Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

topplus Afrikanische Schweinepest

Kann ein Impfstoff die Ausbreitung der ASP stoppen?

Dr. Sandra Blome (FLI) berichtet im Interview, wie weit die Entwicklung von Impfstoffen gegen die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist und wie sich der Einsatz auf die Verbreitung der Seuche auswirken würde.

Lesezeit: 6 Minuten

Dr. Sandra Blome ist Fachtierärztin für Virologie und leitet das ASP-Referenzlabors beim Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems. Im Podcast „Weitergedacht“ berichtet sie über die Entwicklung von Impfstoffen gegen die Afrikanische Schweinepest (ASP) und die zukünftigen Einsatzmöglichkeiten.

Wie sieht der aktuelle Entwicklungsstand bei Impfstoffen gegen die ASP aus?

Das Wichtigste zum Thema Schwein mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Blome:Die klassischen Verfahren zur Impfstoffherstellung, z.B. die Herstellung inaktivierter Viren, haben gegen die ASP keinen Erfolg gezeigt. Manchmal erkranken die geimpften Tiere sogar noch stärker als die ungeimpften Tiere.

Sogenannte Deletionsmutanten sollen nun mehr Erfolg bringen. Bei dieser gentechnischen Methode nimmt man dem Virus seine krankmachenden Eigenschaften, die Virulenz. Impfstoffe dieser Art werden aktuell in Ländern wie den USA, Großbritannien oder Frankreich entwickelt und erprobt. Die Ergebnisse von US-amerikanischen Tests in Vietnam versprechen bisher den größten Erfolg. Hierbei handelt es sich um Lebendimpfstoffe, bei denen nun festgestellt werden muss, ob sich das Impfvirus weiterverbreitet.

Wie laufen die Impfung in Vietnam ab?

Blome: Derzeit impfen die Testbetriebe in Vietnam junge Mastschweine nach dem Absetzen. Diese vertragen den Impfstoff am besten und machen einen großen Teil des dortigen Schweinebestands aus. Zuchtsauen vertragen den Impfstoff weniger gut. In neuen Forschungsprojekten wird jetzt getestet, ob maternale Antikörper die Ferkel vor der Infektion schützen können und wann der beste Zeitpunkt für eine Impfung bei Aufzuchtferkeln ist.

Ein passiver Schutz durch maternale Antikörper stört die Impfung der Ferkel aktiv. Denn wenn das zu impfende Ferkel bereits Antikörper über die Biestmilch von der Mutter bekommen hat, fangen diese über einen gewissen Zeitraum das Impfvirus ab, bevor es eine Immunreaktion auslösen kann.

Wie vielversprechend sind diese Impfstoffkandidaten?

Blome: Ein Impfstoff ist kein Allheilmittel, sondern eines von mehreren Werkzeugen zur Beseitigung der Seuche. Die Impfung ist immer nur ein Teil des Managementprozesses.

Die klassische Schweinepest beispielsweise konnte europaweit ausgerottet werden. Zu dem großen Bekämpfungserfolg führte aber neben einer Impfung auch ein gutes Management. Denn im Zuge der Impfkampagne wurde auch die Biosicherheit in den Betrieben erhöht und die Aufklärung über die Verbreitung der Seuche verbessert. Der Impfstoff war dann sozusagen das i-Tüpfelchen zur Ausrottung.

Ein anderes Beispiel gibt es in China. Dort wird der Impfstoff gegen die Klassische Schweinpest bei Schweinen verpflichtend eingesetzt. Allerdings wurde der Impfstoff teilweise schlecht verdünnt und bei mehr Schweinen als vorgesehen eingesetzt. Ebenso wurden auch kranke, also nicht impffähige, Tiere geimpft und die für Lebendimpfstoffe notwendige Kühlkette wurde nicht eingehalten. Ein Misserfolg der Impfung war damit vorprogrammiert.

Wäre eine Impfung der Hausschweine, sobald es einen Impfstoff gibt, denkbar?

Blome: Eine Impfung von Hausschweinen gegen die ASP hätte nicht nur Vorteile. Bei den derzeitigen Impfstoffen können geimpfte Tiere nicht von infizierten Tieren unterschieden werden. Sogenannten Markerimpfstoffe, die eine Unterscheidung möglich machen, sind momentan nicht verfügbar. Eine Impfung hätte also Konsequenzen für den Handel der Schweine

Welche konkreten Folgen für den Handel der Hausschweine hätte die Impfung?

Blome: Es würden vermutlich die gleichen Vorgaben wie bei der Klassischen Schweinpest gelten. Schweinehalter dürften die Tiere ein Jahr lang nicht in den Handel bringen. Mit dem neuen Tiergesundheitsgesetz verschiebt sich diese Frist zwar leicht. Dennoch wären die Landwirte bei einer Impfung von deutlich längeren Handelssperren betroffen, als ohne Impfung.

Die Frage ist aber, ob wir für Hausschweine in Zentraleuropa überhaupt einen Impfstoff brauchen. Es gibt bisher keine Sekundärausbrüche, das heißt Fälle, wo sich aus einem betroffenen Bestand ein weiterer Bestand angesteckt hat. Denn Eintragungen der Seuche werden sofort gestoppt und der betroffene Bestand gekeult. Diese Tiere können also sowieso nicht mehr geimpft werden.

Welche Alternativen gäbe es?

Blome: Ich persönlich glaube, dass wir stattdessen einen Impfstoff für Wildschweine brauchen, da die Seuche dort schwieriger unter Kontrolle zu bringen ist. Bei der Bekämpfung der Klassischen Schweinpest wurden mit oralen Impfstoffen bei Wildschweinen gute Erfahrungen gemacht. Die Wildschweine haben den oralen Impfstoff dabei in Köderform aufgenommen.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit die Wildschweine die Impfköder zuverlässig aufnehmen?

Blome: Bei der klassischen Schweinepest haben Jäger die Impfköder damals an Kirrstellen ausgelegt. Die Kirrstelle ist eine Anlockfütterung, die Wildschweine anzieht. So können Jäger die Schweine dort dann gezielt erlegen.

In Deutschland sind Kirrstellen weit verbreitet und Wildschweine dort deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Trotzdem ist die Wirkung einer Anlockfütterung auch vom natürlichen Futterangebot abhängig.

Wie wirkt der Impfköder bei den Wildschweinen?

Blome: Die Impfköder ist 4 x 4 x 1,5 cm groß und enthält 1,6 ml Impfstoff. Außen ist er von Mais und Pflanzenfett umgeben. Die Wildschweine nehmen den Köder an der Kirrstelle auf, woraufhin sich der Impfstoff im Rachenraum verteilt. Anschießend entwickeln die Tiere Antikörper gegen die Seuche. Für Hunde und andere Tiere ist der Köderimpfstoff unschädlich.

Die Durchführung ist jedoch mit großem Aufwand verbunden. An fast jeder Kirrung mit betroffenen Wildschweinen sind drei Doppelauslagen pro Jahr nötig. Grundsätzlich war die Köderimpfung damals aber sehr erfolgreich und könnte für die ASP auch erfolgsversprechend sein.

Allerdings ist die orale Wirkung der Impfköder bei der ASP geringer als bei den Impfködern gegen die Klassische Schweinepest. Das liegt daran, dass das Virus auf die Übertragung mittels Zecken und damit Blut optimiert ist. Die orale Infektion ist häufig eher ineffizient. Die Forschung arbeitet derzeit an der Optimierung der oralen Wirkung.

Wie würde sich die Impfung in einer Wildschweinpopulation auswirken?

Blome: Die bisherigen Computersimulationen legen nahe, dass auch ein imperfekter Impfstoff die Seuche deutlich verlangsamen oder sogar aufhalten kann. Derzeit gehen wir davon aus, dass die Wirkung auch mit den aktuellen Impfstoffkandidaten positiv ist.

Wie steht es um eine Zulassung des Impfstoffs in Europa?

Blome: Weil die Impfstoffkandidaten gentechnisch verändert sind, bedürfen sie einer zentralen Zulassung durch die europäische Arzneimittelagentur (EMA). Im Vorfeld sind dabei Sicherheits- und Wirksamkeitstests nötig. Anschließend muss ein Dossier mit Berichten darüber bei der EMA eingereicht werden.

Nach der Prüfung entscheidet die EMA über den Einsatz in Europa. So ein EU-Projekt mit Untersuchungen der Impfstoffe für eine zentrale Zulassung dauert etwa 2 bis 3 Jahre. Bei Zulassung ist dann zeitnah auch eine Zulassung für die Oralimmunisierung möglich, da der Markt klein ist und Wildschweine normalerweise nicht geimpft werden.

Vielen Dank für das Gespräch!

top agrar besser machen. Gemeinsam
Sie sind Schweinehalter oder lesen regelmäßig den top agrar Schweine-Teil und/oder die SUS? Dann nehmen Sie an einem kurzen Nutzerinterview teil.

Mehr zu dem Thema

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.