Dieser Beitrag ist in der top agrar-Ausgabe 5/2020 erschienen.
Die Hitzeperioden in den letzten Sommern haben nicht nur den Landwirten, sondern auch den Schweinen zu schaffen gemacht. Weil Schweine keine Schweißdrüsen besitzen und ihren Körper nicht durch Verdunstungskälte abkühlen können, müssen sie die Körpertemperatur absenken, indem sie die Atemfrequenz erhöhen.
Hitzestress senkt die Leistungen der Tiere drastisch. Die Fruchtbarkeit der Sauen und die Futteraufnahme sinken und in der Ferkelaufzucht bzw. Mast rutschen die Tageszunahmen ab. Auch die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung schreibt vor, Hitzestress bei Schweinen zu vermeiden. Demnach müssen Schweineställe über eine geeignete Vorrichtung verfügen, die eine Verminderung der Wärmebelastung der Schweine bei hohen Temperaturen ermöglicht.
Wir haben einen Überblick baulicher und technischer Möglichkeiten zusammengestellt, mit denen Sie für Abkühlung im Stall sorgen können.
1. Isolierung und Sonnenschutz
Bevor Sie in eine technische Stallkühlung investieren, sollten zunächst die baulichen Maßnahmen optimiert werden. Vor allem eine gute Decken- oder Dachisolierung sorgt dafür, dass sich der Stall weniger stark erwärmt. Als Richtwert ist ein Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) von < 0,25W/m²K anzustreben.
Zudem spielen Fenster eine wichtige Rolle. Auf der Südseite des Stalls können Fenster mit Milchglas oder Folie versehen werden, damit sie weniger Sonneneinstrahlung durchlassen. Auch ein Dachüberstand schützt die Tiere vor direkter Sonneneinstrahlung. Alternativ können Sie Jalousien oder dünne Isolierplatten vor den Scheiben anbringen. Auch eine Hecke oder Laubbäume entlang der Sonnenseite des Stalls spenden Schatten und halten direkte Sonneneinstrahlung vom Stall fern.
2. Lüftung säubern
Halten Sie die Zu- und Abluftkanäle sauber! Denn durch abgelagerten Staub verengen sich die Querschnitte der Luftkanäle bzw. Ventilatorengitter und die Lüftungsanlage büßt Leistung ein. Mit einem Industriestaubsauger lassen sich die Kanäle einfach reinigen. Kühlere Luft wird in den Stall gezogen, wenn die Luft aus einem schattigen Bereich angesaugt wird, z.B. an der Nord- oder Ostseite des Stalls.
3. Schweinedusche nachrüsten
Eine Schweinedusche bzw. Mikrosuhle lässt sich leicht und mit geringen Investitionskosten in bestehende Ställe einbauen. Nachteile sind jedoch eine geringe Abkühlungsleistung und ein erhöhter Gülleanfall.
4. Kühlturm selbst bauen
Eine günstige und effektive Konditionierung der Zuluft ermöglichen Kühltürme. Sie sind sowohl für Neubauten als auch für Nachrüstungen in bestehenden Ställen geeignet und können einfach selbst gebaut werden.
Dazu werden Porotonsteine an der Wand des Zentralgangs quer vermauert. Wasser rieselt von oben über die Ziegel und befeuchtet sie. Die Frischluft strömt durch die Steine in den Zentralgang und nimmt dabei einen Teil des Wassers auf, das dann verdunstet.
Der Umgebung wird für die Verdunstung Wärmeenergie entzogen. Die abgekühlte Luft gelangt anschließend in die Abteile. Überschüssiges Wasser wird am Boden in einer Betonwanne aufgefangen und von einer Pumpe erneut in den Kreislauf eingespeist. Je nach Größe der Kühlfläche schafft der Kühlturm eine Abkühlung von rund 7°C.
Die „Wasserwand“ funktioniert jedoch nur bei einer zentralen Zuluftführung. Wichtig ist, dass das Auffangbecken ausreichend groß dimensioniert ist, um genügend Wasser zur Verfügung zu haben. Einmal jährlich sollte der Kühlturm zudem mit dem Hochdruckreiniger von Algen, Kalk und Schmutz befreit werden.
5. Kühlpads einbauen
Ähnlich wie Kühltürme funktionieren industriell gefertigte Kühlpads. Durch perforierte Waben aus Zellulose oder Kunststoff, die von oben mit Frischwasser berieselt werden, wird die Frischluft angesaugt. Dabei ist zu beachten, dass bei Lamellen aus Zellulose zwar der Verdunstungseffekt höher ist, bei Kunststofflamellen jedoch eine geringere Verkeimungsgefahr besteht. Die Kühltechnik kann nur im Zuluftbereich installiert werden.
In Neubauten werden häufig ganze Wandabschnitte mit Kühlpads ausgestattet. Zum nachträglichen Einbau in bestehende Ställe bieten einige Hersteller auch Pad-Kassetten an. Im Giebelbereich des Dachraums können die Kühlpads einfach integriert werden.
Die Technik kommt vor allem in Sauenställen zum Einsatz. In Mastställen geraten Kühlpads schnell an ihre Grenzen, da der Zuluftquerschnitt nicht ausreichend groß ist. Die Kühlleistung von Kühlpads hängt maßgeblich vom Wassereinsatz und der Verweildauer im System ab.
Je größer die Fläche und je öfter Frischwasser durch die Pads geleitet wird, desto besser ist die Kühlleistung. Beispiel: In einem Stall mit 1.500 Mastplätzen kann die Zulufttemperatur mit einer Kühlfläche von 40 bis 50 m² um 4 bis 8 °C gesenkt werden.
6. Preiswerte Rotationszerstäuber
Eine einfache Möglichkeit zur Stallkühlung ist die Wasservernebelung durch einen Rotationszerstäuber. Bei diesem Kühlsystem handelt es sich um eine mit 12.000 U/min rotierende Scheibe, die über einen Schlauch an die Wasserleitung im Stall angeschlossen und in den Zuluftstrom der Lüftungsanlage platziert wird. Das Wasser zieht das Gerät direkt aus einem Wassertank.
Durch die Fliehkräfte werden die Wassertröpfchen nach außen geschleudert und zerfallen am Rand der Drehscheibe in 6 bis 10 µm kleine Tröpfchen. Die Zulufttemperatur lässt sich mit einem Rotationszerstäuber um bis zu 8°C abkühlen. Der Wasserdurchsatz liegt bei etwa 20 bis 60 l/h. Von Vorteil ist, dass Rotationszerstäuber einen geringen Anspruch an die Wasserqualität haben und preiswert sind.
7. Niederdruck-Kühlung für Mastställe
Eine Niederdruck-Kühlung arbeitet mit einem Wasserdruck von 3 bis 5 bar und kann problemlos an den Wasserkreislauf im Stall angeschlossen werden. Als Zuleitung sind günstige Kunststoffrohrleitungen ausreichend. Spezielle Feinfilter werden nicht benötigt.
Im Abteil zerstäuben spezielle Kühldüsen das Wasser in ca. 60µm große Tröpfchen. Dadurch kann die Temperatur um 4 bis 5°C gesenkt werden. Das System kommt vor allem in Mastställen in Kombination mit einer Einweichanlage vor. Die Steuerung der Anlage erfolgt durch einen Computer mit Intervallsteuerung. Die Sprüh- und Pausenzeiten sollten so eingestellt werden, dass das zerstäubte Wasser immer vollständig verdunstet und nichts auf die Schweine bzw. den Stallboden tropft.
8. Hochdruck-Kühlung: Schnell und effizient
Hochdruckanlagen arbeiten mit einem Druck von bis zu 70 bar und sehr kleinen Düsenöffnungen. Dadurch sind feinste Tröpfchengrößen von 2 bis 10 µm möglich. Die Kühlanlage kann sowohl im Abteil als auch im Zuluftbereich montiert sein. Hochdruck-Kühlungen erzielen eine schnelle und effektive Kühlung der Stallluft um 5 bis 7°C. Denn: Je höher der Druck, desto feiner der Wassernebel und desto effizienter die Verdunstungskühlung.
Diese Kühltechnik hat jedoch auch ihren Preis und ist wartungsintensiv. Zur Druckerzeugung werden gedrosselte, teure Hochdruckreinigerpumpen und druckstabile Edelstahlleitungen benötigt. Zudem stellt die Technik hohe Anforderungen an die Wasserqualität.
Ein mehrstufiges Wasserfiltersystem vor der Pumpe ist Pflicht. Und Filter und Düsen müssen vor allem bei eisen- oder kalkhaltigem Wasser regelmäßig kontrolliert werden. Einmal jährlich muss ein Ölwechsel erfolgen. Die Steuerung funktioniert über einen Klimacomputer bzw. einen Regelcomputer, der mit einem Feuchtesensor gekoppelt werden kann.
9. Erdwärmetauscher
Bei Erdwärmetauschern wird die Frischluft etwa 2 m tief durch Rohre oder unterhalb des Stalls in Kanälen durch das kühlende Erdreich angesaugt. Bei Erdwärmetauschern ist ein hoher Grundwasserstand vorteilhaft. Denn je feuchter die Rohre des Erdwärmetauschers liegen, desto effektiver arbeitet das System.
Bei Außentemperaturen von rund 30°C beträgt die Kühlleistung von Erdwärmetauschern rund 7 bis 8°C. Die Technik setzt jedoch sehr hohe Investitionskosten voraus und eignet sich nur für Neubauten und nicht zum nachträglichen Einbau.
10. Schotterspeicher
Eine weitere Kühlmöglichkeit für Neubauten sind Schotterspeicher. Bei diesem System wird die Zuluft vor dem Eintritt in den Stall durch ein grobkörniges Schotterbett unterhalb des Stalls geführt.
Auch bei Schotterspeichern sind die Investitionskosten hoch. Pluspunkte sammeln Erdwärmetauscher und Schotterspeicher jedoch bei der Laufzeit: Denn während sie im Sommer die Zuluft abkühlen, können sie diese im Winter auch vorwärmen.