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Auswuchsgetreide für Biogas: Was darf es kosten?

Viele auswachsende Getreidebestände eignen sich nur noch für die Fütterung, für einige gilt nichtmal mehr das. Lohnt sich die Verwertung in der Biogasanlage? Welche Preise sind hier realistisch?

Lesezeit: 7 Minuten

Dieser Beitrag erschien zuerst beim Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben.

Eines vorweg: Jedes Getreide, bei dem eine Ernte mit dem Mähdrescher technisch möglich ist, sollte man auch dreschen. Dabei sind die kritischen Bestände in der Reihenfolge nicht zu vernachlässigen. Besonders die liegenden und stark ausgewachsenen Parzellen müssen jetzt schnell vom Acker, da hier jeder weitere Tag mit Bodenkontakt oder der nächste Regenschauer zum Totalschaden führen kann.

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„Haben ist besser als brauchen“

Vor dem Hintergrund der aktuellen Marktsituation erwarten wir, dass (Körner-)Mais im Herbst gefragt sein wird. So raten wir Betreibern von Biogasanlagen, entsprechende Angebote anzunehmen, wenn Getreide zu den im Text genannten Konditionen verfügbar sind. Dann ist ein Teil der benötigten Energie bereits im Silo und ein mögliches Wettbieten um freien Mais lässt sich umgehen.

Getreide in die Biogasanlage?

Klar ist auch: Für Getreideanbauer sollte die Futterverwertung das Ziel vor der Biogasanlage sein. Hinweise zum Einlagern und Füttern von Feucht- und Auswuchsgetreide finden Sie hier:

Flächen, bei denen noch eine Futternutzung machbar erscheint, sollten möglichst sauber geerntet werden und das Feuchtgetreidemehl separat eingelagert werden. Viehhalter können entsprechende Partien dann unter regelmäßigen Toxin-Tests der Fütterung zuführen.

Wo der Durchwuchsanteil und Pilzbefall so groß ist, dass nur noch eine Biogasnutzung in Frage kommt, kann hingegen zugunsten des Masseertrags relativ „dreckig“ gedroschen werden. In jedem Fall sollte man an entsprechenden Säuren zur Konservierung nicht sparen. Wenn größere Mengen vor dem Vermahlen für mehrere Tage zwischengelagert werden müssen, sollte man zum Stopp der enzymatischen Abbauprozesse zwei Drittel der geplanten Säuremenge schon vor dem Zwischenlagern hinzufügen.

Doch welche Preise können Getreideanbauer für ihre Ernte verlangen bzw. was können Biogasanlagen-Betreiber für entsprechende Partien bezahlen?

Mehr als nichts

Die Biogasberater der Landwirtschaftskammer NRW haben dazu eine Kostenberechnung aufgestellt, die aufgrund fehlender Erfahrungen aber auf einigen Annahmen fußt:

  • Die Annahmen basieren auf einem Vergleich mit Silomais für 50 €/t frei Anlage (Silomais ab Feld + Erntekosten + 6-12 % Silierverluste.
  • Für Auswuchsgetreide wurden pauschal 10 % weniger Gasertrag als nach KTBL-Werten angesetzt. Theoretisch wird durch Keimung zunächst Stärke in Zucker umgewandelt, dieser vom Keimling verstoffwechselt und durch Atmung als CO2 ausgeschieden, also Trockenmasse abgebaut. Diese erntet man nicht mehr, der Naturalertrag und damit die Abrechnungsbasis fällt: Eine Nullsummenrechnung. Aber die Energiekonzentration und damit der erwartbare Gasertrag nehmen durch Veratmung der hochwertigen Stärke bei Verbleib der geringwertigen Samenschale ab. Dies wird im Abschlag versucht, abzubilden.
  • Für Getreide ist ein Kostenvorteil durch niedrigere Substratlagerkosten (3,5 €/m³, 6,01 €/t Getreide, niedrigere Gärresttransport und Ausbringungskosten (5,5 €/m³, bzw. 9,44 €/t Getreide ) und geringe Kosten für das innerbetriebliche Substrathandling 0,5 €/m³, bzw. 0,84 €/ t Getreide angesetzt.
  • Vorteile der schnellen Gasverfügbarkeit aus dem Getreide – mit der Möglichkeit diesen Boost zum Abfahren von Spitzen zu nutzen – sind nicht berücksichtigt, da dies nur für wenige Anlagen wirklich relevant ist. Hier können Betreiber ggf. einen individuellen Zuschlag geben.
  • Die Preise für Getreide gelten geerntet, gemahlen und mit Säure versetzt frei Anlage. Das Vermahlung und die Säurekosten sind vom Auszahlungspreis abzuziehen – pauschal etwa 10 bis 15 €/t.
  • Alle Preise verstehen sich für Getreide mit 14 % Restfeuchte. Entsprechend muss eine Trockenmassekorrektur stattfinden (Gewicht Feucht * TM-Gehalt/Abrechnungstrockenmasse (z.B. 86 %) = Abrechnungsgewicht).

Unter den getroffenen Annahmen ergibt sich ein Preis von 135 €/t für fertig gemahlenes und angesäuertes und trockenes Getreide. Werden Mahl und Säurekosten pauschal mit 15 €/t angesetzt, liegt die Zahlungsbereitschaft für trockenes Getreide entsprechend bei 120 €/t. Geht man von einem Wert für Silomais von 45 €/t frei Anlage aus, sinkt die Zahlungsbereitschaft auf 123 bzw. 108 €/t.

Biogasanlagen, z. B. in roten Gebieten, die sich mit höheren Kosten bei der Gärproduktlagerung konfrontiert sehen oder höhere Verbringungskosten als die angesetzten 5,50 €/m³ haben, könnten eventuell Aufschläge von 5 bis 15 €/t auf die genannten Preise zahlen.

Nicht zu viel erwarten

Die genannten Werte werden sicherlich für wenig Begeisterung bei vielen Anbietern – seien es Sauenhalter, Ackerbauern oder Mäster – sorgen. Höhere Preise sind für Biogasanlagen-Betreiber jedoch nicht sinnvoll darstellbar.

Ein Einsatz in der Fütterung (Schweinemast vor Rindermast, möglichst nicht bei Sauen, Ferkeln und Kühen) ist im Regelfall wirtschaftlicher, sofern das geerntete Getreide nicht zu stark mit Toxinen belastet ist und die Rationen angepasst werden können.

Für die Lieferung an Biogasanlagen spricht, dass die Annahme oft unproblematischer ist als beim Landhandel. Dieser muss die angelieferten Partien sorgfältig sortieren, sodass es bei der Annahme zu großen Schlangen und entsprechenden Wartezeiten kommen könnte.

Wer extrem ausgewachsene Ware direkt zu einer Biogasanlage bringt, hilft somit auch die Anlieferungssituation im Landhandel für alle anderen zu entschärfen.

Ganzpflanzensilage als Alternative?

Alternativ zum Drusch stellt sich in vielen Beständen die Frage nach einer Ganzpflanzenernte der durchwachsenden Bestände. Dabei gilt es, folgendes zu bedenken:

  • Welcher Vorsatz an den Häcksler? Direktschneidwerke und Maisgebisse haben in stark überreifen und durchgewachsenen Beständen sicherlich technische Grenzen – vor allem wenn diese wie gewalzt am Boden liegen. Getreideschneidwerke vor dem Häcksler könnten funktionieren, sind aber wegen der benötigten Adaptern selten zu finden. Auch Mähwerke mit Schwadzusammenführung werden liegendes Getreide wohl nicht erreichen, zu viel Dreck in die Silage bringen und zu hohe Kornverluste erzeugen.
  • Wie ist die Silierfähigkeit? Korn und Stroh bringen zur Ernte von Haus aus eine schlechte Silierfähigkeit mit, da Zucker praktisch vollständig in Stärke umgesetzt wurde. Auswachsende Bestände wandeln Stärke wieder in Zucker um, Anteil und Verteilung des Zuckers in der Masse bleiben jedoch kritische Punkte. Für eine akzeptable Verdichtbarkeit muss möglicht kurz und mit engem Körnerprozessor gehäckselt werden. Der Einsatz von speziellen Siliermitteln z. B. für trockene Silagen bietet eine Möglichkeit, diese Silagen zu stabilisieren. Hier fehlt es aber an Erfahrung. Denkbar ist auch, die trockene Getreidesilage im Silo mit feuchten Graspartien oder Silphie bzw. Wildpflanzenmischungen zu überdecken. Aber auch hier gibt es keine Erfolgsgarantie.
  • Preisliche Bewertung: Hier ist sicherlich ein Preisansatz deutlich unterhalb von GPS-Getreide in der Milchreife zu wählen. Das Stroh ist weiter verholzt, schnell umsetzbare Substanzen sind bereits teilweise abgebaut (in stehenden Beständen unter anderem durch Schwärzepilze, in Lager durch Fäulnis). Man kann vielleicht 70 bis 80 % des Gasertrages aus der Trockenmasse von Mais in Ansatz bringen. Dabei sind eventuell stark erhöhe Nachernteverluste durch schlechte Silierung noch nicht berücksichtig. Bei starkem Lager mit entsprechendem Erdangang sind weitere Abzüge vorzunehmen. Gleiches gilt für Mehrkosten des Lohnunternehmers für erhöhten Verschleiß des Häckslers.
  • Gegenüber dem oben beschriebenen Maispreis errechnet sich so ein Wert von etwa 100 €/t Trockenmasse – gehäckselt und siliert im Silo. Bei Erntekosten deutlich jenseits von Mais ergibt sich eine Auszahlung von 70 bis maximal 90 €/t TM. Dieser Wert ist jedoch nur eine grobe Orientierung, der aufgrund der zahlreichen unterschiedlichen Bestände im Feld sehr pauschal ist und dem Einzelfall nicht immer gerecht wird.

Häckseln nur im Notfall

Lediglich für Bestände, in denen über 40 % der Körner lang (>2,5 cm) ausgewachsen sind und somit nicht bzw. nur mit maximalen Verlusten zu dreschen sind, sollten Anbauer eine Ganzpflanzenernte in Betracht ziehen. Hierbei gilt es ebenfalls zu beachten, dass für den lohnenswerten Einsatz der Häckselkette inklusive Verdichten und Abdecken des Silos schon einige Hektar zusammenkommen müssen.

Solange Wetter und Bestände es zulassen, sollte man kritische Bestände dringend und im wahrsten Sinne des Wortes ohne Rücksicht auf Verluste dreschen.

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