRRS-, PCV 2-, Influenza- und Parvoviren sein.
- Bakterielle Infektionen werden u. a. durch Leptospiren, Chlamydien oder aufsteigende Harnwegsinfekte verursacht.
- Für die Diagnostik ist entscheidend, das richtige Probenmaterial von geeigneten Tieren zum richtigen Zeitpunkt zu ziehen.
Im ersten Beitrag unseres zweiteiligen Fruchtbarkeitsschwerpunkts beschäftigen wir uns damit, welche Viren und Bakterien die Furchtbarkeitsleistung beeinträchtigen können und was beim Nachweis dieser Erreger zu beachten ist. In einem der nächsten Hefte zeigen wir dann, welchen Einfluss die Fütterung sowie das Jungsauen- und Deckmanagement auf die Reproduktionsleistung haben.
Infektion mit PRRS-Viren
Typische Fruchtbarkeitsstörungen, die das Virus des Porzinen Respiratorischen und Reproduktiven Syndroms (PRRS) verursachen kann, sind Spätaborte und die Geburt lebensschwacher Ferkel (siehe Übersicht 1).
In den Betrieb eingetragen wird der Erreger über den Zukauf infizierter Tiere oder Sperma, aber auch über infizierte Gegenstände oder die Luft. Die Verbreitung innerhalb des Bestandes erfolgt dann hauptsächlich über orale oder nasale Ausscheidungen. Die Feten werden über die Plazenta infiziert. Häufig zirkuliert der Erreger zwischen verschiedenen Altersgruppen bzw. Produktionsstufen eines Betriebes.
Der Nachweis, ob PRRS-Viren der Auslöser der Probleme sind, kann über den Antikörpernachweis in Blutproben erfolgen. Allerdings nur in ungeimpften Herden, denn das Testverfahren kann nicht zwischen Impf- und Feldvirus unterscheiden. In geimpften Sauenherden muss der Erreger per PCR-Test genau bestimmt werden. Dafür können Blutproben oder Abortmaterial verwendet werden. Am besten eignet sich Thymusgewebe von abortierten Ferkeln.
In der Regel werden komplette Föten ans Labor geschickt. Wichtig ist, dass man möglichst viele Exemplare einsendet, da nicht unbedingt alle Feten eines Wurfes infiziert werden.
Seit einigen Jahren werden häufiger „processing fluids“ ans Labor geschickt, also der Saft aus entfernten Hoden, gekürzten Schwänzen oder Zungen tot geborener Ferkel. Doch diese Fleischsaftproben nutzt man nur für ein Erregerscreening auf Bestandsebene, um den PRRS-Status der Herde zu ermitteln. Für eine genaue Erregerbestimmung sind sie nicht geeignet.
Sauen und Ferkel können vorbeugend gegen PRRS geimpft werden. Die Impfung kann zwar nicht verhindern, dass sich die Tiere infizieren, sie mildert jedoch die auftretenden Symptome und senkt die Viruslast in der Herde. Mindestens ebenso wichtig wie die Impfung ist das Unterbrechen der Infektionsketten im Betrieb durch geeignete Management- und Hygienemaßnahmen.
Circoviren als Auslöser
Das Porzine Circovirus Typ 2 (PCV 2) lässt sich inzwischen weltweit in fast allen Schweinebeständen nachweisen. Bei Sauen, vor allem bei Jungsauen und neu aufgebauten Herden, kann das Virus Totgeburten und Aborte verursachen.
Zur Diagnostik: Der Nachweis von PCV 2 allein ist noch kein Beweis dafür, dass der Erreger auch die Fruchtbarkeitsprobleme verursacht. Zur Erkrankung kommt es häufig erst durch das Zusammenspiel mit anderen Krankheitserregern oder Faktoren, die das Immunsystem schwächen.
Neben den klinischen Symptomen im Bestand muss daher zusätzlich zum Erregernachweis auch bestimmt werden, wie groß der Erregerdruck ist, also die Virusmenge. Und es müssen die PCV 2-typischen Gewebeschädigungen bei den Feten zu erkennen sein.
In (fast) allen deutschen Ferkelerzeugerbetrieben werden die Saugferkel gegen PCV 2 geimpft, um reduzierte Tageszunahmen oder Kümmerer in der Mast zu verhindern. Eine Impfung der Sauen kann Fruchtbarkeitsprobleme in der Herde senken. Parallel dazu sollte das Management optimiert werden.
Influenza A-Viren
Infektionen mit Influenza A-Viren verursachen in erster Linie Atemwegserkrankungen im Bestand. Bei Sauen können sie auch Aborte verursachen.
Im Bestand erfolgt die Übertragung von Influenzaviren über das Maul oder die Rüsselscheibe (oronasal). Alle Altersklassen von Schweinen sind empfänglich. Früher trat der Erreger eher saisonal auf und breitete sich ziemlich schnell im Bestand aus. Inzwischen treten die Probleme – auch unspezifische Fortpflanzungsstörungen – allerdings ganzjährig und in allen Haltungssystemen auf. Außerdem ist der Krankheitsverlauf eher schleichend.
Wichtig für den Nachweis: Schweineinfluenza A-Viren überschreiten im Gegensatz zu vielen anderen Erregern nicht die Plazentaschranke. Der Abort wird vielmehr durch den Stress ausgelöst, den der Erreger verursacht. Deshalb eignet sich Abortmaterial auch nicht für den Nachweis von Influenza.
Stattdessen bieten sich Blutproben an, die bei auffälligen Sauen gezogen werden. Am besten untersucht man gepaarte Serumproben, d. h. die ersten Proben zieht man zum Zeitpunkt der Reproduktionsstörung. Und drei bis vier Wochen später werden die gleichen Tiere dann noch einmal beprobt. Noch besser eignet sich der Nachweis aus Nasentupfern, die während der Fieberphase bei den Sauen gewonnen werden. Die Fieberphase dauert allerdings nur wenige Tage. Deshalb kommt man mit dem Nasentupfer häufig zu spät.
Zur Immunisierung von Schweinen ab einem Alter von 56 Tagen stehen zwei Vakzine zur Verfügung, einer gegen die Subtypen H1N1, H3N2 und H1N2 und ein weiterer Impfstoff gegen den pandemischen Virustyp H1N1pdm.
Parvovirus-Infektionen
Das durch Parvoviren (PPV) hervorgerufene SMEDI-Syndrom äußert sich in Form von Totgeburten, mumifizierten Ferkeln, embryonalem Fruchttod und allgemeiner Unfruchtbarkeit.
Alle Altersgruppen von Schweinen sind für das Parvovirus empfänglich. Probleme treten aber nur bei der Infektion von tragenden Sauen auf. Deshalb gehört eine regelmäßige Parvo-/Rotlaufimpfung in sauenhaltenden Betrieben inzwischen zum Standard.
In geimpften Herden ist der Erreger selten für Fruchtbarkeitsstörungen verantwortlich, die Tiere können den Erreger aber weiter übertragen. Da der Schutz der mütterlichen Antikörper lange anhält, sollte man Jungsauen nicht zu früh impfen.
Wichtig bei der Diagnostik: Auch bei Parvovirose können die Tests nicht zwischen Impf- und Feldvirus unterscheiden. Über gepaarte Blutproben lässt sich aber abschätzen, ob der Erregerdruck zunimmt. Die ersten Proben zieht man zum Zeitpunkt der Fruchtbarkeitsprobleme und die zweiten bei den gleichen Tieren drei bis vier Wochen später.
Besser ist, frisch geborene Ferkel noch vor der ersten Kolostrumaufnahme zu beproben. Sind die Blutproben Parvo-positiv, wurden die Ferkel vermutlich bereits im Uterus infiziert.
Infektion mit Leptospiren
Daneben gibt es auch einige bakterielle Erreger (s. Übersicht 2), die allein oder in Kombination Fruchtbarkeitsstörungen verursachen können. Leptospireninfektionen z. B. verlaufen meist subklinisch. Der Erreger wird häufig durch Schadnager oder durch den Zukauf unerkannt infizierter Tiere in den Bestand eingeschleppt. Er nistet sich in den Nieren der Tiere ein und wird mit dem Harn wieder ausgeschieden. Insbesondere in feuchter Einstreu hat das Bakterium gute Überlebenschancen.
Am aussagekräftigsten ist ein Leptospirennachweis aus Nierengewebe des Fötus. Er gelingt allerdings selten. Beim Interpretieren von Blutuntersuchungen muss man bedenken, dass der Erreger auch subklinisch in der Sauenherde auftreten kann. Daher liefern die Titerhöhe oder der Verlauf gute Hinweise. Gegen Leptospirose kann mit einem Kombivakzin gegen Rotlauf, Parvovirose und Leptospirose geimpft werden. Zu Beginn erfolgt in der Regel eine Bestandsimpfung. Vier Wochen später wird geboostert. Später impft man während der Säugezeit nach.
Eine Rolle können auch Chlamydien spielen. Man findet sie in fast jedem Schweinestall. Im Normalfall weisen die Tiere aber keine Symptome auf. Der Erreger besiedelt häufig die Schleimhaut von Bindehäuten und des Genitaltraktes. Öfters findet man Mischinfektionen mit anderen Keimen. Chlamydien werden aber selten bei Aborten nachgewiesen.
Darüber hinaus können auch aufsteigende Harnwegsinfektionen Auslöser für Fruchtbarkeitsstörungen sein, verursacht z. B. durch E. coli-Bakterien.
Genug Proben ziehen
Wichtig ist, dass ausreichend viele Proben untersucht werden. In der Praxis sind es häufig zu wenig, denn jede Untersuchung kostet Geld. Wenn man den Erreger aber nur selten in der Herde findet, sinkt die Chance, dabei ausgerechnet die infizierten Tiere zu erwischen. Der Tierarzt kann anhand eines Stichprobenschlüssels berechnen, wie viele Proben erforderlich sind.
Bei der Diagnostik sorgfältig vorgehen
Um den oder die Übeltäter, die für die Fruchtbarkeitsprobleme verantwortlich sind, identifizieren zu können, muss bei der Diagnostik einiges beachtet werden: Erstens müssen Landwirt und Tierarzt gemeinsam das Erregerspektrum eingrenzen, auf das untersucht werden soll. Sonst wird es sehr teuer.
Zweitens muss geeignetes Probenmaterial eingeschickt werden. Denn nicht jeder Erreger kann in jedem Material nachgewiesen werden bzw. nicht aus jedem Probenmaterial ist der Nachweis relevant. Der direkte Erregernachweis gelingt z. B. nur, wenn sich der Keim zum Zeitpunkt der Probennahme auch noch im Unter-suchungsmaterial befindet. Ein gutes Beispiel dafür ist der Influenzanachweis aus Nasentupfern.
Häufig ist eine gepaarte Serumprobe hilfreich. Denn hier kann der Titerverlauf des jeweiligen Tieres im Zeitraum von drei bis vier Wochen verglichen werden. Ein deutlicher Anstieg weist möglicherweise auf ein akutes Infektionsgeschehen hin.