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Interview mit Deanna M. Kovar

Neue John Deere-Chefin: „Wir sind mehr als PS-Verkäufer“

Am Rande der Agritechnica hatten wir die Gelegenheit, mit Deanna M. Kovar, der neuen John Deere-Präsidentin u.a. für die weltweite Landtechniksparte, zu sprechen.

Lesezeit: 6 Minuten

Die neue John Deere-Chefin Deanna M. Kovar zur Agritechnica im Interview mit top agrar-Chefredakteur Guido Höner.

Frau Kovar, Sie sind seit dem 1.11. eine von zwei weltweiten Präsidenten u.a. für den Bereich Landtechnik bei John Deere. Sie stammen von einem landwirtschaftlichen Betrieb – richtig?

Kovar: Richtig, ich bin auf einem kleinen Milchviehbetrieb geboren. Meine Heimat ist Wisconsin, der Milchgürtel der USA. Seit 2000 arbeite ich für John Deere. Unter anderem habe ich mich vorher um das Händlernetz und den Bereich Precision Farming gekümmert. Mit der neuen Aufgabe sind meine Familie und ich nach Frankfurt umgezogen.

Die Unternehmensstruktur bei John Deere gliedert sich nicht nach Maschinengruppen, sondern nach der landwirtschaftlichen Prozessketten, bei mir liegt der landwirtschaftliche Fokus bspw. auf rinderhaltenden Betrieben, dem Futterbau und dem Getreideanbau. Bei den Maschinen sind das alle Traktoren der Baureihe 6 und kleiner sowie bspw. die Häcksler.

Welche Schwerpunkte haben Sie sich für Ihre Arbeit gesetzt?

Kovar: Es sind drei Säulen. Wir wollen gute und haltbare Maschinen bauen. Aber wir sind nicht nur die PS-Verkäufer. Genau so wichtig wie die Hardware sind uns mehr Präzision, mehr automatische Systeme und die bessere Nutzbarkeit von Daten durch unsere Kunden. Der dritte Punkt ist eine Händlerstruktur, die sehr nah am Kunden sein soll und die Landwirte beim Einsatz neuer Technologie unterstützt.

Sie haben das Händlernetz u.a. in Deutschland stark umstrukturiert. Ist der direkte Kundenkontakt nicht viel schwieriger für große Händler?

Kovar: Das sehen wir nicht so – die Niederlassungen und vor allem die Mitarbeiter bleiben ja. Nur glauben wir, dass wir für die Implementierung der neuen Technologien Spezialisten brauchen. Und die kann ein kleiner Vertriebspartner nicht vorhalten, dazu brauchen sie eine bestimmte Größe.

Künftig müssen sich die Händler intensiv um beide Säulen kümmern: Um die Maschinen und die neuen Systeme. Wie gesagt: Wir handeln nicht nur mit PS, obwohl wir natürlich auch die Hardware permanent weiterentwickeln.

Ich bin überzeugt davon: Wir müssen dabei immer den gesamten Prozess betrachten. Also nicht nur beispielsweise den Mähdrescher, sondern die gesamte Kette von der Bodenbearbeitung, Saat, Pflege bis zur Ernte.

Bei der Kundenbetreuung setzten unbedingt wir auf den direkten Austausch mit persönlichen Ansprechpartnern. Das kann auch künftig kein Chat-Bot…

Manche Landwirte werfen John Deere vor, dass die Maschinen zu teuer sein – schließlich erreicht Ihr Unternehmen derzeit traumhafte Renditen.

Kovar: Ich glaube, wir werden nur erfolgreich bleiben, wenn sich unsere Maschinen und Systeme auch rechnen. Wenn sie nicht wirtschaftlich sind, wird sich auch kein Landwirt dafür entscheiden.

Aber es stimmt, der Einstieg in neue Technologien ist teils teuer, weil die Technik dahinter aufwendig ist. Um auch kleineren Betrieben den Einstieg zu ermöglichen, entwickeln wir verschiedene Vertriebsmodelle . Ein Ansatz wäre beispielsweise, nicht das komplette System auf einmal zu bezahlen, sondern einen stärker flächenbezogenen Ansatz zu wählen. Also beim See-and-Spray, unserer Version der kameragesteuerten Pflanzenschutzspritze, nach dem echten Einsatz zu berechnen. Ist die Fläche komplett verunkrautet, und das System kommt nicht zum Einsatz, würden gegebenenfalls keine zusätzlichen Kosten fällig.

Ein weiterer Ansatz sind Nachrüstmöglichkeiten. Sie brauchen also beispielsweise nicht sofort einen komplett neuen Mähdrescher kaufen, wenn Sie die Druschqualität mit einem Kamerasystem optimieren wollen.

John Deere ist der weltgrößte Landtechnikhersteller. Kritiker befürchten, dass Sie irgendwann auf Insellösungen setzen, also Ihre Systeme abschotten.

Kovar: Ich bin überzeugt davon, dass wir vor allem in Europa auch weiter viele bunte Flotten haben werden – und das ist gut so. Wir unterstützen von Anfang an den Isobus und sind auch weiterhin offen. Bei unserer zentralen Datenplattform Operations Center sind 250 Softwareanbieter aktiv, mit deren Systemen ist ein freier Datenaustausch möglich. Für mich ist diese Offenheit ganz entscheidend.

In Deutschland sehen sich die Landwirte oft öffentlicher Kritik ausgesetzt. Wie empfinden Sie das?

Kovar: Es stimmt, dass der Blick der Bevölkerung in der EU auf die Landwirtschaft etwas kritischer ist, als in anderen Teilen der Welt. Unter anderem liegt das an der engen Besiedlung, die Landwirtschaft findet sehr dicht bei den Bürgern statt.

Ich bin sicher, dass die Präzisionslandwirtschaft die richtige Antwort auf die Kritik ist. Und wir als Unternehmen wollen dabei helfen, diese Geschichte zu erzählen. Es gibt gerade so große Fortschritte, immer genauer und mit weniger Einsatz von Dünger sowie Pflanzenschutzmitteln auszukommen. Wir haben uns vorgenommen, mit unserer Technik die Effizienz weiter zu erhöhen und zeitnah eine Reduktion von mindestens 20 % beim Pflanzenschutz und der Düngung zu erreichen.

Auf der Agritechnica sehen wir neue Antriebskonzepte und autonome Maschinen. Wie schätzen Sie die Entwicklungen ein?

Kovar: Wir haben dazu klare Strategien formuliert. Kleine Maschinen werden mehr und mehr elektrifiziert. Wenn Sie aber einen 8R einen ganzen Einsatztag mit einer Batterie fahren wollten, würde sich das Volumen der Maschine versiebenfachen. Bei hohen Leistungen glauben wir deshalb, dass flüssige Kraftstoffe längerfristig noch die Hauptrolle spielen. Diese Kraftstoffe lassen sich auch klimaneutral produzieren.

Auf der Agritechnica haben wir einen Ethanolmotor vorgestellt. Ich bin überzeugt, dass wir ohne Konkurrenz auf den Feldern Nahrung und Kraftstoffe produzieren können.

Bis 2026 werden wir einen autonomen Traktor mit 75 bis 100 PS vorstellen. Die Maschine wird noch eine Kabine haben, denn die Maschinen werden noch lange nicht vollautomatisch über die Straße zum Feld fahren. Es geht mehr um die Automation auf dem Feld. Wir planen aber, bis 2030 alle Schritte vom Anbau bis zur Ernte von Sojabohnen und Mais vollautonom durchführen zu können.

Bis 2026 werden wir einen autonomen Traktor mit 75 bis 100 PS vorstellen!"
Kovar

Wenn wir uns in zehn Jahren auf der Agritechnica wiedersehen, werden wir in den Hallen sehr viele autonome Maschinen sehen. Manche sehen ähnlich wie heute aus, andere ganz anders. Das ist eine sehr spannende Entwicklung gerade.

Wie beurteilen Sie die Aussichten der Landwirtschaft allgemein?

Kovar: Ich bin sehr optimistisch, dass die Landwirtschaft eine gute Zukunft hat. Wir erreichen in Kürze die Marke von 10 Mrd. Menschen. Durch die technischen Entwicklungen wird es meiner Ansicht nach gelingen, diese Menschen zuverlässig und nachhaltig mit Lebensmitteln zu versorgen.

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