Unser Experte: Sebastian Mascher, Tierärzte Team Tiefenbach GmbH
Das Erntejahr 2023 war in vielen Regionen Deutschlands verregnet, sodass Getreide häufig feuchter geerntet wurde als sonst üblich. Das bietet viel Potenzial für unerwünschte Mikroorganismen wie Schimmelpilze, Hefen und Bakterien. Grund genug, auf die Futterqualität und -hygiene der letzten Ernte einen besonders kritischen Blick zu werfen. Wir zeigen Ihnen verschiedene Verfahren, wie Sie die Qualität und Struktur des Futters sowie die Fütterungshygiene ohne großen Aufwand selbst überprüfen können.
Mykotoxinbelastung checken
Schimmelpilze bzw. deren Toxine wirken sich negativ auf die Tiergesundheit sowie die Fruchtbarkeits- und Mastleistungen aus. Wenn über einen längeren Zeitraum mykotoxinbelastetes Futter verfüttert wird, kann das den Erfolg von Impfmaßnahmen negativ beeinflussen.
Für einen ersten Überblick, ob Ihr Futtermittel mykotoxinbelastet ist, eignen sich Schnelltests. Diese bieten z. B. spezialisierte Tierarztpraxen für 25 € je Toxin an. Exaktere Ergebnisse liefert ein ELISA-Test, der unter anderem Fusarientoxine nachweisen kann. Ein ELISA-Test im Labor kostet pro untersuchtem Mykotoxin etwa 35 €. Der genauere HPLC-Test wird von Laboren für fast alle Mykotoxine angeboten und kostet etwa 100 € je Toxin. Bei beiden Tests erhalten Sie die Ergebnisse nach circa zehn Arbeitstagen.
Die sogenannten maskierten Mykotoxine sind Mykotoxine, die die Pflanze mithilfe von Enzymen und Zucker in pflanzenunschädliche Glykoside umwandelt. Im Verdauungstrakt der Schweine werden sie wieder „entmaskiert“ und dadurch erneut schädlich. Leider können sie bisher mit keinem Test nachgewiesen werden.
Für aussagekräftige Ergebnisse müssen Sie eine repräsentative Probe an das Labor schicken. Dafür ziehen Sie mehrere Einzelproben an verschiedenen Stellen aus dem Futterlager und vermischen diese gründlich. Aus der resultierenden Sammelprobe (25 kg) entnehmen Sie die zu untersuchende Probe von 1 kg, die dann ans jeweilige Untersuchungslabor geschickt wird.
Entscheidend ist allerdings nicht nur, ob und in welchem Ausmaß einzelne Futterkomponenten mit Mykotoxinen belastet sind, sondern auch wie sich der „Mykotoxin-Cocktail“ für die Gesamtration zusammensetzt. Nur mit diesem Wissen können Sie die Rationen entsprechend anpassen oder belastete Erntepartien verschneiden. Hoch belastete Komponenten sollten allerdings nicht verfüttert werden!
Um die Mykotoxinbelastung der Getreideernte zu reduzieren, sollten Eigenmischer das Getreide sorgfältig reinigen. Denn Spelzen und Bruchkörner sind oft höher belastet als die Körner selbst. Zusätzlich können Landwirte Mykotoxinbinder einsetzen. Sie können Mykotoxine durch organische oder anorganische Bindemittel wie Hefen bzw. Zeolithe binden oder durch Enzyme spalten und inaktivieren.
Auf Gasbildner achten
Besonders in Flüssigfütterungen finden unerwünschte Keime wie Bakterien, Schimmelpilze und Hefen optimale Wachstumsbedingungen vor. Hefen sind Gasbildner. Sie verstoffwechseln im Fließfutter enthaltene Zuckerverbindungen zu Ethanol und Kohlenstoffdioxid (CO2). Das Gas verringert durch seine blähende Wirkung die Futteraufnahme und kann im schlimmsten Fall zum Verenden der Tiere durch Darmverdrehung führen.
Mithilfe einer Gärprobe können Sie überprüfen, ob das Futter Gasbildner wie Hefen, Chlostridien oder E. coli enthält. Dazu befüllen Sie eine dünnwandige, saubere Kunststoffflasche mit Flüssigfutter aus dem Anmischbehälter oder den Futterleitungen zur Hälfte. Danach verschließen Sie die Flasche mit einem Deckel oder einem aufgestülpten Luftballon. Trockenfutter müssen Sie zuerst mit sauberem Wasser ohne Chlorbeimengung anmischen.
Anschließend wird die Flasche an einem warmen Ort (ab 20 °C) gelagert. Blähen sich die Flasche bzw. der Luftballon in den nächsten 24 Stunden erheblich auf, besteht ein Problem mit Gasbildnern im Flüssigfutter. Häufig zeigen sich bereits nach zwei bis drei Stunden deutliche Veränderungen.
Ist das der Fall, ist eine Generalreinigung der Fütterungsanlage, inklusive der Rohrleitungen, angesagt. Sinnvoll ist eine Spülung mit zwei bis drei Prozent Natronlauge. Doch Vorsicht: Die laugenhaltige Spülflüssigkeit darf nicht zu den Tieren gelangen! Anschließend kann man das Futter durch die Zugabe von 400 g Kaliumsorbat pro Tonne Futter absichern. Das ist besonders dann sinnvoll, wenn nicht geklärt ist, woher die Belastung kommt. Um alle Keime richtig abzutöten, ist bei der Reinigung der Wechsel zwischen Säure und Base ratsam.
pH-Wert überprüfen
Um Hygieneproblemen vorzubeugen, sollte der Futterbrei einen pH-Wert von 4,5 – 5 aufweisen. Einfache Teststreifen sind eine schnelle und kostengünstige Möglichkeit den pH-Wert zu bestimmen. 100 Stück kosten etwa 20 €.
Bei Flüssigfutter wird der pH-Wert im Anmischbehälter oder Trog gemessen. Dazu tauchen Sie den pH-Streifen für einen Moment in den Futterbrei und vergleichen die auftretende Farbveränderung mit den vom Hersteller angegebenen Referenzwerten.
Trockenfutter muss zur Bestimmung des pH-Wertes zunächst angeteigt werden. Dazu mischen Sie ein Teil Trockenfutter mit zehn Teilen destilliertem Wasser. Nach etwa sechs Stunden können Sie dann die Messung durchführen.
Futterleitungen reinigen
Die Rohrleitungen der Flüssigfütterung sind sehr keimanfällig. Vor allem, wenn der Stall leer steht, erhöht sich die Keimbelastung. In den Leitungen entwickeln sich oft Biofilme, die günstige Lebensbedingungen für unerwünschte Mikroorganismen schaffen.
Daher sollten die Rohrleitungen nach jedem Durchgang mit dem Hochdruckreiniger und einer Spülmaus gereinigt werden. Das Reinigungsergebnis können Sie mit einem Endoskop kontrollieren. Geeignete Geräte sind online ab etwa 90 € erhältlich.
Ganz wichtig: Nach dem Reinigen muss das restliche Spülwasser aus den Trögen entfernt werden. Hierfür eignen sich Futterschaufeln oder Nasssauger.
Mahlfeinheit bestimmen
Neben der Futterhygiene ist die Futterstruktur bzw. der Vermahlungsgrad des Mischfutters wichtig. Denn zu fein vermahlenes Futter kann zu Entzündungen der Magenschleimhaut und Magengeschwüren bis hin zu Totalverlusten durch das sogenannte enterohämorrhagische Syndrom führen.
Entscheidend ist die Verteilung der Partikelgrößen bzw. ihr prozentualer Anteil im Trockenfutter. Um einen groben Überblick über die Partikelverteilung zu bekommen, können Sie eine Schüttelbox nutzen. Gängige Siebkästen sind ab etwa 70 € erhältlich. Die Schüttelboxen enthalten häufig vier Kammern, um annäherungsweise den Anteil der Futterpartikel unter 1 mm, zwischen 1 – 2 mm und 2 – 3 mm sowie über 3 mm zu bestimmen.
Für eine bessere Verdaulichkeit sollte der Anteil feiner Partikel bei Mastschweinen etwas höher sein als bei Sauen und Ferkeln (siehe Übersicht). Bei Mastschweinen darf die Feinfraktion unter 1 mm maximal 40 % betragen, bei den Zuchtsauen höchstens 30 bzw. 35 % und bei Ferkeln 35 bzw. 40 %.
Die Schüttelbox eignet sich allerdings nicht für eine exakte Beurteilung der Mahlfeinheit. Landwirte, die die Feinanteile präziser bestimmen wollen, sollten ihre Mischungen regelmäßig von einem Futtermittel-Analyselabor mittels Siebanalyse prüfen lassen.