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topplus Brief an Bauernverbände

Agrarministerium kann Insektenschutzgesetz des BMU so nicht mittragen

BMEL und BMU streiten weiter über das Insektenschutzgesetz, das am 10. Februar beschlossen werden soll. Es würde über 1 Mio. ha Nutzfläche betreffen und weitreichende Folgen haben.

Lesezeit: 7 Minuten

Das Bundesagrarministerium kann nach eigener Aussage den Entwurf des Insektenschutzgesetzes in der vom Bundesumweltministerium vorgelegten Fassung nicht mittragen.

Wie Agrarministerin Julia Klöckner in einem Brief an die landwirtschaftlichen Berufsverbände schreibt, bestehe sie darauf, dass das Insektenschutzgesetz und die korrespondierende Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung gemeinsam beraten werden und nicht im Insektenschutzgesetz Zusagen gemacht werden, die in der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung umgesetzt werden müssten.

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Beides muss durch das Kabinett. Mit der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung sollen sowohl Maßnahmen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln aus dem Aktionsprogramm Insektenschutz als auch die Glyphosat-Minderungsstrategie umgesetzt werden.

Der Verordnungsentwurf wurde Ende vergangener Woche offiziell an Länder, Verbände und die Fraktionen zur Stellungnahme übersandt. Das Kanzleramt möchte das Insektenschutzgesetz und die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung am 10. Februar gemeinsam im Kabinett behandeln. Dies setzt eine Einigung zwischen BMEL und BMU einschließlich der anderen Ressorts sowie eine Beteiligung der Länder und Verbände voraus, erklärt Klöckner weiter. Unter Einbeziehung des Kanzleramtes gebe es dazu seit Mitte Januar intensive Verhandlungen.

Die Länder- und Verbändeanhörung zur Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung wurde mit dem Versand nun eingeleitet. Eine endgültige Einigung steht aber noch aus, da das BMEL in mehreren Punkten mit dem BMU streitet.

Laut Klöckner aus gutem Grund: „Gerade beim Obstanbau ist Deutschland auf über 70 % Importe angewiesen. Einschränkungen in Deutschland vergrößern die Importnotwendigkeit. Zu den offenen Punkten verhandeln wir mit dem BMU jetzt weiter, um bald eine Einigung zu erzielen. Um in dieser Legislaturperiode das Vorhaben, wie im Koalitionsvertrag verabredet, zu beschließen. In einer kommenden Koalitionsbildung wird es gewiss nicht einfacher. Die Regierungsverhandlungen laufen parallel zur Anhörung der Länder und Verbände.“

Bei den Verhandlungen zum Insektenschutzgesetz hat Klöckner nach eigener Aussage „Wichtiges im Sinne der regionalen, heimischen Erzeugung und Ernährungssicherung erreicht - nicht gegen, sondern im Einklang mit dem Insektenschutz, wie bei der Definition der Biotoptypen für artenreiches Grünland und Streuobstwiesen“. Und Trockenmauern, wie z.B. im Weinbau, würden aus guten Grund von Einschränkungen ausgenommen.

Für FFH-Gebiete sieht das API die vollständige Einbeziehung aller Flächen in das Anwendungsverbot von Herbiziden und bestimmten Insektiziden vor. Klöckner betont aber, dass man in diesem Punkt die konkreten Auswirkungen auf die betroffenen Betriebe im Blick haben müsse. „Hier konnten wir bereits erreichen, dass der Anbau von Frischgemüsen und der Anbau zur Vermehrung von Saatgut in Gebieten außerhalb von nationalen Schutzgebieten ausgenommen werden. Darüber hinaus prüfen wir gemeinsam weitere Ausnahmen, z. B. für den Erwerbsobstanbau.“

Beispiele für offene Punkte

Das für die Gewässerrandstreifen (5 m begrünt/10 m nicht begrünt) zu definierende Einzugsgebiet. Hier ist das Ziel des BMEL, dass Vorgaben durch den Bund nur an größeren Gewässer vorgegeben werden. Für die kleineren Gewässer sollten die Länder zuständig bleiben. Auch offen ist noch die Definition der biodiversitätsschädigenden Insektiziden. Das Agrarministerium schlägt vor, biodiversitätsschädigend als bienengefährlich zu definieren. Das Umweltministerium prüft dies allerdings noch.

Für Klöckner ist dagegen wichtig, dass ein angemessener Ausgleich zwischen Insektenschutz und Erhalt der produktiven landwirtschaftlichen Erzeugung gelingt. Weiter berichtet sie in ihrem Brief an die Bauernverbände, dass einige Bundesländer in Gesprächen mit landwirtschaftlichen und Umweltverbänden landesspezifische Einigungen erzielt hätten, deren Förderfähigkeiten man jetzt nicht gefährden dürfe.

Zur Umsetzung der Glyphosat-Minderungsstrategie berücksichtigt der Entwurf der Verordnung sowohl die in der Koalitionsvereinbarung als auch im Aktionsprogramm Insektenschutz vereinbarten Eckpunkte für eine systematische Glyphosatminderung mit dem Ziel, die Anwendung so schnell wie möglich zu beenden. Sie dienen einer verhältnismäßigen Umsetzung, mit der die Anwendung glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel reduziert und den Anliegen des Insektenschutzes Rechnung getragen wird.

Bauer Willi: „Demos haben nichts gebracht“

Ernüchtert zeigt sich der Landwirt und Agrarblogger Dr. Willi Kremer-Schillings. Er bedauert, dass die Bundesregierung am 10. Februar einen Gesetzentwurf verabschieden wird, der sich marginal von dem aus dem September 2019 unterscheidet. Dabei seien die Bauern seit einem Jahr auf der Straße um zu demonstrieren.

Es wurden grüne Kreuze aufgestellt, Gespräche mit der Politik geführt, Arbeitsgruppen mit dem Lebensmittelhandel gebildet, um Dialog mit den NGO´s bemüht. „Da fragt man sich warum. Alle Argumente der Bauern und ihrer Interessenvertretungen wurden zwar gehört, aber wurden nicht erhört. Sie blieben unerhört“, so Bauer Willi.

Wenn das Insektenschutz-Paket so beschlossen würde, wären weit über 1 Mio. ha landwirtschaftliche Nutzfläche (rund 8%) davon betroffen. Das Verbot von Herbiziden und Insektiziden habe weitreichende Folgen, warnt Kremer-Schillings. „Übrigens nicht nur für konventionelle Betriebe sondern auch für Bio-Bauern, die zusätzlich noch einen Teil der Ökoförderung verlieren. Nicht nur Ackerbauern und Grünlandbetriebe, sondern auch Obst- und Weinbau würden die Folgen spüren. Streuobstwiesen würden als Biotope ausgewiesen, was in der Folge bedeutet, dass eine Nutzung, egal ob zum Verzehr oder als Mostobst nahezu unmöglich gemacht würde.“

Randstreifen an Gewässern müssten auf 5 m Breite begrünt werden und würden so aus der Produktion von Lebensmittel herausgenommen. Und das alles noch zusätzlich zu der bereits verabschiedeten Düngeverordnung und weiteren Erschwernissen der landwirtschaftlichen Produktion, mahnt der Rheinländer. Der Rückgang der Produktion würde dazu führen, dass Deutschland in vielen Bereichen noch mehr als bisher auf Importe angewiesen wäre. Das kann nicht im Sinne des Verbrauchers sein.

„Was noch unerhört ist: All diese Maßnahmen sollen ohne finanziellen Ausgleich erfolgen. Die betroffenen Flächen sind mit den oben genannten Einschränkungen deutlich im Wert gemindert oder sogar wertlos. Das ist mehr als nur eine Produktionserschwernis! Das ist eine kalte Enteignung!“, sagt Kremer-Schillings.

Darüber hinaus führe dieses Verhalten alle Bemühungen um kooperativen Naturschutz ad absurdum. „Und kann mir jetzt noch jemand den Sinn einer Zukunftskommission erklären?“ (www.bauerwilli.com)

Otte-Kinast: „Berlin darf meinen Niedersächsischen Weg nicht aushebeln"

Auch Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast sieht die Planungen mit Sorge: „Es darf nicht passieren, dass durch Berlin mein ‚Niedersächsischer Weg' ausgehebelt wird. Das ist das völlig falsche Signal für den Insektenschutz."

Sehr viele Landwirte seien bereits jetzt bereit, die Biodiversität auf ihren Flächen zu steigern, um Insekten zu schützen. Dafür benötigen sie aber einen finanziellen Ausgleich, so Otte-Kinast am Dienstag. "Mit unserem ‚Niedersächsischen Weg' ist uns eine bundesweit einmalige Vereinbarung gelungen. Wir honorieren die Arbeit der Bauern und unterstützen die Artenvielfalt, den Umwelt- und Gewässerschutz."

Die CDU-Politikerin schlägt vor, dass sich die Bundesregierung den ‚Niedersächsischen Weg' als Vorbild für das geplante Insektenschutzgesetz nimmt. Denn dem Bundesland sei es gelungen, gemeinsam mit Politik, Verbänden und Landwirtschaft einen Weg für die Praxis zu entwickeln. "Wer über die Rettung der Artenvielfalt spricht, muss alle Beteiligten an einen Tisch holen. Ich biete hier Frau Schulze gerne meine Unterstützung bei der Moderation an. Kooperation statt Konfrontation ist jetzt gefragt. Die Landwirtschaft ist ein bedeutender Problemlöser für die globalen Herausforderungen rund um den Klimawandel."

Brief an Merkel

Wegen des Insektenschutzgesetzes hat sich Otte-Kinast am 29. Januar 2021 gemeinsam mit ihren Amtskollegen aus Baden-Württemberg und Bayern in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel gewandt.

Die Minister der unionsgeführten Agrarressorts äußern sich besorgt wegen der bundesrechtlich geplanten Einführung eines Biozid-, Herbizid- und insektenschädlichen Insektizidverbots in Natura 2000-Gebieten, was durch das Insektenschutzgesetz vorgesehen ist. Die Verfasser unterbreiten konkrete Alternativvorschläge, insbesondere im Hinblick auf eine zielgerichtete Pestizidreduktion in den Ländern.

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