Der DBV hat seine Kritik am von der Bundesregierung verabschiedeten Aktionsprogramm Insektenschutz nun ausführlich zu Papier gebracht „Das Aktionsprogramm wird von der Landwirtschaft nicht in der Zielsetzung, sondern hinsichtlich der vorgesehenen ordnungsrechtlichen Maßnahmen abgelehnt“, heißt es in der am Montag veröffentlichten 8-seitigen Stellungnahme. „Das Programm muss einer grundsätzlichen Überprüfung unterzogen und überarbeitet werden“, forderte DBV-Präsident Joachim Rukwied. Dabei müsse der Kooperation ausdrücklich Vorrang vor dem Ordnungsrecht eingeräumt werden. „Wenn dieses Programm 1:1 umgesetzt wird, nimmt der kooperative Naturschutz Schaden und vielen Agrarumweltprogrammen wird die Grundlage entzogen“, warnte Rukwied.
Fläche von 2,3 Mio. ha betroffen
In der Folgenabschätzung geht der DBV nun davon aus, dass landwirtschaftliche Flächen in einer Größenordnung von mehr als 2,3 Mio. ha von der Umsetzung des Programms betroffen wären. Die Zahl hat sich im Vergleich zu den 3 Mio. ha, die der Verband in der vergangenen Woche beim Erntefest in seinen Räumlichkeiten in Berlin noch verbreitet hatte, etwas vermindert. Dabei teilt der DBV die betroffene Fläche auf folgende fünf Gebietskulissen auf:
Bei der betroffenen Ackerfläche in FFH-Gebieten gibt es deutliche Unterschiede zwischen der Zahl des DBVs und der, die das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) am Wochenende in einem Brief an DBV-Präsident Rukwied verbreitet hat. Der DBV rechnet mit Einschränkungen für den Pflanzenschutz auf 690.000 ha Ackerland in FFH Gebieten. Das BMEL spricht jedoch nur von 158.000 ha Ackerland in FFH-Gebieten, auf dem die Anwendung von Herbiziden und biodiversitätsschädigenden Insektiziden verboten werden soll.
Inhaltlich kritisiert der DBV vor allem folgende 3 Aspekte des Insektenschutzprogrammes:
1. Verbot von Herbiziden und biodiversitätsschädigenden Insektiziden in Schutzgebieten
Für die Schutzgebiete argumentiert der DBV, dass die gute fachliche Praxis bereits über das Pflanzenschutzgesetz, im Rahmen von Cross Compliance und bei den Anwendungsauflagen der Pflanzenschutzzulassung hinreichend geregelt sei. „Daher bedarf es aus naturschutzfachlicher Sicht keiner zusätzlichen pauschalen Regelungen im Natur- und Pflanzenschutzrecht“, schreibt der DBV. Mit Blick auf die Schutzgebiete spricht der DBV auch von einem „Vertrauensverlust“. Den Landwirten sei bei der Ausweisung etwa von FFH-Gebieten versprochen worden, dass die Bewirtschaftung nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis uneingeschränkt fortgeführt werden könne. Außerdem hätte es Angebote für Vertragsnaturschutz für diese Flächen gegeben. Die ordnungsrechtlichen Verbote würden nun von den Landwirten als „Wortbruch“ empfunden, schreibt der DBV.
2. Biotopschutz für artenreiches Grünland und Streuobstwiesen
Beim Biotopschutz von artenreichem Grünland und Streuobstwiesen bemängelt der DBV Rechtsunsicherheiten, weil die Begriffe noch nicht klar definiert seien. Außerdem befürchtet der DBV, dass die Förderung der Leistungen der Landwirte beim Erhalt dieser Flächen durch den neuen Schutzstatus "weit eingeschränkt" werden.
3. Gewässerrandstreifen von 10 m oder 5 m bei Begrünung
Auch bei den Gewässerrandstreifen sieht der DBV keinen neuen Regelungsbedarf. „Für eine pauschale Vorgabe unabhängig vom verwendeten Pflanzenschutzmittel oder der im Einsatz befindlichen Anwendungstechnik besteht kein Bedarf“, heißt es in der Folgenabschätzung. Abstände zu Gewässern seien besser mittelspezifisch über die Zulassung und effektiver über das Greening oder zukünftig über die Eco-Schemes der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) umzusetzen, argumentiert der DBV weiter.
Wegfall von Fördermöglichkeiten befürchtet
Nicht zufrieden ist der DBV außerdem mit der finanziellen Förderung der Landwirte für den Insektenschutz. „Da gesetzliche Auflagen nicht mehr gefördert werden können, entgehen den Betrieben über die direkten Einkommensverluste über verminderte Erträge hinaus auch Einkommensverluste über den Wegfall von Fördergeldern“, schreibt der DBV. Das Angebot der Bundesregierung, das Aktionsprogramm Insektenschutz mit 100 Mio. € zu unterstützen, könne die Nachteile nicht auffangen, heißt es beim DBV. Als Begründung gibt er auch an, dass von dem Geld 25 Mio. € in die Forschung fließen und 25 Mio. € ohnehin aus den umgeschichteten Mitteln von den Direktzahlungen kommen.
Die detaillierte Folgenabschätzung des DBV zum Aktionsprogramm Insektenschutz zum Nachlesen gibt es hier.