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topplus Rote Gebiete

Stimmen die Nitratmessstellen?

Das Bayerische Landesamt für Umwelt hat mehrere Grundwasserkörper in der Oberpfalz als „rote Gebiete“ eingestuft. Die Landwirte dort stellen die Eignung der Nitratmessstellen infrage. Der Beitrag stammt aus der Ausgabe 6 von Südplus, die Anfang Juni erscheint.

Lesezeit: 5 Minuten

Unser Ziel ist ein sauberes Trinkwasser, und dafür leisten wir gern unseren Beitrag“, sagt Georg Rauch, der in Hahnbach im Landkreis Amberg-Sulzbach zusammen mit seinem Kooperationspartner Christian Ehbauer eine Milchvieh-GbR mit Biogaserzeugung führt. „Aber es muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung und der Nitratbelastung erkennbar sein.“

Doch daran hegen die beiden Landwirte, deren Flächen sich zu 100 % im Hahnbacher Sattel befinden, immer größere Zweifel. Der Hahnbacher Sattel ist ein Grundwasserkörper, dessen Zustand vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) wegen überhöhter Nitratbelastung als „rotes Gebiet“ eingestuft wurde (siehe Karte).

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Für Rauch und Ehbauer sind die Konsequenzen massiv. Sie dürfen 20 % weniger Stickstoff düngen, als der Bedarf der jeweiligen Kultur entspricht. Zudem können sie auf Raps und Zwischenfrüchten, die nicht als Futter genutzt werden, im Herbst keinen Gärrest mehr ausbringen.

Schweinemäster Stefan Schönberger, der ebenfalls Flächen im roten Gebiet bewirtschaftet, geht wegen dieser Restriktionen von einem Deckungsbeitragsverlust von 160 € pro ha aus. Er befürchtet neben Ertrags- auch erhebliche Qualitätseinbußen bei Getreide. „Der Rapsanbau ist wegen der Einschränkungen bei der Gülledüngung gar nicht mehr möglich“, bedauert Schönberger.

Wenig Nitrat im Trinkwasser

Als die Landwirte in der Region erstmals von der Einstufung hörten, waren sie mehr als überrascht. „Unsere Gegend hat mit 0,96 GV pro ha weder eine hohe Viehdichte, noch weist das Trinkwasser überhöhte Nitrawerte auf“, argumentiert Milchviehhalter Manfred Bauer, dessen Flächen ausschließlich im roten Gebiet liegen.

Die Trinkwasserquellen im oder direkt am Hahnbacher Sattel glänzen im Gegenteil mit sehr niedrigen Nitratwerten – und das seit Jahrzehnten. So bewegen sich die Nitratwerte im Rohwasser der Trinkwasserversorger Adlholz-Irlbach, Mimbach und Hahnbach zwischen 4 und 16 mg/l.

Ein ähnlicher Widerspruch zeigt sich im nördlichsten Zipfel des Grundwasserkörpers „Burglengenfelder Malm“, der ebenfalls als rotes Gebiet eingestuft wurde und im Norden fast an den Hahnbacher Sattel angrenzt. Die Nitratwerte im Rohwasser der „Diebis Gruppe“ südöstlich von Amberg sanken laut offizieller Laboruntersuchungen von 22,4 mg/l im Jahr 2014 auf 7,3 mg/l im Jahr 2018.

Landwirte forschten nach

Die Landwirte forschten deshalb nach, warum das LfU beide Grundwasserkörper als rote Gebiete deklariert hat. Auf Drängen des Bauernverbandes und des Abgeordneten Harald Schwartz informierte das Wassserwirtschaftsamt Weiden im April 2019 über die Einstufung.

Maßgeblich für die Einstufung des Hahnbacher Sattels als rotes Gebiet ist, dass die Messstelle „Hahnbach Q5“, die seit 2015 Teil des Wasserrahmenrichtlinien-(WRRL-)Messnetzes ist, einen Wert von 79 mg/l Nitrat aufwies.

Die Landwirte kritisieren jedoch, dass die Probe aus dem Jahr 2011 stammt. Zudem liege die Messstelle in einem Sumpfgebiet direkt an den Vils-auen. „Hohe Nitratwerte können hier auch durch Überschwemmungen oder hereindrückendes Wasser der Vils erklärt werden“, so Landwirt Ehbauer.

Zum anderen wiesen weitere Messstellen überhöhte Nitratwerte auf. Auch wenn es sich dabei um keine repräsentativen WRRL-Messstellen handele, seien diese durch die Verwendung des Gesamtdatennetzes repräsentativ, so die offizielle Begründung.

Zweifel verstärkten sich

Die Landwirte wollten das prüfen und suchten mittels GPS-Daten die übrigen Messstellen mit den überhöhten Nitratwerten. Die Beobachtungen, die sie dabei machten, verstärkten ihre Zweifel:

Bei der Messstelle Irlbach handelt es sich um einen ehemaligen Hofbrunnen, aus dem seit 1966 kein Wasser mehr geschöpft wird. Die etwa 3 m tiefe Messstelle ist 5 m von einem Rinderstall und 11 m von einer Festmistplatte entfernt. Die Beprobung fand im Jahr 2010 statt.

Die Messstelle am Laubberg in Kötzersricht liegt abstromig einer Kompostierungsanlage. Nach Angaben von Landwirten wurde zum Zeitpunkt der Probenahme im Jahr 2010 das Niederschlagswasser der Anlage noch in einen nahegelegenen Wald gepumpt.

Die Messstellen Erlenberg und Riglashof befinden sich in Erlenwäldern. Erlen binden wie Leguminosen Luftstickstoff und reichern diesen in den Blättern an. Bei beiden Messstellen stammen die Nitratwerte aus 2009.

Messstelle neben Kläranlage

Verantwortlich für die Einstufung des Burglengenfelder Malms als rotes Gebiet ist, dass der Brunnen IV der Wassergewinnungsanlage Burglengenfeld/Forstgebiet Raffa 2013 einen Nitratwert von 52 mg/l aufwies und damit den Grenzwert von 50 mg/l überschritt. Doch auch hier scheinen außerlandwirtschaftliche Faktoren einen großen Einfluss zu haben. „In unmittelbarer Nähe und im Zustromgebiet des Brunnens befindet sich eine ehemalige Hausmülldeponie“, erläutert Landwirt Georg Straller, dessen Flächen zu 100 % im Burglengenfelder Malm liegen. Eine weitere Messstelle mit überhöhten Werten ist nur ca. 600 m von der Kläranlage Holzheim am Forst entfernt. Es sei bekannt, dass die Kläranlage zurzeit nicht richtig funktioniere, so Straller.

Einen Fragenkatalog von Südplus zu all den Ungereimtheiten ließ das Umweltministerium unbeantwortet mit dem Hinweis, man prüfe derzeit eine Anfrage des Bauernverbandes zum Hahnbacher Sattel. Mögliche Konsequenzen seien im Anschluss zu ziehen.

Die Landwirte im Landkreis Amberg-Sulzbach drängen weiter auf Aufklärung. Und sie fordern Transparenz bei den Messungen, die Auflösung unpassender Messstellen und ein Messnetz wie in anderen EU-Ländern.

Wissen Sie, wo bei Ihnen gemessen wird? Und wissen Sie, für welches Messnetz Ihre Messstelle genutzt wird? Fragen Sie im Zweifel bei der für Sie zuständigen Umwelt- oder Wasserbehörde nach. Und melden Sie sich (klaus.dorsch@topagrar.com), wenn Ihnen Messtellen und Messergebnisse "spanisch" vorkommen. Keine Frage: Wenn die Landwirtschaft für Nitrat im Grundwasser verantwortlich ist, muss sie das problem abstellen. Aber nur wenn vorher verlässlich und genau gemessen wurde.

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